Das BootAlle Reformen in der Verwaltung haben eines gemeinsam: Sie werden ausführlich und kontrovers diskutiert und bringen die Gefühle aller Beteiligten in Wallung. Manchmal wird sogar eine gehörige Portion Kreativität und Humor frei. So geschehen im Bezirksamt Steglitz: Dort kursiert seit einiger Zeit ein Flugblatt, in dem die Berliner Verwaltungsreform karikiert wird. Eine kleine Geschichte, über Wettbewerb, Beratungsfirmen und Leistungsanreize, die wir unseren Leserinnen und Lesern nicht vorenthalten möchten: Vor einiger Zeit verabredete der Berliner Senat mit den Japanern, daß jedes Jahr ein Wettrudern mit dem Achter auf der Spree ausgetragen werden soll. Beide Mannschaften trainierten lange und hart, um ihre höchste Leistungsfähigkeit zu erreichen. Als der große Tag des Wettkampfes endlich da war, waren beide Mannschaften topfit. Die Japaner gewannen mit einem Kilometer Vorsprung.
Nach dieser Niederlage war das Senatsteam sehr niedergeschlagen
und die Moral war auf dem Tiefpunkt. Das obere Management beschloß,
den Grund für die vernichtende Niederlage herausfinden zu
wollen.
Um einer Niederlage beim nächsten Rennen vorzubeugen, wurde
auf Empfehlung einer zweiten Beraterfirma die Teamstruktur geändert.
Es gab jetzt einen Ruderer, vier Steuerleute, drei Obersteuerleute
und einen Steuerdirektor. Der Aufgabenbereich des Ruderers wurde
erweitert; es wurde ihm mehr Verantwortung übertragen. Ein
Leistungssystem wurde eingeführt, um dem Ruderer Ansporn
zu noch mehr Leistung zu geben. Der Berliner Senat entließ den Ruderer wegen schlechter Leistung, verkaufte das Boot und stoppte gleichzeitig alle Investitionen für ein neues, leistungsfähigeres Boot. Das eingesparte Geld reichte für die Beförderung des Steuerdirektors und der drei Obersteuerleute. Den Beraterfirmen wurde eine lobende Anerkennung für ihre hervorragende Arbeit ausgesprochen. © 7/'96 TU-Pressestelle |