ARBEITSPLATZ UNI

Stagnation bei der Frauenförderung

Die Zentrale Frauenbeauftragte legt ihren Bericht für 1995/96 vor

Die Frauenförderrichtlinie als Instrument der Frauenförderung hat sich nur „teilweise“ bewährt. So lautet die Einschätzung der Zentralen Frauenbeauftragten an der TU Berlin

Keine Erfolge in den Bemühungen um die Gleichstellung der Frauen an der TU Berlin, frauenfeindliche Strukturen in natur- und ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen, keine Anerkennung der TU-Frauenbeauftragten durch die Hochschulleitung - der Bericht, den die zentrale TU-Frauenbeauftragte, Heidi Degethoff de Campos, für die Jahre 1995 und '96 vorgelegt hat, listet zahlreiche Kritikpunkte auf. Wie es an der TU Berlin um die Frauenförderung bestellt ist und was ihr Bericht enthält, faßt sie in ihrem folgenden Beitrag zusammen.

Das Thema Frauenförderung ist angesichts von Mittelkürzungen, Stellen- und Studienplatzstreichungen ein brisantes, wenn auch undankbares Thema. Schließlich ist Frauenförderung ohne Geld und Stellen nicht zu machen und wenn, wie zur Zeit, die Universität insgesamt um sinnvolles Überleben ringen muß, ist das Interesse an der Etablierung von Frauen in den verschiedenen Bereichen und Statusgruppen merklich zurückgegangen.

Mit diesen dürren Worten könnte der Bericht der zentralen Frauenbeauftragten der TU Berlin für die Jahre 1994 und 1995 zusammengefaßt werden, der im November und Dezember 1996 im Akademischen Senat und Kuratorium vorlag. Er ist der zweite seiner Art und umfaßt drei Schwerpunkte, nämlich die Situation der Frauen an der TU Berlin, den Stand der Frauenförderung und die Arbeit der Frauenbeauftragten.

Die Anzahl der Professorinnen stagniert seit Jahren bei 5,8 %, in den Jahren '94 und '95 wurde keine Professorin berufen. Noch immer ist mehr als die Hälfte aller Fachbereiche ohne Professorin, während wiederum die Hälfte aller Professorinnen sich 1. im Fachbereich Erziehungs- und Unterrichtswissenschaften und 2. in der unteren Besoldungsstufen befinden. Besondere Aufmerksamkeit genießt aus Gründen des angeblichen Mangels die Qualifikation des weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchses. Auch hier ist die TU-typische Verteilung sowohl horizontal nach Fachbereichen, wie vertikal nach Statusgruppen festzustellen. Pyramidenförmig verjüngt sich die Zahl nach oben und erreicht bei den C2-Stellen beinahe das Niveau des Professorinnen-Anteils. Im Hinblick auf die ab 1996 zu erwartende "Emeritierungswelle" ist der wissenschaftliche Mittelbau und hier insbesondere die Qualifikation des weiblichen Nachwuchses von eminenter Bedeutung, um den Anteil von Frauen bei den Professuren erheblich zu steigern. Die gegenwärtigen Mittelkürzungen wirken sich gerade hier verheerend aus, weil sie kurzfristig nur bei den befristeten Qualifikationsstellen umzusetzen sind. Mittel- und Stellenverknappung ziehen ein Absicherungsbedürfnis seitens der Professoren nach sich, die die wenigen verbleibenden Stellen eher an förderungswürdige Männer als an Frauen geben, weil letztere als eher "unsichere Kandidatinnen" gelten, deren Interessen nicht nur der Wissenschaft und der Karriere, sondern auch dem "eigentlichen Leben", d. h. der Familienplanung gelten. Werden dann zu allem Überfluß noch die Mittel für Vertretungen bei Schwangerschafts- und Erziehungsurlaub gesperrt, wie zur Zeit, ist der verfassungsmäßige Auftrag zur Gleichstellung von Frauen und Männern konterkariert.

In Zeiten restriktiver Finanzpolitik ist es darüberhinaus ungeheuer schwierig, die z. T. frauenfeindlichen Strukturen insbesondere in den natur- und technikwissenschaftlichen Studiengängen mit Hilfe von Studienreformprojekten offener und frauenfreundlicher zu gestalten. Das Bewahren des Bewährten steht im Vordergrund allen Planens und Handelns. Hier wäre sicher ein mutiger Blick in die Zukunft notwendig, denn die effiziente Nutzung des sog. "human capitals" muß auch die weiblichen Ressourcen einbeziehen.

Auch das nichtwissenschaftliche Personal der TU Berlin ist von Stellenabbau und Kürzungen bedroht. Ist schon der äußere Druck immens, so wird er noch verschärft durch Maßnahmen der Verwaltungsreform, die für das Gros der Mitarbeiterinnen bisher wenig transparent und in ihren Auswirkungen kaum nachvollziehbar verlaufen.

Die Frauenförderrichtlinie (FFR) ist seit beinahe zwei Jahren in Kraft, so daß ein vorläufiges Resümee gezogen werden kann: Danach hat sich die Frauenförderrichtlinie als Instrument der Frauenförderung nur teilweise bewährt. Die Umsetzung erfolgt nicht konsequent, Möglichkeiten der Kontrolle und Sanktionen fehlen. Vermutlich ist bis heute noch nicht in allen Bereichen der Selbstverpflichtungscharakter der FFR anerkannt. Hier wäre eine Vorbildfunktion seitens der Hochschulleitung wünschenswert und hilfreich, genauso wie eine wirksame Kontrolle bei der Umsetzung der Regelungen. Ein Beispiel ist hier die Entwicklung von Frauenförderplänen (FFP) in den Fachbereichen, die nur sehr zögernd und schleppend vorangeht und den dezentralen Frauenbeauftragten ihr Amt zusätzlich erschwert.

Abschließend sei bemerkt, daß trotz mangelnder Transparenz und trotz fehlender Akzeptanz der Frauenbeauftragten durch die Hochschulleitung die Auseinandersetzung mit der strukturellen Diskriminierung von Frauen in den Gremien der akademischen Selbstverwaltung ein ganz wesentliches Moment ist für die Wahrnehmung dieses Problems und seiner Beseitigung.

Mit anderen Worten: Ich wünsche mir für die Zukunft einen Perspektivenwechsel bei allen Verantwortlichen, der dazu führt, die Situation von Frauen an der TU Berlin in den Blick zu nehmen und entsprechende, die Interessen von Frauen berücksichtigende Entscheidungen zu treffen.

Heidi Degethoff de Campos


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