Hippies und Nobelpreisträger

Te-Won Lee studierte an der Universität Berkeley


Wenn Kalifornien ein besonderer Staat in den USA ist, dann ist Berkeley sicherlich eine besondere Stadt in Kalifornien. Eine Stadt, die geprägt ist von der University of California at Berkeley, die sich wohl zu den berühmtesten Universitäten in den USA zählen kann. Bekannt ist die Universität sowohl durch gesellschaftspolitische Ereignisse als Initiator der Studentenaufstände in den 60er Jahren als auch durch wissenschaftliche Errungenschaften, die mit zahlreichen Nobelpreisen honoriert wurden. Berkeley ist nicht nur Anziehungspunkt vieler Wissenschaftler, sondern auch die Hochburg von Hippies, Flower-Power-Anhängern, Punks und Heimatlosen.


Rund 30 000 Studierende bevölkern den Campus der University of California at Berkeley

Der Campus liegt nicht am so begehrten Strand, und alles was man in der Nähe des Universitätsgeländes erspäht, sind Cafés, die Haupttreffpunkte vieler Studenten. In Berkeley trifft man die Studenten selbst dort beim Studieren an. Mit Büchern in den Händen und einem Notebook auf dem Tisch arbeiten sie entweder alleine oder in kleinen Gruppen vor sich hin. Ein gewöhnungsbedürftiger Anblick, den viele Studenten aus dem Ausland etwas überrascht hinterfragen.

Der Campus, der über großflächige Grünanlagen, mehrere Sportanlagen und Institutsgebäude im europäischen Stil verfügt, wird von ca. 30 000 Studenten bevölkert. Sie bilden eine multikulturelle Studentenschaft, der auch eine große Anzahl von Studenten asiatischer Abstammung angehört. Insbesondere in den Natur- und Ingenieurwissenschaften ist diese Dominanz stark ausgeprägt. Im Department of Electrical Engineering and Computer Sciences, wo ich meine Diplomarbeit schrieb, reihte ich mich aufgrund meiner koreanischen Herkunft nahtlos in die Mehrheit der Studenten ein. Lediglich ein Foto in einer Vitrine des Instituts wies mich mich als deutschen "visiting scholar" aus.

MULTIKULTURELLE ATMOSPHÄRE

Eine multikulturelle Atmosphäre zu fördern, ist das Anliegen des "I-House" (International House). In diesem Studentenwohnheim nimmt Berkeley jeweils 300 amerikanische und internationale Studenten auf. Die Erfahrungen im I-House gehören für die meisten Studenten zu den großartigsten Erlebnissen. Hier ergeben sich die besten Freundschaften und eine Fülle von neugeborenen Interessen. Das I-House garantiert eine schnelle soziale Integration, die das Studieren in Berkeley zum unversiegbaren Fun werden läßt. Neben ausgefallenen Parties und vielem kulturellen Spektakel gibt es im Wohnheim einen Computersaal und eine gemütliche Bibliothek.

Spaß, Studium und Forschung gehen Hand in Hand, und nicht selten macht man mit den Kommilitonen eine kleine Kaffeepause gegen Mitternacht, um die nächsten drei Stunden konzentriert zu arbeiten. Falls man sich aber vom Streß des intensiven Lernens erholen möchte, bietet die Uni alle denkbaren und ungewöhnlichen Sportarten an. Sport wird hier ganz GROSS geschrieben, und es gibt kaum jemanden, der dieses vielfältige Angebot in den Sportzentren nicht wahrnimmt. Hier wird man sogar mit Handtüchern in den Duschen bedient und während der Prüfungszeiten mit entspannenden Massagen verwöhnt.

PROFESSORALE BETREUUNG UM ZWEI UHR NACHTS

Forschung ist eins der wichtigsten Elemente dieser Universität, und die Professoren sind bemüht, stets an der Spitze der Forschung zu stehen. Daher legt man vor allem großen Wert auf die Forschung und Lehre in den "graduate schools", wo Diplomanden und Doktoranden intensiv von den Professoren betreut werden. Die Intensität der Fürsorge geht manchmal soweit, daß man um zwei Uhr morgens über einen "talk request" am Computer nach neuen Forschungsergebnissen ausgefragt wird.

Trotzdem ist die Atmosphäre in den Forschungsinstituten sehr locker, und weil man nicht der einzige ist, der bis spät in die Nacht recherchiert, fällt es wesentlich leichter, sich dem Arbeitsrhythmus anzupassen. Motiviert wird man speziell durch die ausgiebige Betreuung, die die Studenten als selbstverständlich empfinden. Schließlich bezahlt man reichliche Studiengebühren und hat ein hartes Zulassungsverfahren durchlaufen. Dementsprechend engagieren sich die Professoren sowohl in der Forschung als auch in der Lehre. Obwohl man oft sagt, daß Professoren, die gut in der Forschung sind, weniger gut in der Lehre sind, habe ich hier die Erfahrung gemacht, daß Professoren, die exzellente Forschung betreiben ebenso in den Lehrveranstaltungen brillieren.

NICHT BESSER AUSGESTATTET ALS DIE TU BERLIN

Vergleicht man Ausstattung, Räumlichkeiten und Personal mit den Mitteln der TU Berlin, so wird einem klar, mit welch geringen Mitteln der Fachbereich in Berkeley auskommt. Die Ausstattung, die einem zur Verfügung steht, ist mit den Mitteln der TU Berlin vergleichbar, in einigen Bereichen, etwa dem Gebäudezustand, jedoch wesentlich schlechter. Was aber jedem Akademiker gefällt, ist die ausgezeichnet ausgestattete Bibliothek und die bequeme Literatursuche. Von jedem Terminal aus hat man Zugang zu allen Büchern und wissenschaftlichen Veröffentlichungen der Unibibliothek, und des weiteren kann man die Suche auf alle Bibliotheken der acht weiteren Universities of California ausweiten. Der Umgang mit Internet und Emails ist schon seit langem Alltag und wird von Freshmen bis zu emeritierten Professoren benutzt.

Neben dem Studium hat Berkeley und seine Umgebung noch mannigfaltige Attraktivitäten zu bieten, und die wundersame Diversität der kalifornischen Landschaft sollte man sich keinesfalls entgehen lassen.

Te-Won Lee


[TU Berlin] [Pressestelle] [TU intern] [Januar '96]