NEU BERUFEN
| |||
Was haben Geowissenschaftler und Mediziner gemeinsam? Sie können
beide mit Hilfe moderner Geräte etwas sehen, was von außen
nicht sichtbar ist. So wie ein Arzt mit einem Ultraschallgerät
ins Innere seines Patienten schauen kann, so gibt es auch bei
den Geophysikern vergleichbare Geräte und Verfahren, mit
denen man unter die Erdoberfläche sehen kann, nämlich
die Seismik. Die Bilder, die dabei, aber auch bei anderen Meßverfahren
entstehen, geben u. a. Aufschluß über die Schichtung,
den Aufbau, über Rohstoffe, das Grundwasser und den Zustand
aber auch über elektrische, magnetische, thermische, gravimetrische,
mechanische und nukleare Eigenschaften des Bodens und der Gesteine.
Wie es unter der Erdoberfläche aussieht, weiß Prof. Dr. Ugur Yaramanci, seit Sommer 1996 Professor für das Fachgebiet Angewandte Geophysik am Institut für Angewandte Geowissenschaften II. Er bleibt bei seinen Messungen eher an der Oberfläche, d. h. bei Erdschichten von einigen hundert Metern Tiefe und untersucht die Böden darauf, ob, an welcher Stelle, mit was für einem Stoff und wie stark sie kontaminiert sind. "Bei den Forschungsarbeiten geht es darum, die Meßverfahren ständig zu verbessern, um somit noch genauer die Art und Menge der Kontamination erkennen zu können" erklärt er einen Bereich seiner Arbeit. Gefragt ist aber auch seine Meinung, ob es im Einzelfall sinnvoll ist, den Boden zu sanieren, da es auch Fälle gibt, bei denen eine Sanierung nicht notwendig ist, wenn z. B. der Stoff mit seiner Umgebung chemisch nicht agiert. Neben den Meßverfahren zur Kontamination bildet auch die Erarbeitung von Überwachungsverfahren, d.h. von kontinuierlicher Dauermessung, durch die eine Verseuchung des Bodens verhindert werden soll, einen wesentlichen Teil seiner Arbeit. "Laborgeophysik" - so läßt sich ein weiterer Schwerpunkt beschreiben, mit dem sich Ugur Yaramanci beschäftigt. Im Labor werden unter kontrollierten Bedingungen bestimmte physikalische Eigenschaften untersucht, um damit Zusammenhänge besser zu erkennen und zu beschreiben. Der dritte Schwerpunkt mit dem sich der neuberufene Geophysiker beschäftigt, hängt mit seinem wissenschaftlichen Werdegang zusammen. Sechs Jahre lang hat Prof. Yaramanci im GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit in Braunschweig gearbeitet und hier besonders im Forschungsbergwerk Asse, einem Bergwerk, das als Versuchsendlager für nuklearen Müll genutzt wird. Als Geophysiker hatte und hat er auch heute noch die Aufgabe, zu untersuchen, inwieweit sich das Salzgestein des Bergwerks als "Wirtsgestein" für nukleare oder auch chemisch-toxische Abfälle eignet. "Objektbezogene Geophysik" nennt man das, was er hier macht, wenn er auch heute noch unter Tage in diesem Bergwerk arbeitet. Sein Fachgebiet trägt also nicht umsonst den Titel "Angewandte Geophysik", anwendungsbezogen ist der Großteil seiner Arbeit tatsächlich. Ugur Yaramanci, 1950 in Istanbul geboren, hat an der TU Clausthal studiert und war hier von 1993 bis 1996 Professor für Petrophysik. Zwischen Studium und Professur arbeitete er jedoch an zahlreichen anderen Universitäten und Forschungseinrichtungen im In- und Ausland, so promovierte er z.B. an der University of Liverpool und habilitierte sich an der TU Istanbul. Der enge Bezug zur Praxis war für ihn ein besonderer Reiz, den Ruf an die TU Berlin anzunehmen, denn an kaum einer anderen deutschen Universität ist die Geophysik so anwendungsbezogen. Auch der neue Studiengang Geoingenieurwissenschaften und Angewandte Geowissenschaften ist in der Bundesrepublik bisher einzigartig; nicht nur daß das Studium sehr praxisbezogen ist, sondern das Spektrum der Ausbildung ist auch sehr breit. bw © 1/'97 TU-Pressestelle [ ] |