Phönix aus der Asche

Elf TU-Projekte auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung ILA 1996 in Schönefeld

Als selbst führende deutsche Unternehmen wie Daimler-Benz Aerospace auf der letzten Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) im Jahre 1994 der Ausstellung fernblieben, schien der Untergang schon fast besiegelt. Dieses Jahr jedoch setzte die ILA gleich dem Phönix aus der Asche zum langersehnten Höhenflug an. Obwohl um volle zwei Ausstellungstage verkürzt, konnten die Veranstalter eine Verdoppelung der Fachbesucheranzahl von 24000 im Jahre 1994 auf etwa 45000 sowie den Durchbruch der 200 000er Marke bei den Schaulustigen verzeichnen.

Die TU Berlin präsentiert sich auf der Luftfahrtmesse mit vielfältigen Projekten: Vom schadstoffarmen Triebwerk über Lotsenarbeitsplätzen bis zu Heißwasser-Raketen reicht das Spektrum
Unter den knapp 600 Ausstellern aus 29 Ländern war die TU Berlin mit elf Projekten auf einem Gemeinschaftsstand mit dem Land Brandenburg vertreten. Dessen Schwerpunkt lag auf den Themen Sicherheit im Luftverkehr und umweltverträglichere Antriebstechnologien. Angesichts der tragischen Flugunglücke in jüngster Zeit ist die Frage nach verbesserten Sicherheitsstandards und Kontrollmöglichkeiten wieder schmerzhaft ins Bewußtsein des öffentlichen Interesses gerückt.

Mit diesem Thema befaßt sich das vor drei Jahren an der TU Berlin ins Leben gerufene und von der Europäischen Gemeinschaft unterstützte Projekt EUCARE (European Confidential Aviation Safety Reporting Network). Dabei handelt es sich um ein europaweites Informationsnetz, in dem Berichte von Flug- und Bodenpersonal, Passagieren sowie Privatfliegern über Probleme und Zwischenfälle vertraulich gesammelt und analysiert werden, um dann an entsprechende Gesellschaften oder Behörden weitergegeben zu werden. Wie EUCARE-Mitarbeiterin Sabine Nieder erklärte, sei man zuversichtlich, nach Beendigung der Testphase im nächsten Jahr mit EUCARE ein wirkungsvolles Instrument zur Erhöhung der Flugsicherheit zu haben. Die Präsenz von EUCARE auf der Messe diene nicht zuletzt dazu, den Bekanntheitsgrad dieser Einrichtung gerade bei den Passagieren zu verstärken, denn die Beteiligung dieser Zielgruppe an den bereits gesammelten Daten sei noch zu gering.

Unumstrittener Publikumsliebling am TU-Stand war die Projektgruppe Aquarius vom Institut für Luft- und Raumfahrttechnik unter Leitung von Professor Roger Lo mit ihrer neuen zweistufigen Version der Heißwasserrakete Aquarius. Obwohl ihr Jungfernflug im April dieses Jahres nach etwa 200 Metern Flughöhe durch eine fehlerhafte Stufentrennung ein jähes Ende fand, war dies keine Entmutigung, sondern eher Ansporn für die Studenten. Sie planen zukünftige Raketen mit einem Telemetrisystem auszurüsten und eventuell in Zusammenarbeit mit Biologen der Freien Universität Mikrogravitationsexperimente durchzuführen. Darüber hinaus streben sie, unter Verwendung leichterer Materialien, eine gesteigerte Gipfelhöhe von rund sieben Kilometern an.

Ebenfalls im Blickpunkt stand die Verbesserung des Fluglotsenarbeitsplatzes. Im Rahmen des EnCoRe-Plus-Projektes (En-route Controller's Representation) wird in Zusammenarbeit mit den TU-Instituten für Psychologie und Luft- und Raumfahrttechnik versucht, die Schnittstelle zwischen "Mensch-Maschine" effizienter zu gestalten. Im Vordergrund stehen vor allem die Entlastung durch die Automatisierung von Routinetätigkeiten sowie die Minimierung des Ermüdungsrisikos der Lotsen.

Zur Reduzierung der Schadstoffemissionen im Flugverkehr stellten TU-Wissenschaftler gleich drei interessante Konzepte vor.

Ihre Arbeiten am "Schadstoffarmen Triebwerk" präsentierten etwa Wissenschaftler vom Fachgebiet Luftfahrtantriebe: Integriert in das gleichnamige deutsche Luftfahrtforschungsprogramm erforschen sie, wie die Kerosinverbrennung in gestuften Brennkammern zu geringeren Schadstoffwerten führen kann. Weitere TU-Forschungsthemen auf der ILA: die Optimierung von Flugrouten sowie die Verbesserung der aerodynamischen Eigenschaften von Flugzeugtragflächen. Für die Untersuchung von Strömungsverhältnissen entwickelten TU-Wissenschaftler eine mit Sensoren ausgestattete Kunststoffolie, die wie ein Handschuh eine zu untersuchende Tragfläche umhüllt und Auskunft über die Druckverhältnisse auf ihrer Oberfläche gibt.

Wie auf jeder Luftfahrtschau waren die echten Publikumsmagnete natürlich die tollkühnen Flugvorführungen, die trotz verschärfter Sicherheitsbestimmungen nichts von ihrer Faszination verloren hatten. Und auch am Himmel über Brandenburg zog die TU Berlin ihre Kreise, und zwar mit den Segelfliegern der Akademischen Fliegergruppe "Akaflieg", die einen erholsamen Kontrast zu den ohrenbetäubenden Darbietungen des Eurofighters boten.
Daniel Kubas


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