NACHGEFRAGT

Noch nie so schlecht wie heute!

"Eine wahrlich teure Sparmaßnahme" Klaus Laasch

Man könnte meinen, daß sich die TU-Universitätsbibliothek (UB) bereits an Schreckensmeldungen gewöhnt hat. Denn schon seit Jahren verschlechtert sich die Literaturversorgung. Standen 1990 noch rund 5,3 Millionen DM für Literaturerwerbungen zur Verfügung, so wurde dieser Etat für 1996 auf wenig mehr als vier Millionen heruntergekürzt. Dann der nächste Schrecken: Im August dieses Jahres verhängt die TU-Finanzabteilung eine Verfügungsbeschränkung von 700 000 DM über genau diesen Literaturetat.

Die Konsequenzen für die Hauptbibliothek und die 20 Abteilungsbibliotheken sind dramatisch: Seit 1990 wurden rund 2000 Abonnements (von insgesamt 9600) abbestellt, alleine für 1996 bisher 300. Nach der Verfügungsbeschränkung mußten dann sämtliche noch nicht ausgeführten Bestellungen von Monographien storniert werden, Neubeschaffungen wurden komplett eingestellt, und Einbandaufträge werden auch nicht mehr vergeben. Der letzte Schlag kam nach der jüngsten Sparklausur des Berliner Senats: Dort einigten sich die Koaliitionspolitiker auf einen Baustopp der für TU und HdK geplanten Bibliothek an der Fasanenstraße.

René Schönfeldt fragte für TU intern bei UB-Direktor Klaus Laasch nach, wie es angesichts der ständigen Hiobsbotschaften um die TU-Bibliothek steht.

Welche Auswirkungen haben die Streichungen im Etat der Universitätsbibliothek?

Der Erwerbungsetat der UB beträgt 1996 gerade noch 3,3 Millionen DM. Er befindet sich damit nominell auf dem Niveau von 1979, allerdings waren damals nur 22 000 Studierende mit Literatur zu versorgen. Heute sind es über 34 000. Vergleichen wir hingegen die Kaufkraft, was richtiger ist, sind wir bereits in das Jahr 1975 zurückgefallen. Damals konnten wir die gleiche Anzahl Monographien kaufen und Zeitschriften abonnieren wie 1996, hatten aber nur 21 000 Studierende.

Was bedeutet das für die Nutzerinnen und Nutzer?

Die Zahlen sagen es deutlich: Noch nie war die Literaturversorgung der TU-Angehörigen so schlecht wie heute. Wie soll schneller studiert werden, wenn eines der wichtigsten Hilfsmittel, die Fachliteratur, nicht mit aktuellen Neuerscheinungen zur Verfügung steht. Besonders schwierig ist die Situation für die Angehörigen der technischen Fachbereiche, denn in den anderen großen Bibliotheken Berlins sucht man Technik vergebens. Daß die Universitätsbibliothek der TU bei dieser Etatsituation kaum neue Medien - wie CD-ROM - erwerben kann, dürfte verständlich sein.

Was sagen Sie dazu, daß der Berliner Senat den Bau des neuen Bibliotheksgebäudes an der Fasanenstraße bis auf weiteres gestoppt hat?

1988 wurde der Architekturwettbewerb abgeschlossen und mit Fug und Recht konnte die TU Berlin erwarten, daß spätestens zehn Jahre danach der Neubau bezogen wird. Alle Planungen orientierten sich an diesem Ziel: Die Magazine in der Hauptbibliothek und in den meisten Abteilungsbibliotheken, selbst das angemietete Ausweichmagazin in der Reuchlinstraße, werden zu diesem Zeitpunkt gefüllt sein. Durch den Umzug der Hauptbibliothek und weiterer Abteilungsbibliotheken wären insgesamt 8430 Quadratmeter, davon allein 6830 im Hauptgebäude, frei geworden. Mietausgaben hätten gespart werden können. Jetzt wird man statt dessen weitere Ausweichmagazine anmieten müssen und das in das Gelände des Neubaus bereits investierte Geld - ca. 15 Millionen - scheint zumindest vorläufig verloren. Eine wahrlich teure Sparmaßnahme.


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