Ein Semesterticket auch für Berlin - Was meinen die TU-Studierenden dazu?
(rs) Universitätsstädte wie Hamburg oder Münster haben es schon, das Semesterticket für Studierende. Und demnächst soll auch in Berlin der Studierendenausweis als Fahrkarte für Busse und Bahnen gelten. Dafür bezahlen die Studierenden nur noch einmal pro Semester bei ihrer Rückmeldung mit einem Pauschalbetrag. Das Schlangestehen am BVG-Schalter fällt dann genauso weg wie das Verlängern des Ausbildungstickets am Semesterbeginn. Wer aber nur selten den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nutzt und sich lieber zu Fuß, per Fahrrad oder Auto fortbewegt, muß finanziell eher drauflegen. Auch unter Studierenden also ein kontroverses Thema. In der Woche vom 12. bis zum 16. Juni wird daher parallel zu den Wahlen zum Studierendenparlament eine Befragung zum Semesterticket durchgeführt. TU intern fragte im voraus einige Studierende, was sie vom Ticket halten. Außerdem horchten wir uns um, was die anderen Statusgruppen davon halten, ein sogenanntes "Job-Ticket" für die TU Berlin einzuführen. Dabei geht es um Fahrscheine für Arbeitnehmer, deren Betrieb mit der BVG einen gesonderten Vertrag abschließt und damit Rabatte für die Angestellten herausholen kann. Sieben Unternehmen in Berlin nutzen es bereits.
Kim Steinmetz, Lehramt Germanistik und Geschichte, 8. Semester: Ich habe sowieso ein BVG-Abo. Von daher würde ich das Semesterticket unterstützen. Ich spare dann auf jeden Fall. Verstehen kann ich allerdings die Leute, die nur Rad fahren und das nicht so sehen, weil sie die BVG kaum nutzen. Die müssen ja draufzahlen. Grundsätzlich sollte man das Semesterticket aber auch gegen diesen Widerstand einführen, obwohl das immer so eine schwierige Sache ist mit dem Zwang. Aber anders kann man das wahrscheinlich nicht lösen.
Astrid Peter, Akademisches Auslandsamt: Prinzipiell finde ich das gut. Wenn das Jobticket die gleichen Leistungen bietet wie die normale Umweltkarte, wäre ich bereit, bis zu zwei Drittel des normalen Preises zu zahlen. Ich fahre zweimal die Woche mit dem Auto, einmal mit dem Rad und zweimal mit der BVG. Wenn der Preis eines Jobtickets entsprechend wäre, wäre das ein Anreiz, die BVG häufiger zu nutzen. Es könnten ja sehr viel weniger Leute mit dem Auto fahren, wie ich selber weiß. Ich fahre im Sommer fast gar nicht mehr Auto. Hauptärgernis ist allerdings, daß ich zu bestimmten Zeiten mit dem Rad nicht fahren kann, etwa wenn das Wetter sehr schlecht ist und man das Rad nicht mit in die Bahn nehmen kann. Grundsätzlich denke ich, daß die Diskussion um das Jobticket jetzt schon mal in Gang gebracht werden sollte.
Jörg Schwieder, Wirtschaftsingenieurwesen, 7. Semester: Prinzipiell ist die Idee gut, aber bei 190 Mark lohnt sich das für micht nicht. Es hängt ja davon ab, wie lange ich im Semester da bin und wieviel ich mit der BVG fahre. Wenn ich im Sommer mit dem Fahrrad zur Uni fahre, dann lege ich im Endeffekt drauf. Bei einem Preis von hundertsechszig könnte man langsam darüber reden. Aber das ist immer noch relativ viel. Hundert bis hundertzwanzig Mark pro Semester wäre meiner Meinung nach in Ordnung. Wenn man sieht, daß viele Studenten überhaupt nicht mit der BVG fahren, zahlen die dann ja für die anderen mit. Und die BVG macht im Endeffekt immer noch einen ganz guten Schnitt mit dem Semesterticket.
