Meinungen aus der Praxis
Harald Schmidt

Biotechnologie statt Blödelshow

Wenn er sich vorstellt und seinen Namen sagt, stutzen die Leute manchmal. Harald Schmidt, Namensvetter des bekannten TV-Unterhalters, hat damit aber überhaupt kein Problem. Erstens findet er die Blödelshows ganz unterhaltsam, und zweitens "behalten die Leute dadurch meinen Namen besser."

Und daß sich Leute seinen Namen merken sollen, kommt häufig vor, denn er hat viel mit Menschen zu tun. Harald Schmidt ist Redakteur von "BIOspektrum", einer Fachzeitschrift für Biotechnologie. In der Redaktion in Berlin sorgt er mit seinen zwei Kollegen dafür, daß monatlich Meldungen aus Wissenschaft und Wirtschaft, Übersichtsartikel und Verbandsnachrichten präsentiert werden. Harald Schmidt ist seit Januar letzten Jahres dabei und kümmert sich unter anderem um neue Entwicklungen und Verfahren, die in der Industrie entwickelt und angewendet werden. "Dafür recherchiere ich, gehe auf Messen und Ausstellungen, suche Beispiele aus, die für unsere Zeitschrift interessant sind."

Das nötige fachliche Know-how bringt er aus seinem Studium mit, denn Harald Schmidt ist Diplom-Biotechnologe. Studiert hat der gebürtige Münchener, der in Nürnberg aufgewachsen ist, an der TU Berlin. Als sich der biologiebegeisterte Abiturient 1988 an der TU Berlin über den Studiengang Biotechnologie informieren wollte, hätte er aufgrund einer falschen Auskunft beinahe nach Braunschweig ausweichen müssen, erinnert er sich. Aber dann klärte sich im Immatrikulationsamt doch die Frage nach NC und Anrechenbarkeit seines Zivildienstes, und er konnte den NC-Studiengang in Berlin beginnen.

"Eine schöne Zeit" war es für Schmidt, der jetzt seit genau einem Jahr im Beruf steht. Neben seinem Fachstudium nutzte er viele Möglichkeiten, "über den Tellerrand des eigenen Fachs zu schauen", besuchte Veranstaltungen in der Chemie, zur Bionik und zum Technologietransfer in Schwellen- und Entwicklungsländer. Und weil er gerne schreibt und ihm die Idee "Wissenschaftsjournalismus" verlockend erschien, besuchte er auch Seminare im Studiengang Medienberater. "Heute ärgere ich mich sogar, daß ich nicht noch mehr gemacht habe", erzählt Harald Schmidt, "denn nach der Uni hat man viel weniger Zeit, so viel für die Bildung zu tun, beispielsweise eine neue Sprache zu lernen."

Kaum Zeit blieb dem schreibenden Biotechnologen für den Übergang von Uni zum Beruf. Nachdem seine Freundin in der Berliner Morgenpost eine Anzeige für eine Redakteursstelle gesichtet hatte bewarb er sich noch während seiner Diplomarbeit und wurde - "trotz Kommafehler in der Bewerbung" - angenommen. Dann der "Sprung ins kalte Wasser" der Redaktionsarbeit und ein erstes Jahr, von dem der Berufseinsteiger sagt: "Ich mußte mir viel selber aneignen. Mein erstes Manuskript war ganz mit rot übersät. Heute dagegen geht es sehr viel routinierter." Die Idee, bereits an der Uni Kommunikations- und Medienfähigkeiten zu vermitteln sei gut, so Schmidt, aber das Handwerkszeug hätte er sich größtenteils selbst aneignen müssen. Interviewtraining oder Methoden der Informationsbeschaffung hätten leider im TU-Angebot gefehlt.

Nach seinem ersten Jahr im Beruf ist das Bild der TU Berlin in Harald Schmidts Kopf noch wach und die Kontakte lebendig. Über seine frühere Tätigkeit als Tutor kennt er noch Studierende, Freunde von ihm studieren oder promovieren noch an der TU. Der Blick auf die Universität hat sich allerdings etwas verändert: Aus seiner jetzigen Perspektive kommt ihm die Universität manchmal "ein bißchen wie Schule" vor. Die "Diplomatie am Arbeitsplatz" beispielsweise lerne man nicht an der Uni. Anders, so Schmidt, ist auch das Gefühl, "für bestimmte Aufgaben, Projekte und auch Menschen Verantwortung zu übernehmen", deutlich mehr Verantwortung, als es im Studium geübt werden konnte.

rs


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