NEU BERUFEN
Berlin - Stern oder Milchstraße? Mit dieser Frage beschäftigen sich zur Zeit die Studierenden von Professor Kees Christiaanse am Fachbereich Architektur. Es handelt sich dabei um einen Vergleich der Region des Ruhrgebiets mit der Region Berlin. Während Berlin ursprünglich eine sternförmige Stadt mit einem relativ dünn besiedelten Umfeld ist, findet man im Ruhrgebiet genau das Gegenteil - es ist eher die Milchstraße kleinerer Orte und Dörfer, die miteinander vernetzt sind. Berlin hat sich im Laufe der Geschichte, durch Krieg, Teilung und Wiedervereinigung jedoch verändert, so daß es heute durchaus auch als eine Ansammlung von Fragmenten gesehen werden kann. Die Studenten sollen Berlin aus der Sicht des Ruhrgebietes, d. h. der Fragmentierung betrachten, um aus dieser Sichtweise Ansätze für die Entwicklung Berlins zu gewinnen. Sie erarbeiten eigene Entwicklungspläne für ganz unterschiedliche Gebiete in der Stadt, seien es die Brachen im Stadtgebiet oder die Hauptverkehrsachsen mit ihrer Bebauung, die sich durch die Stadt ziehen. Kees Christiaanse, der zum Sommersemester 1996 seine Arbeit im Institut für Entwerfen, Baukonstruktion und Städtebau am Fachbereich Architektur aufgenommen hat, kommt es darauf an, daß seine Studierenden lernen, mit den verschiedenen Maßstäben zu arbeiten. Sie sollen auf der regionalen, auf der städtebaulichen, auf der mikrostädtebaulichen Ebene bis hin zum Gebäudeniveau Entwürfe anfertigen, damit sie ein Gefühl für die Beziehungen der unterschiedlichen Maßstäbe zueinander bekommen. Das Arbeiten in verschiedenen Maßstäben charakterisiert auch seine eigene Arbeit. Kees Christiaanse beschäftigt sich mit der Schnittstelle zwischen Städtebau und Architektur. "Geht es beim Städtebau eher um das Kollektive, versorgt die Architektur eher das Private" beschreibt Christiaanse den Zusammenhang zwischen diesen beiden Bereichen, bei denen der Städtebau gewisse Regeln für die Architektur aufstellt. In unterschiedlichen Teilen von Stadt und Land gibt es unterschiedliche Standorte mit bestimmten Charakteristiken. Ein Viertel aus der Gründerzeit verlangt eine andere Architektur als ein Garten- oder Citygebiet. Diese speziellen Eigenschaften fordern eine angemessene Bebauung, die die jeweilige Charakteristik verstärkt oder neutralisiert. Daher brauchen die Architekten für jeden Standort ganz genaue Vorgaben für die Architektur. Christiaanses Aufgaben liegen nun darin, eine städtebauliche Charakteristik von den unterschiedlich besiedelten Gebieten zu erarbeiten und städtebauliche Leitlinien aufzustellen. Es geht darum, für jeden Standort die speziellen Eigenschaften, die geschriebenen und ungeschriebenen Regeln zu analysieren, um daraus Folgerungen zu ziehen, wie sich das Gebiet städtebaulich entwickeln soll. Er schlägt bestimmte Baumaßnahmen vor, woran sich die Architektur, die sich in dem bestimmten Gebiet entwickelt, halten muß. Nicht nur an der TU Berlin beschäftigt sich Kees Christiaanse mit diesem Bereich der Architektur, auch in seinen Büros in Rotterdam und Köln wird vom großmaßstäblichen Städtebau bis zu einzelnen Gebäuden und der Innenarchitektur in allen Bereichen der Architektur gearbeitet. Erfahrungen im Hochschulbereich hat der 1953 in Amsterdam geborene Kees Christiaanse durch Gastprofessuren an verschiedenen Universitäten bereits gesammelt, die Professur an der TU Berlin ist für den hauptsächlich in der Praxis erprobten Architekten jedoch ein besonderer Reiz, da er nun Gelegenheit hat, seine Erfahrungen auch in Forschung und Lehre umzusetzen. Bettina Weniger © 2/'97 TU-Pressestelle [ ] |