Der Sonderforschungsbereich 181 ist ausgelaufen - Ein Teilprojekt untersuchte "Riffel" auf Bahnschienen
Kennen Sie das dröhnende Geräusch
eines herannahenden Zuges? In England
nennt man es "roaring rails" - heulende
Schienen. Denn der Lärm entsteht nicht
nur durch Motoren oder Luftwiderstand,
sondern auch durch wellenförmige Ab-
nutzungserscheinungen auf den Schie-
nen. Wie es dazu kommt und wie man
ihnen beikommen kann, untersuchten
TU-Wissenschaftler am Sonderfor-
schungsbereich 181.
Die Abnutzungserscheinungen - Fachleute sprechen von "Riffeln" - finden sich in regelmäßigen Abständen auf der Schienenoberkante - alle drei bis acht Zentimetern ein kleiner Wellenberg. Obwohl die Unterschiede zwischen Bergen und Tälern nur etwa einen Zehntelmillimeter messen, sorgen sie dafür, daß die Züge weithin hörbar sind. Denn die Räder tasten die Profilunterschiede ab wie eine Grammophonnadel - und verbreiten ein ohrenbetäubendes Kreischen.
Die schönste Landschaft wird von kreischendem
Lärm zerrissen, wenn ein Zug vorbeidonnert
Wie die Riffel entstehen und wie man sie vermeiden kann, damit beschäftigten sich TU-Wissenschaftler des in diesem Jahr ausgelaufenen Sonderforschungsbereiches (Sfb) 181 "Hochfrequenter Rollkontakt der Fahrzeugräder". Das Ziel des SfB war ein grundlegendes Verständnis der Rollkontaktvorgänge, etwa beim Abrollen von Autoreifen auf der Straße oder bei Kunststoffwalzen auf Stahlfahrbahnen.
Im SfB-Teilprojekt "Wirkungsketten zur Riffelbildung" ging es um Eisenbahnräder und deren Rollkontake auf Schienen. Dort fanden die TU-Forscher heraus: Verantwortlich für die Riffelbildung ist das Schwingungsverhalten des Gleises. Dr. Klaus Hempelmann, Projektmitarbeiter: "Bei bestimmten Frequenzen verhält sich das Gleis ausgesprochen steif." Dadurch wirken enorme Kräfte auf die Schiene: Bis zu zehn Tonnen Zuggewicht drücken dann auf die Schiene, bei einer Kontaktfläche, die gerade mal so groß ist wie ein Pfennigstück.
TEURE RIFFELVORSORGE
Den Verschleißmuster, die dadurch entstehen, kommt man bisher nur durch Abschleifen bei. Das ist allerdings eine teure Schienenpflege: die Deutsche Bahn AG muß jährlich bis zu 20 Millionen Mark dafür aufbringen.
Dank der Forschungsergebnisse konnte die Bahn beim Neubau der Eisenbahnstrecke Würzburg-Hannover eine Art Riffelvorsorge betreiben. Hier setzte sie weichere Verbindung zwischen Schiene und Schwelle ein, um die einwirkenden Kräfte zu verringern. Die TU-Wissenschaftler hatten nämlich herausgefunden, daß neben dem Schienenmaterial auch die Steifigkeit der Schienen-Schwellen-Zwischenlage eine Rolle bei der Riffelbildung spielt.
Nachdem der Sonderforschungsbereich 181, den die Deutsche Forschungsgesellschaft neun Jahre lang mit insgesamt 11,9 Millionen Mark förderte, in diesem Jahr ausgelaufen ist, werden einige der Arbeiten in anderen Projekten weitergeführt: in zwei EU-Vorhaben zur schalltechnischen Optimierung von Eisenbahnschienen sowie zur Verbesserung von Schottergleisen und in dem interdisziplinären Forschungsverbund "Bahntechnik", der im September seine Arbeit aufnahm.
Christian Hohlfeld