MEDIEN

"In einem Ton, der an Nötigung heranreicht"

Merkwürdige Post erhielten einige TU-Professoren und -Professorinnen im Mai. Zunächst mit einem einfachen Brief, dann per Einschreiben forderte die "Business Software Alliance" (BSA) die Hochschullehrer auf, ihre Softwarebestände zu überprüfen, in einem mitgesandten Leitfaden zu inventarisieren und diesen bis zum 9. Juni 1997 zurückzusenden.

Die BSA ist eine weltweite Vereinigung von Software-Herstellern, der Firmen wie Adobe Systems, Lotus Development, Microsoft und Novell angehören. Ziel der seit sechs Jahren bestehenden Initiative ist es, die Nutzung von Software-Raubkopien zu verhindern, insbesondere in Unternehmen. Die Briefaktion, die sich an 10000 Unternehmen in Deutschland wendet , ist eine ihrer Aktivitäten.

Befremdend ist der Stil des Schreibens. Es ist "in einem an den Bereich der Nötigung heranreichenden Ton abgefaßt", lautet die Einschätzung der TU-Rechtsabteilung.

In dem Schreiben weist der BSA-Sprecher in Deutschland, Dirk Schmidt, auf die Strafbarkeit illegalen Softwareeinsatzes hin und behauptet, auf der Grundlage des § 809 des Bürgerlichen Gesetzbuches seien "zivile Durchsuchungen ohne Vorankündigung" möglich, um nach schwarzkopierter Software zu suchen. Stimmt nicht, sagt die TU-Rechtsabteilung. Derartige Durchsuchungen seien nur im Rahmen eines Strafermittlungsverfahrens möglich, erfordern dann aber einen konkreten und dringenden Tatverdacht.

Einschüchternd wirkt auch der Hinweis, daß der Empfänger des Briefes in seiner Funktion "als Geschäftsführer" gegebenenfalls für die möglichen rechtlichen Konsequenzen einstehen müßte.

Der Hinweis der Rechtsabteilung: Falls Sie ein Schreiben der ASB erhalten haben, gehen Sie nicht darauf ein! Es besteht keinerlei Verpflichtung, Auskünfte darüber zu geben, welche Software wo eingesetzt wird. Die Weitergabe solcher Informationen könne sogar eine Dienstpflichtverletzung der "wohlmeinenden" Betroffenen sein.

Die Münchner Hotline der BSA bestätigte am 5. Juni auf Nachfrage, daß "absolut keine Konsequenzen" zu fürchten seien, wenn man das Anschreiben ignoriere. Es sei eine rein freiwillige Aktion. Zur Beantwortung weiterer Fragen wurde TU intern um eine Fax-Anfrage gebeten, die bis zum 10. Juni von der Business Software Alliance nicht beantwortet wurde.

René Schönfeldt


© 6/'97 TU-Pressestelle [ ]