NEUBERUFEN

Reinhard Schomäcker

Vom Kleinen aufs
Große übertragen

Universität Bielefeld, University of Kent, Max-Planck-Institut in Göttingen, Bayer AG in Leverkusen, Universität Köln und jetzt TU Berlin. Man erkennt - besonders unter Berücksichtigung der oben genannten Rubrik - es handelt sich um die Stationen einer wissenschaftlichen Laufbahn. Diese zahlreichen, sowohl universitären als auch außeruniversitären Forschungsstationen hat Prof. Dr. Reinhard Schomäcker auf seinem Lebenslauf stehen. Reinhard Schomäcker ist Chemiker und seit März dieses Jahres Professor für Technische Chemie am Fachbereich Chemie der TU Berlin. Als Laie muß man sich bei Fächern wie diesem, Schritt für Schritt erklären lassen, womit sich die Wissenschaftler hier eigentlich beschäftigen: Wie die Anorganische oder Organische Chemie ist auch die Technische Chemie in Lehre und Forschung ein eigenständiges Fachgebiet in der Chemie. Alles, was für industrielle chemische Prozesse entwickelt werden muß und wo entsprechende Grundlagenforschung erforderlich ist, um später im großen, technischen Maßstab eine chemische Reaktion durchführen zu können, wird in diesem Wissenschaftszweig bearbeitet. Maßstabsübertragungen - so läßt sich das zusammenfassen, was in der Technischen Chemie im wesentlichen gemacht wird. Gemeint ist damit, daß man Voraussetzungen schafft, daß chemische Reaktionen, die im kleinen (bildlich gesprochen: im Reagenzglas) in gewünschter Weise ablaufen, im großen Maßstab ebenso funktionieren. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich Reinhard Schomäcker u.a. mit Reaktionen zwischen nicht mischbaren beziehungsweise nicht in einem einzelnem Lösungsmittel lösbaren Reaktionspartnern. Es geht nicht nur darum, neue Reaktionen oder Produkte zu finden, sondern für bekannte Zweiphasenreaktionen die Grenzflächen, an denen sie stattfinden, so groß wie möglich und die Reaktion damit so schnell wie möglich zu machen. Mikroemulsionen heißen die Gemische, die entstehen wenn geschickt ausgewählte Tenside (der Laie sagt Seife) den zweiphasigen Reaktionsgemischen zugesetzt werden.

Die Mikroemulsionen dienen Reinhard Schomäcker auch für andere Forschungsinhalte. So ist es möglich, in den Tröpfchen von Wasser-in-Öl Mikroemulsionen Enzyme zu lösen. Obwohl Enzyme in der Regel nur in wäßriger Umgebung aktiv sind, ist es auf diesem Wege möglich, auch Reaktionen an wasserunlöslichen Substraten durchzuführen. Mit dieser Methode können wichtige Wirkstoffe oder Vorstufen dafür auf einem sehr umweltverträglichen Syntheseweg hergestellt werden. Ferner lassen sich mit Hilfe der Mikroemulsionen auch Feststoffteilchen herstellen, die durch ihre besonderen Eigenschaften (z. B. extrem gringe Größen im Bereich weniger Nanometer) gut als Katalysatoren eingesetzt oder als Pulver für Hochleistungskeramiken genutzt werden können. Sind diese Reaktionen im Reagenzglas schon durchzuführen, geht es für den Technischen Chemiker hier wieder um die Übertragung ins Große. Besonders für die chemische Industrie sind diese Arbeiten interessant und so handelt es sich hier um eine Grundlagenforschung, die sehr praxisorientiert arbeitet. Bei den Verfahren, die der Chemiker entwickelt, ist auch der wirtschaftliche Aspekt wichtig - an einer Reaktionstechnik, die zwar besser aber auch teurer ist, hat die Industrie wenig Interesse. Reinhard Schomäcker spricht hier aus Erfahrung - als leitender Mitarbeiter war er in der zentralen Forschung und Entwicklung bei der Bayer AG in Leverkusen beschäftigt. Auch in seinem Lehrangebot findet man diesen wirtschaftlichen Aspekt - er bietet u.a. eine Vorlesung und ein Seminar für Studierende des Wirtschaftsingenieurwesens an.

Bevor er in der industriellen Forschung arbeitete, war er als wissenschaftlicher Assistent am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen tätig. Der 1959 in Varl (heute Rahden) in Westfalen geborene Reinhard Schomäcker studierte an der Universität Bielefeld Chemie und schloß hier auch 1987 seine Promotion ab. Zwischendurch arbeitete er für knapp ein Jahr an der University of Kent in England. Bevor er an die TU Berlin kam, war er als Privatdozent für Physikalische Chemie an der Universität zu Köln tätig.

Bettina Weniger


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