Dienstverhältnisse flexibilisieren

"Fragen der Personalstruktur stehen wieder zur Debatte" Karl Schwarz
Die Verbesserung der Lehre ist einer der Dauerbrenner in der Diskussion um die Hochschulen geworden. Zu Wort gemeldet hat sich auch der Berliner Wissenschaftssenator Peter Radunski, dessen Vorstellungen nicht nur die Studierenden betreffen, sondern auch Professoren und Professorinnen. Die Hochschullehrerinnen und die Hochschullehrer, so der Senator, sollen mehr Einsatz in der Lehre zeigen, mehr Zeit für die Betreuung der Studierenden aufbringen; gleichzeitig stellte er besondere Honorierungen in Aussicht, wenn besondere Leistungen in der Lehre erbracht würden. Über Radunskis Vorschläge und deren langfristige Konsequenzen sprach TU intern mit Karl Schwarz, Mitglied der Planungsgruppe des TU-Präsidenten und zuständig für Hochschulentwicklungsplanung.

Was halten Sie von Radunskis Vorschlägen?

Zumindest drei Aspekte muß man begrüßen: Erstens, daß in Zeiten, in denen alle nur vom Sparen reden, ein zentrales Problem wie die Qualität der Lehre mit einem strukturellen Vorschlag angegangen wird; zweitens, daß die Beratung und Betreuung der Studierenden in den Vordergrund gerückt wird; und drittens, daß mit der Idee einer besonderen Honorierung von besonderen Lehrleistungen nun eine Flexibilisierung der Dienstverhältnisse und der Vergütung - nicht nur der Hochschullehrer, sondern des wissenschaftlichen Personals insgesamt - in den Blick gerät.

Wie könnte solch eine "Flexibilisierung der Dienstverhältnisse" denn aussehen?

Wenn man einmal damit anfängt, besondere Leistungen besonders zu vergüten, ist man auf dem Wege der Differenzierung und Individualisierung der bisherigen geschlossenen Typologie der Dienstverhältnisse. Man kann versuchen, die entsprechende Dynamik zu begrenzen , in dem man etwa einfach die bestehenden Regelungen um eine "Mehrlehrevergütungsverordnung" - diesen Ausdruck las man tatsächlich in der Zeitung - ergänzt. Aber wenn der Damm einmal gebrochen ist, wird dies nichts helfen. Differenzierungen in der Vergütung erzwingen Differenzierungen in der Ausgestaltung der Dienstverhältnisse.

Dabei wird es dann nicht mehr nur um Dinge gehen wie die zeitliche Befristung von Professorenverhältnissen und - in der Konsequenz - um die Habilitation als Regelvoraussetzung der Berufung. Im Zuge einer derartigen Ausdifferenzierung des Professorenamts wird zwangsläufig auch das Verhältnis von Professoren und sonstigen Lehrkräften und insbesondere die Frage eines zu verstärkenden Mittelbaus auf Dauerstellen - vorrangig mit Aufgaben der Lehre - zu diskutieren sein. Das heißt: Die Fragen der Personalstruktur an den Hochschulen stehen in ihrer ganzen Breite wieder zur Debatte. Dies halte ich für notwendig.

Wie schätzen Sie die Chancen ein, daß solch grundlegende Veränderungen an den Hochschulen durchzusetzen sind?

Ich denke, daß das starre Festhalten an den Grundsätzen einer Personalstruktur, die einmal im Hinblick auf ein universitäres Leitbild als "Gelehrtenrepublik" entwickelt wurde, nicht mehr zeitgemäß ist. Denn es besteht keine Chance mehr, dieses Leitbild in seinen übrigen Implikationen durchzusetzen. Aber zuzugeben ist: Es handelt sich objektiv um ein außerordentlich schwieriges Problem. Hinzu kommt der Widerstand der Standesvertreter der Professoren und Professorinnen.

Nebenbei: Man muß sich auch die Pikanterie vergegenwärtigen, daß wir diese Personalstruktur den Hochschulen der ehemaligen DDR eben erst mit großem missionarischem Gestus oktroyiert haben, die Zerschlagung des dortigen Mittelbaus - auf Dauerstellen und mit Aufgaben in der Lehre - strukturell begründend.


© 7/'96 TU-Pressestelle