MEDIEN

Fireball - Licht im Dunkel des Internet

TU-Informatiker entwickeln den größten deutschen Internetsuchdienst

Seit Mitte Juni ist im Internet ein neuer Suchdienst verfügbar, der sich speziell um deutschsprachige WWW-Dokumente kümmert. Sein Name: "Fireball". Die Neuentwicklung stammt von Informatikern der TU Berlin im Rahmen einer Kooperation mit dem Hamburger Verlagshaus Gruner + Jahr. Fireball ist mit rund zwei Millionen indexierten Dokumenten der derzeit größte rein deutschsprachige Internet-Index.

Seit die Suchmaschine am 13. Juni offiziell in Betrieb genommen wurde, antwortete Fireball bereits auf über zwei Millionen Suchanfragen. Im Durchschnitt wird der Dienst rund 10000mal pro Stunde genutzt; in Spitzenzeiten registrieren die Fireball-Betreuer sogar 20000 Suchanfragen in der Stunde.

Das Fireball-Team: (oben v. l.) Helmut Oertel, Oli Kai Paulus und Eric Heymann sowie (unten) Nurhan Yildirim und Benhui Chen

Obwohl der Suchdienst erst in der zweiten Junihälfte auf dem Internet aktiv wurde, konnte sich Fireball bereits mit diesen Zugriffen auf Platz 2 der bestbesuchten deutschen Websites katapultieren. Wenn der Zuspruch anhält, erwarten die TU-Informatiker, daß sie im kommenden Monat auf Platz 1 vorrücken.

Unter der Adresse http://www.fireball.de finden sich neben dem Volltext-Index von über zwei Millionen deutschsprachigen Web-Dokumenten auch redaktionell geprüfte Surftips interessanter Angebote im WWW. Wer traurig ist, daß seine eigene Homepage oder eine andere wichtige Seite nicht indexiert wurde, dem wird bei Fireball auch geholfen. Denn man kann nach Belieben eigene Seiten angeben, die dann auch bei späteren Suchanfragen berücksichtigt werden.

Im Gästebuch geben die Macher/innen von Fireball außerdem Antworten auf Fragen zur Benutzung. Dort erklären sie etwa, wie man es schafft, daß ihr Suchdienst eine Seite nicht (!) in seinen Index aufnimmt. Das Gästebuch ist natürlich auch Platz für Lob und Kritik. Beim Blättern zeigt sich deutlich, wie positiv die Nutzer/innen auf das neue Angebot reagieren: Es finden sich fast nur zustimmende Beiträge.

Wem die zwei Millionen deutschsprachigen Dokumente, die Fireball im Volltext durchsucht, nicht reichen, kann direkt zur Suchmaschine Alta Vista der Firma Digital umschalten. Dort stehen dann mehr als 31 Millionen Dokumente weltweit zur Verfügung. Die Alta-Vista-Recherche-Antwort wird in diesem Fall im Layout von Fireball angezeigt.

Zu Finanzierung des neuen Angebots bietet der Betreiber - die Gruner + Jahr-Tocher Electronic Media Service - die Möglichkeit, Werbung zu schalten. Firmen können sich und ihre Produkte mit Bildschirmanzeigen auf den Fireball-Seiten präsentieren. Die Kosten für den Werbenden liegen bei 50 DM pro Tausend Zugriffe, ein Mindestvolumen von 10000 Zugriffen vorausgesetzt. Der Anspruch von EMS: "Für Werbekunden soll sich die neue Suchmaschine schnell zu einer der wichtigsten elektronischen Megasites im deutschen Sprachraum entwickeln."

Die Deutsche Telekom AG, die frühzeitig auf Fireball aufmerksam wurde, entschied sich ebenfalls, die Suchmaschine für ihren Dienst T-Online zu verwenden. Schon in der jüngsten Version des T-Online-Decoders, die Ende Juni ausgeliefert wurde, ist Fireball als Suchhilfe für die rund 1,5 Millionen T-Online-Nutzer integriert.

Fireball ist eine Weiterentwicklung des Suchdienstes "Flipper", den der chinesische Informatikstudent Benhui Chen im Rahmen seiner Diplomarbeit am Fachbereich Informatik aufgebaut hatte. Vor einem Jahr wurde Flipper als erster deutschsprachiger Suchdienst von der TU Berlin in Betrieb genommen und fand schnell breiten Zuspruch (siehe auch TU intern Juli '96, Seite 6: "Flipper fischt im Internet"). Anfang dieses Jahres mußten die TU-Informatiker ihrem Kind einen neuen Namen geben, weil eine private Firma auf ihre älteren Namensrechte pochte. Fortan hieß der flinke Suchdienst Kitty - nach der Projektgruppe KIT, die das Angebot betreut.

Aufgrund des großen Erfolges von Flipper/Kitty entschied sich die Gruner + Jahr-Tocher Electronic Media Service (EMS) im vergangenen Jahr für eine Zusammenarbeit mit der KIT-Projektgruppe von Professor Bernd Mahr. Die Softwarentwicklung unter der Leitung von TU-Informatiker Oli Kai Paulus bestand in der Implementierung der zentralen Komponenten des Dienstes sowie der Integration der kommerziellen Softwarepakete. Verwendet wurden die auch in AltaVista Search eingesetzte Suchmaschine der Firma Digital sowie die relationale Datenbank Oracle Workgroup Server. Flipper-Vater Benhui Chen entwickelte das verteilte, parallele Robotersystem, das pro Prozessor mehrere hunderttausend Dokumente täglich verarbeiten kann. Helmut Oertel entwarf und implementierte die Gesamtarchitektur des Dienstes sowie eine komfortable Verwaltungssoftware zur Schaltung von Werbebannern und zur Online-Analyse von Zugriffen darauf. Nurhan Yildirim entwickelte die Software zur Sprachidentifikation, mit der die Roboter deutschsprachige Dokumente erkennen. Sie verwendet Wörterbücher und statistische Verfahren (Markov-Modelle). Eric Heymann ist für den gesamten Sicherheits- und Auswertungsbreich zuständig, sowie für die Konfiguration des System auf der 64-Bit-Hardware-Basis der Firma Digital.

rs


© 7-9/'97 TU-Pressestelle [ ]