Stefan Schulz, Verkehrswesen, 1. Semester: Ich finde die Idee relativ gut. Ich kenne die aus Dresden, wo ich herkomme. Da gibt es das auch, kostet aber weniger, 90 Mark inklusive Semesterbeiträge. Das finde ich ganz gut. BVG-Karten kaufe ich mir regelmäßig, jeden Monat im Semester, nur in den Semesterferien nicht. Ich habe auch ein Auto, fahre aber in der Stadt viel mit Bus und Bahn. Da hat man die Probleme mit Stau und schlechter Luft, und es dauert dann auch häufig länger. Meistens ist es mit Bus und Bahn außerdem billiger, obwohl es sich in Berlin schon fast wieder lohnt Auto zu fahren, wenn man ein kleines Auto hat. Das ist schade, denn in Dresden lohnt es sich auf jeden Fall nicht. Ob einige Leute wegen des Semestertickets ihre Autos abschaffen? Das glaube ich eher nicht. Ich persönlich würde meins nicht abschaffen, weil ich mit meinem Auto fast nie in der Stadt fahre, sondern nur außerhalb, wenn ich längere Strecken zu fahren habe.
Ingo Müller, Professor am Institut für Thermodynamik und Reaktionstechnik: Ich benutze die BVG sehr selten, wenn ich nicht zu Fuß gehe, dann fahre ich mit dem Auto. Aber grundsätzlich halte ich das für eine gute Idee. Schon aus der Überlegung heraus, daß die BVG sowieso zu teuer ist. Die Frage ist bloß, wer das bezahlen soll. Wenn es dazu führt, daß für die allgemeine Öffentlichkeit die Preise noch höher werden, weiß ich nicht, ob das gesellschaftlich vertretbar ist. Voraussetzung ist für mich auch, daß nicht Planstellen eingerichtet werden, die das dann verwalten. Was ich bereit wäre, für ein Jobticket zu bezahlen? Es müßte überhaupt nichts kosten für mich! Denn ich nutze es ja nicht. Das Gemeinschaftsbewußtsein ist ja gut, aber ich zahle schon Steuern. Da sehe ich nicht ein, den Kollegen einen Rabatt auf ihre U-Bahn-Karten zu ermöglichen. Das fände ich absurd. Eine Subvention von Seiten der TU finde ich auch schlecht. Davon gibt es schon zuviel. Im Ende müssen die dann doch vom Steuerzahler aufgebracht werden.
Carsten Gertz, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für
Straßen- und Schienenverkehr: Grundsätzlich halte ich diese
Bemühungen, Bewegung in die Tarifstrukturen zu bringen, für ganz
richtig. Aber man muß sich beim Semesterticket und dem Jobticket davor
hüten, einen Zuwachs im öffentlichen Nahverkehr nur einseitig als
Erfolg zu sehen. Wenn die Leute, die die Busse und Bahnen dann zusätzlich
nutzen, aber vorher Fußgänger und Radfahrer waren, hat man sehr viel
Geld ausgegeben - und vom Umwelteffekt letztendlich nichts erreicht. Denn diese
Leute haben sich vorher schon umweltfreundlich verhalten.
Die Hauptzielgruppe ist der motorisierte Individualverkehr - die Pkw-Fahrer.
Die muß man zum Umsteigen bewegen, und zwar nicht nur mit dem Angebot
eines Jobtickets. Das heißt an der TU, daß man an die
Parkplätze auf dem Unigelände heran muß. Man wird zwar nicht
von heute auf morgen alle Stellplätze zu machen können, aber man kann
über deren Zahl reden. Und man muß überlegen, ob man das Parken
auf dem Unigelände in Zukunft noch kostenlos handhaben kann oder ob man
dann nicht dafür bezahlen muß.
Man sollte Jobtickets nicht nur für die TU, sondern auch allgemein
für Arbeitnehmer zur Verfügung stellen. Die TU kann da einen
Vorreiter spielen, es sollte dann aber auch die Möglichkeit geben,
daß Unternehmen mit weniger Beschäftigten zu gleichen Konditionen
mitmachen können.
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