TU intern - Dezember 1997 - Menschen

"Umbruch und Neubeginn"

Der ehemalige TU-Präsident Jürgen Starnick wird 60
Erzwang den Blick nach außen: Jürgen Starnick
Ein Geburtstag, der innehalten läßt, erschreckend und staunend über das Phänomen der Zeit. Jürgen Starnick stand und steht für einen Umbruch und einen Neubeginn dieser Universität, die unendlich weit zurückzuliegen scheinen.

Seiner Wahl im Jahr 1979 war die Abwahl des damaligen Präsidenten Dr. Rolf Berger vorangegangen. Diese Abwahl hatte die Universität gespalten - von Grund auf und quer zu den eingefahrenen Fronten von links und rechts, "Tür-" und "Fenster-Fraktion", "Reform-" und "konservativ-liberaler" Orientierung. Jürgen Starnick war die Alternative, auf die sich das Bündnis zur Abwahl des Präsidenten Berger hatte einigen können. Als Präsident gelang es ihm schon bald, aus dem Schatten dieser Ausgangskonstellation herauszutreten.

Aus dem von Berger initiierten Pilotprojekt "Technologietransfer" wurde die Organisationseinheit Technologietransfer; mit ihrer Hilfe entstand auf dem aufgelassenen Areal der AEG im Wedding schon bald das Berliner Innovations- und Gründerzentrum (BIG) - das erste seiner Art in Deutschland -, betrieben von der Technischen Universität; später dann der Technologie- und Innovationspark (TIP).

Nach innen gewandt war die vielleicht bemerkenswerteste Innovation der Präsidentschaft Jürgen Starnick: das Steuerungsinstrument der Hochschulentwicklungspläne. Unter seiner Präsidentschaft wurde der "Hochschulentwicklungsplan "(HEP) I" verabschiedet. Die prinzipielle Logik dieses "HEP I" hat die Praxis der inneruniversitären Mittelverteilung bis hart an die Gegenwart beherrscht.

Charakteristisch für das Amtsverständnis Starnicks war, daß er sich nicht auf die Beeinflussung von Strukturen beschränkte. Er intervenierte unmittelbar, auch in Zuständigkeitsbereiche der Fachbereiche. So wurden im Fachbereich Elektrotechnik jene Professuren geschaffen, die dann die Grundlage für den heutigen Schwerpunktbereich Mikroelektronik abgaben. Starnick zwang die Universität auch, nach außen zu blicken, sich zu öffnen. In seiner Amtszeit beteiligte sich die TU Berlin erstmalig an Messen und Ausstellungen; die internationalen Beziehungen wurden intensiviert. Aber auch viele "kleine Dinge" geschahen, etwa die Neuordnung des Presse- und Informationsreferates: Die TU-Zeitung und das Magazin "Forschung Aktuell" sind eine Innovation aus dieser Zeit.

Der Gedanke der ôffnung nach außen verband sich mit dem Willen zur Entkrampfung der Verhältnisse im Innern - nicht zuletzt in Festveranstaltungen: 1979 wurde das 100-jährige Jubiläum der Gründung der Hochschule als ein großes zweitägiges Fest begangen, mit einem Ausstellungsprogramm, an dem sich alle wissenschaftlichen Bereiche der Universität beteiligten. Es war das erste gesamtuniversitäre Fest seit mehr als zehn Jahren überhaupt. Es folgten große Ausstellungen zum Preussenjahr 1981 und zur Internationalen Bauausstellung 1984. Die Technische Universität Berlin war zu einem allseits wahrgenommenen Faktor im allgemeinen kulturellen Dialog der Stadt geworden.

Der nachdrücklichste Eindruck der Erinnerung an die Amtszeit des Präsidenten Jürgen Starnick ist vielleicht der eines außerordentlichen Tempos der Entscheidungen und der praktischen Umsetzung von Programmatik. Das charakterisiert im Rückblick auch seine auf die TU-Präsidentschaft folgende Rolle als Berliner Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz: Starnick setzte einen neuen Flächennutzungsplan durch, realisierte eine wichtige Neugestaltung des Tiergartens und half, die städtebauliche Diskussion Berlins auf den "zentralen Bereich" und damit wieder auf die historische Mitte Berlins hin zu orientieren.

Man kann sich angesichts heutiger Erfahrung von Stagnation der Dinge und Verhältnisse überall dieser Zeit nicht ohne Nostalgie erinnern - als einer Zeit, in der nicht nur an der Universität vieles möglich schien und vieles möglich wurde.

Karl Schwarz


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