HOCHSCHULPOLITIK

Umzug nach Adlershof steht fest

550 Millionen DM für neue Institutsgebäude - Radunski: Alle Universitäten sollen präsent sein

Nachdem sich der Berliner Senat endgültig dafür entschieden hat, den Wissenschafts- und Technologiestandort Berlin-Adlershof weiter auszubauen, stehen jetzt auch Umfang und Teile des Fahrplans fest. Ebenfalls entschieden ist, daß große Teile der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität nach Adlershof ziehen werden.

Im März gab Wissenschaftssenator Radunski bekannt, daß von den ursprünglich angedachten 685 Millionen DM für den Humboldt-Umzug in den heutigen Planungen nur noch 550 Millionen übriggeblieben sind. Die Verlagerungen sollen daher bis Jahresende überarbeitet werden und dann auch die Empfehlungen des Wissenschaftsrats berücksichtigen, die für den Mai erwartet werden. Eine positive Einschätzung dieses Gremiums ist notwendig, damit sich der Bund mit der Hälfte der 550 Millionen an den Verlagerungsmaßnahmen beteiligt.

Radunski schwärmt bereits von einem "High-Tech-Campus von internationaler Attraktivität", der zu Beginn des nächsten Jahrtausends entstehen soll. Für die Berliner Hochschulen sei damit eine "kleine Revolution" verbunden, denn Adlershof werde "das Schaufenster von innovativer Wisssenschaft und Forschung in Berlin" werden.

SCHWERPUNKTE ABSTIMMEN

Die Naturwissenschaften aller Berliner Universitäten müßten deshalb in Adlershof präsent sein - "im Rahmen einer zwischen den Hochschulen noch präzise abzustimmenden Schwerpunktbildung", so Radunski.

Zunächst werden aber die Gebäude für die naturwissenschaftlichen Humboldt-Institute in Adlershof gebaut. Im kommenden Jahr beginnt der Neubau für das Chemie-Institut, dessen Kosten auf 113,5 Millionen DM veranschlagt werden. Weiter geht es dann 1999 mit dem Physik-Institut. Und im Jahr darauf folgen die Institute für Mathematik und Informatik, das Rechenzentrum sowie die Bibliothek. Geschätzte Kosten dieses ersten Bauabschnitts: 365 Millionen DM.

Ab 2005 sehen die bisherigen Planungen weitere Neubauten vor, für die Biologie, Geographie, Psychologie sowie die Mensa. Voraussichtlicher Umfang: rund 185 Millionen DM.

Im Moment arbeiten am Standort Adlershof ungefähr 3500 Menschen in 13 außeruniversitären Forschungseinrichtungen und in rund 180 kleinen und mittleren Unternehmen. Nach dem Ausbau sollen hier insgesamt 15 000 Arbeitsplätze entstanden sein.

René Schönfeldt


"Grundsätzlich positiv"

Zum Adlershof-Ausbau und zur Aussage von Senator Radunski, alle Berliner Unis müßten dort präsent sein, fragten wir den Dekan des TU-Fachbereichs Chemie, Prof. Gerhard Findenegg. Lesen Sie im folgenden seine Einschätzungen:

Angesichts der katastrophalen Finanzsituation Berlins ist jede Maßnahme zu begrüßen, die zu einer Sicherung von Berlin als Wissenschaftsstandort längerfristig beitragen kann. Die Senatsentscheidung für den Ausbau von Adlershof für die Naturwissenschaften der Humboldt-Universität ist in diesem Sinne grundsätzlich positiv zu bewerten, sofern hiermit tatsächlich eine Konsolidierung der naturwissenschaftlich-technischen Forschung in Berlin auf hohem Niveau bezweckt wird.

Die Chemiker und Physiker der TU Berlin und der FU Berlin haben ein starkes Interesse, am Standort Adlershof präsent zu sein - allein schon wegen dem demnächst fertiggestellten BESSY II und anderer Forschungseinrichtungen.

Eine wirkungsvolle Verbundforschung in Adlershof - unter Einbeziehung der Humboldt-Universität - setzt aber voraus, daß die Standorte in Charlottenburg und Dahlem nicht geschwächt, sondern eher gestärkt werden müssen.

Eine abgestimmte Schwerpunktbildung der naturwissenschaftlichen Fächer an den drei Berliner Universitäten wird zur Zeit durch die vom Wissenschaftssenator berufenen Fachkommissionen vorbereitet. Die Fachkommission für Chemie ist in ihrer Stellungsnahme zu dem Ergebnis gelangt, daß sich die Forschungsprofile der drei Universitäten in vorteilhafter Weise ergänzen. Von dieser Seite her bestehen somit ausgezeichnete Voraussetzungen für eine Kooperation zwischen den Berliner Universitäten. Was zur Zeit fehlt, sind verläßliche Planungsgrundlagen der Politik. Vollmundige Stellungnahmen auf Pressekonferenzen können eine langfristig angelegte Wissenschaftspolitik nicht ersetzen.

Gerhard Findenegg, Dekan Fachbereich Chemie


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