MEINUNGEN aus der Praxis

Martina Klocke

"Erhebliche
Doppelbelastung"

Wenn man sich mit Martina Klocke über ihre wissenschaftliche Karriere unterhält, fällt eines auf: Die studierte Werkstoffwissenschaftlerin war häufig die erste Frau - die erste Doktorandin am Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik der TU Berlin, die erste Professorin am Fachbereich Maschinenbau der FH Kiel und seit drei Jahren auch die erste Prorektorin ihrer Hochschule.

Fühlt sie sich da eigentlich als Vorläuferin oder Vorbild? "Ein bißchen schon", schätzt sie sich ein, "Aber gezielt habe ich das nicht gemacht." Es mache ihr halt Spaß, neue Dinge anzupacken. "Und da habe ich auch keine Scheu, wenn ich keine anderen Vorbilder habe, selbst als Vorbild zu fungieren."

Und weibliche Vorbilder sind bekanntermaßen rar in den Ingenieurwissenschaften. Als Martina Klocke zwischen 1975 und '80 an der TU Berlin Werkstoffwissenschaften studierte, zählte sie rund 20 Studentinnen und 300 männliche Kommilitonen. Noch geringer wurde der Anteil der Frauen, als sie sich nach ihrem Diplom zur Promotion entschloß und an das Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik ging. Aber auch hier war das kein Problem für die junge Wissenschaftlerin: Sie arbeitete sich in neue Gebiete ein, forschte ... und wurde zur ersten Doktorandin am Institut. "Mein Doktorvater war Professor Spur, und ich war - nach 96 Doktoranden - seine erste Doktorandin", erinnert sie sich.

"Ein weiteres wesentliches Ereignis dieser Zeit", so Martina Klocke, war, daß sie ihren jetzigen Mann an der TU Berlin kennenlernte. Da er später eine Beschäftigung in der Nähe von Hamburg annahm, verließ sie Berlin und zog nach ihrer Doktorprüfung hinterher.

Dort arbeitete sie mehrere Jahre in einem überbetrieblichen Aus- und Fortbildungszentrum. "Qualifizierungsberatung" hieß ein bundesweites Projekt, in dessen Rahmen sie Bildungsangebote für kleine und mittelständische Unternehmen entwickelte. Bei einem anderen Projekt ging es um eine "Lernfabrik", mit deren Hilfe sie Aus- und Fortzubildenden Betriebsabläufe erklärte und ihnen das Schlagwort "Computer Integrated Manufacturing - CIM" anschaulich machte.

Sehr zugute kam ihr bei dieser Beschäftigung ihre akademische Ausbildung. "Als Frau im Ingenieurbereich promoviert zu haben, war sicherlich eine sehr gute Voraussetzung, um dort selbständig und eigenverantwortlich zu arbeiten.", betont sie heute und meint das durchaus auch als Tip für diejenigen Studentinnnen, die heute in diesen Bereich lernen. "Es kann ja auch dazu führen, daß man weitermacht und dann eines Tages Professorin wird."

Genau so erging es ihr nämlich nach sieben Jahren Projektarbeit in der Weiterbildung: An der Fachhochschule Kiel wurde sie vor drei Jahren - als erste Frau - Professorin für Fertigungstechnik. Und seit Februar dieses Jahres ist sie außerdem Prorektorin der FH - erneut die erste Frau in dieser Position.

"Die Fachhochschule ist eine ganz ideale Sache, um Familie und Beruf miteinander zu verknüpfen", erklärt die Mutter von drei Kindern. Denn nach ihrer Erfahrung bleibt letztendlich der Großteil der Familientätigkeit nach wie vor bei den Frauen hängen: "Auch bei mir war es so, daß ich die Familie weitgehend eigenverantwortlich versorgt habe. Und das ist wirklich eine erhebliche Doppelbelastung, die man nur tragen kann, wenn die ganze Familie bereit ist, Kompromisse einzugehen."

Mit der Technischen Universität Berlin steht die FH-Professorin noch in häufigem Kontakt. Über den Ehemaligenverein des Instituts für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik trifft sie sich regelmäßig einmal im Jahr mit anderen Ehemaligen. "Eine Menge Kontakte, die wir schon am Institut knüpfen konnten, können wir so aufrecht erhalten," freut sie sich. "Man kann sehr gut erkennen, wo sich wer hin entwickelt hat und hat außerdem eine Unmenge von Kontakten, die einem selber weiterhelfen könnnen." Und das klappt so gut, daß Bekannte, denen sie davon erzählt "immer ganz neidisch werden."

René Schönfeldt


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