"Unis besser koordinieren, statt wild zu kürzen"

Was TU-Angehörige von der Wissenschaftspolitik nach den Wahlen erwarten


In Berlin wird gewählt. Und wie die Wah-
len auch ausgehen, eins ist gewiß: Zum
Ende der Legislaturperiode räumt Man-
fred Erhardt seinen Senatorensessel und
wird die Verantwortung für Wissenschaft
und Forschung in der Hauptstadt weiter-
geben. Ganz unabhängig davon, wer
Nachfolger oder Nachfolgerinn wird, woll-
ten wir wissen, was TUler eigentlich von
"den Politikern" (und Politikerinnen) er-
warten. Und zwar in dem Bereich, der in
den Wahlprogrammen derzeit eher selten
vorkommt, der Forschung, der Lehre
und der Wissenschaft. Bei allen Antwor-
ten war ein Wunsch ganz oben auf der
Liste: Bloß keine Kürzungen mehr an den
Hochschulen!

Katrin Springer, Volkswirtschaftslehre, 10. Semester

Ich erwarte erstmal, daß die Politiker die verschiedenen Unis besser koordinieren. Statt wie wild Stellen abzubauen und Studentenzahlen hoch- und runterzurechnen, sollten sie konzeptionell überlegen, wieviel Kapazitäten da sind, wie man sie aufteilt, wo die besten Strukturen sind. Außerdem finde ich die Rechnung des Wissenschaftssenators falsch, daß Berlin im Vergleich zu anderen Städten schon zu viele Studenten pro Einwohner hat und daß deshalb Studienplätze abgebaut werden müssen. Berlin bekommt ja einen großen Zufluß aus anderen Städten. Da müßte man dann politisch - auch auf Bundesebene - regeln, wie die Gelder aus den Bundesländern verteilt werden.

Wolfgang Beitz, Professor am Institut für Maschinenkonstruktion

Ich wünsche mir eine mindestens fünfjährige Planungssicherheit, vor allem bei der Personalausstattung für die Universität, die Fachbereiche, die Institute und die Fachgebiete. Außerdem wünsche ich mir eine Entscheidungskompetenz der Dekane im Akademischen Senat, sei es durch Sitz und Stimme, sei es durch Fachgruppensprecher, die die von den Dekanen aus ihrer Mitte gewählt werden. Dazu müßte das Hochschulgesetz geändert werden. Ist die Autonomie der Hochschule bei Strukturreformen überfordert, sollte der Gesetzgeber energischer eingreifen, um die Leistungsfähigkeit der Wissenschaft in Berlin zu erhalten. Wissenschaft muß in Berlin wieder oberste Priorität bekommen. Dazu gehört eine Aufstockung und Konzentration der Forschungs- und Technologieförderung, vergleichbar mit den Ländern Bayern und Baden-Württemberg.

Susanne Teichmann, Persönliche Referentin der Vizepräsidenten

Von den Politikern wünsche ich mir eigentlich nichts, denn das wäre einfach nicht realistisch. Es wird sowieso überall gespart, und schon jetzt redet jeder von Stellenstop im Öffentlichen Dienst nach den Wahlen. Das einzige, was man sich wünschen könnte, betrifft meiner Meinung nach weniger die Politiker, sondern die Wissenschaftler selber, also die TU in Gänze. Die sollten mit dem Geld, was für Lehre und Forschung übrigbleibt, lernen umzugehen. Das heißt: Strukturentscheidungen treffen, die in eine innovative und studierbare Lehre münden und eine ebenfalls innovative interdisziplinären Grundlagenforschung wie praxisnahe Forschung unterstützen.

Daniel Bemmerer, Physik, 9 Semester

Ich erwarte, daß es nicht immer weiter gekürzt wird und daß irgendwann mal wieder mehr Geld für die Hochschulen da ist - vor allem für die Lehre. Schwerpunkt sollten Tutoren- und Assistentenstellen sein.

Kaspar Krebs, Maschinenbau, 10. Semester

Gar nichts, ich erwarte rein gar nichts. Ich bin selten hier und beteilige mich an nichts. Ich bin da erwartungslos. Wenn ich mir was von den Politikern wünschen könnte, wären das weniger Studenten.

Jörg Winkler, Professor am Fachbereich Mathematik

Die Politiker sollten erkennen, daß die Universitäten und die Ausbildungsstätten wichtig sind. Sie sollten sie mehr unterstützten und mehr fördern und nicht so behandeln, wie es in der Vergangenheit geschehen war. Es muß vermieden werden, daß das Geld immer bei den Universitäten weggenommen wird, wenn gespart werden muß. Wenn wir unsere Universitäten beliebig demontieren, dann verscherzen wir uns die Zukunft. Gerade auf dem Ausbildungssektor sollte man sich in Zukunft auf den Kern der universitären Aufgaben konzentrieren. Das heißt zum Beispiel, alles, was da wild wuchert an Studienreformprojekten sollte deutlicher unter die Lupe genommen werden und nur in Ausnahmefällen finanziert und genehmigt werden.

Arne Klein, WiMI am Studiengang "Diplom-Medienberater"

Ich würde mir wünschen, daß sich die Politk viel stärker im Mediensektor einsetzt, als sie es bisher getan hat. Vielleicht könnte es ihr noch gelingen, auch auf universitärer Ebene, eine Basis dafür aufzubauen, daß sich in Berlin so etwas wie eine Medienstadt entwickelt. Ich denke da natürlich an unseren Studiengang als ein Projekt. Der wird zwar verbal mit viel Unterstützung bedacht, aber das setzt sich nicht durch in Entscheidungen. Da sollten sich die Politker schon zu Entscheidungen durchringen.

Harald Ermel, Leiter des Referats Außenbeziehungen

Ich erhoffe mir finanzielle Klarheit für die Technische Universität, und vor allen Dingen keine weiteren Personalkürzungen. Denn darunter leiden wir am meisten. Die große Sorge, die ich angesichts der Finanznöte Berlins habe, ist, daß die Bildung als Sparreserve genutzt wird. Das halte ich für katastrophal, denn was man heute in der Bildung versäumt, wird sich in zehn zwanzig Jahren bitter rächen. Außerdem erhoffe ich mir, daß die neue Senatsführung weiterhin die internationalen wissenschaftlichen Verflechtungen der TU Berlin unterstützt.

Stefan Dörsch, WiMi am Institut für Fördertechnik und Getriebetechnik

Die finanzielle Ausstattung müßte mal wieder etwas besser werden. Bei uns im Maschinenbau ist es so, daß wir nur noch die halbe Anzahl an Mitarbeitern haben. Und das geht an die Grenze dessen, was überhaupt möglich ist, um die Lehre aufrechtzuerhalten. Von der Forschung mal ganz abgesehen.


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