Vor, während und nach der Senatssparklausur dokumentierten Zeitungen und Zeitschriften die Äußerungen der beteiligten Politiker und Hochschulvertreter. Wir haben die unserer Meinung nach interessantesten Beobachtungen an dieser Stelle zusammengefaßt.

"Der Tagesspiegel"
Montag, 14. Oktober

CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky hat man auch schon einmal gelöster erlebt. Er wirkt bissig. Ja, da gebe es eine Sparliste der Finanzsenatorin, über die man jetzt reden müsse. Sie werde aber keinesfalls das Ergebnis sein. Landowsky stapelt tief: "Wenn es bei diesem Feldzug gegen Geist und Kultur bleibt, sehe ich kein gutes Ende der Klausur." Die Stadt sei einfach nicht in der Lage, den Wegfall der zehn Milliarden Mark Bundeshilfe und zwei Milliarden an Steuerausfällen angesichts der schlechten Konjunkturlage auszugleichen. Für die Sanierung des Haushaltes sei ein Zeitraum von sieben bis acht Jahren notwendig, daran führe kein Weg vorbei. Und wann stellt sich für ihn die Koalitionsfrage? "Es darf uns nur keiner vor die Alternative stellen: Geist und Kultur hier, die Finanzsenatorin dort. Dann ist die Koalition gefährdet."

"Der Spiegel"
Montag, 21. Oktober

Mit sicherem Instinkt für den Stimmungsumschwung hat sich die CDU-Spitze um Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky und Bürgermeister Eberhard Diepgen schon längst vom radikalen Sparen verabschiedet. Landowsky verkündete während der Klausur, man müsse befürchten, daß "ganz Berlin auf mausgraues Ostniveau gebracht wird".

"Der Tagesspiegel"
Freitag, 25. Oktober

Auch als Klaus Landowsky, der CDU-Fraktionschef, vor die Villa fährt, ist ein Hauch der Annäherung zu spüren. Er weiß um die Tragkraft seiner Worte. Der "Feldzug gegen Geist und Kultur", den er der Finanzsenatorin noch letzte Woche unterstellte, ist vergessen. Die Ungeliebte bewege sich, habe endlich den Unterschied zwischen dem flachen Land und einer Großstadt begriffen. Daß die CDU die Kröte Gewerbesteuer schlucken muß, steht für ihn schon jetzt so gut wie fest. Eine Forderung der SPD, die Landowsky stets mit der "Vernichtung Tausender Arbeitsplätze" gleichgesetzt hat. Auf die Frage, wie er diese Entscheidung rechtfertige, ist selbst der Wortgewaltige kurz sprachlos. "Berlin muß hauptstadtfähig bleiben." Will sagen: Der schwer verwundete Patient Koalition darf einfach nicht sterben.

"die tageszeitung"
Samstag/Sonntag 26./27. Oktober

Angesichts der Kürzungen befürchtete selbst der Wissenschaftssenator, daß die Zahl von 85 000 Studienplätzen kaum zu halten sein wird. Zufrieden sei er mit dem Ergebnis nicht, räumte Radunski ein. Er wies aber darauf hin, daß die außeruniversitäre Forschung ungeschoren davonkomme. Auch das Forschungsinstitut für Angewandte Chemie in Adlershof (ACA) sei nun gesichert, ebenso die Finanzierung für zwei weitere Institute in Adlershof.

"Der Tagesspiegel"
Dienstag, 29. Oktober

Als "unvorstellbar" und "unglaublich" hat der Präsident der Technischen Universität, Professor Dieter Schumann, die Sparbeschlüsse des Berliner Senats bezeichnet. Die "schlimmsten Befürchtungen" seien bestätigt worden. (...) Wenn jetzt jedoch 150 Millionen Mark zusätzlich bis zum Jahr 2003 von den Hochschulen eingespart werden müßten und der Personalhaushalt nicht ausfinanziert wird, dann "ist die gemeinsame Basis für einen Vertrag hinfällig geworden". Die Planungssicherheit sei "wieder einmal zunichte gemacht worden", erklärte Dieter Schumann.

"Der Tagesspiegel"
Mittwoch, 30. Oktober

Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing im Interview: ...Richtig ist, daß es Widerstände gegen wirkliche Reformen gibt. Wir haben aber Strukturänderungen eingeleitet. Ich nenne das Vertragsangebot an die Hochschulen: Planungssicherheit bei Festschreibung eines nochmals um 150 Millionen Mark reduzierten Zuschußplanfonds für 1997 bis 2000.

Presseerklärung der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur
Mittwoch, 30. Oktober

Wissenschaftssenator Radunski beim Empfang für die neuberufenen Professoren im Roten Rathaus: Die langwierigen Beratungen haben aber auch ein Ergebnis erbracht, das nicht zu unterschätzen ist: Der Staat bietet den Hochschulen eine - wenn auch im wahrsten Sinne "degressive" - Planungssicherheit für vier Jahre. Dies ist angesichts der finanzpolitischen Großwetterlage in der gesamten Republik ein Novum und - wie ich meine - ein Angebot, das man trotz der verständlichen Erbitterung um die erneuten finanziellen Belastungen nicht brüsk und unreflektiert zurückweisen sollte. (...) Der Vertrag gibt den Hochschulen die Chance, in den nächsten vier Jahren von weiteren Sparrunden ausgenommen zu werden. (...) Ziel meiner Politik ist es, durch die Wiederherstellung von Planungssicherheit und durch Schaffung neuer rechtlicher und organisatorischer Spielräume das an den Universitäten fraglos vorhandene Reformpotential freizulegen. Dies kann nur mit und nicht gegen die Hochschulen erfolgen.

"Die Welt"
Mittwoch, 30. Oktober

Die Vorgaben der Politik, in einem kurzen Zeitraum größere Summen einzusparen, seien (...) schlicht unsinnig, sagte (HU-Präsident Hans) Meyer, und er gab sich kämpferisch: "Wenn Herr Radunski mehr Geld haben will, muß er einen Staatskommissar schicken, der zeigt, wo bei uns noch Gelder einzusparen sind. Und den wird er nicht finden."

"Die Welt"
Mittwoch, 30. Oktober

Bert Flemming (SPD) im Interview: ... Die CDU spielt sich jetzt als Feuerwehrmann auf, der den Brand in der Wissenschaftslandschaft löschen will. Dabei haben die den Brand selbst gelegt. Die betreiben ein perfides Spiel. Die Polarisierung, bei der die CDU als Bewahrer der Wissenschaft dasteht, während die SPD alles kaputtmacht, ist geschickt in Szene gesetzt. Das Schlimme ist, daß man das erkennt und trotzdem nichts dagegen machen kann.

"Der Tagesspiegel"
Sonnabend, 2. November:

Klaus Landowsky am Donnerstag vor dem Abgeordnetenhaus zum Etatentwurf: "Berlin wird nicht mausgrau." Landowsky wußte, warum er das sagte. Einige Ost-Berliner CDU-Freunde wie Martin Federlein aus Pankow und Andreas Apelt vom Prenzlauer Berg reagierten zutiefst gekränkt über Landowskys Wort während der Senatsklausur, man dürfe Berlin "nicht mausgrau auf Ost-Niveau" herunterbringen.


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