MEINUNGEN AUS DER PRAXIS
Holger Kabelitz

Erfinder und Unternehmer

Holger Kabelitz ist einer, an dem Wirtschaftssenatoren, Forschungsminister und Bundeskanzler ihre Freude haben. Der promovierte Maschinenbauer ist nämlich nicht nur Erfinder, sondern gleichzeitig Unternehmer. Seit zwei Jahren ist er Chef einer kleinen High-Tech-Firma und ein gutes Beispiel dafür, wie die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Wirtschaft aussehen kann.

Kabelitz, der an der TU Berlin Maschinenbau studierte und als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Feinwerktechnik arbeitete, ist Spezialist für Dehnungsmeßstreifen. Das sind dünne, metallbeschichtete Kunststoffolien, die in der Industrie seit mehr als 50 Jahren zu Meßzwecken eingesetzt werden. Man kann sie beispielsweise auf Fahrzeugkarosserien, Maschinenteile oder Brücken kleben und kleinste Veränderungen oder Verschiebungen messen. Bei Stauchungen oder Dehnungen bewegen sich die Meßstreifen nämlich mit und ändern ihren elektrischen Widerstand - eine Eigenschaft, über die man die Materialbewegungen elektrisch messen kann.

Mit Doktortitel und intensiver Forschungserfahrung in Sachen Dehnungsmeßstreifen verließ Kabelitz 1993 die TU Berlin und wagte den direkten Sprung ins Unternehmertum. Zuerst in den eigenen vier Wänden in Berlin, dann ab 1994 mit der eigenen Firma ME Meßtechnik GmbH im Technologiepark COTEC bei Cottbus " denn die Mieten des im Wald gelegenen Gewerbegebietes waren erschwinglich, und die Architektur der an eine Doppelpyramide erinnernden Gebäude sagte dem Firmengründer zu.

Im Mittelpunkt der Arbeit stehen die von Holger Kabelitz weiterentwickelten und patentierten Meßstreifen, sogenannte magnetoelastische (ME) Meßstreifen. "Sie sind rund tausendfach empfindlicher als herkömmliche Meßstreifen", erklärt der Erfinder. Für diese Leistung erhielt er im vergangenen Jahr sogar den Innovationspreis der Länder Berlin und Brandenburg.

Meßstreifen und damit ausgestattete Meßgeräte liefert das Fünf-Personen-Unternehmen derzeit hauptsächlich an Maschinenbaufirmen in Deutschland. Die Schweiz und Frankreich sollen als neue Märkte erschlossen werden. Auch Forschungseinrichtungen und Universitäten zählen zu den ME-Kunden. Beispielsweise die Brandenburgische Technische Universität (BTU) in Cottbus. Einige der ME-Mitarbeiter kommen von dort, mit BTU-Professoren unterhält Kabelitz Kontakte und gemeinsame Projekte. In einem An-Institut der Universität nutzt er Geräte und Apparaturen.

Mit der TU Berlin steht er in Kontakt über ein Forschungsprojekt von TU-Professor Helmut Siekmann vom Institut für Maschinenkonstruktion. Das Cottbuser Unternehmen liefert Meßtechnik zum Selbstkostenpreis, und die Berliner Wissenschaftler setzen sie für die Vibrationsanalyse an Pumpgehäusen ein. Im Gegenzug erhält er Einblicke in neueste Forschung.

Und wie schätzt er heute seine universitäre Ausbildung ein: War die Hochschule eine gute Voraussetzung für die Karriere als High-Tech-Unternehmensgründer? "Sie hat mir das notwendige Grundwissen vermittelt und eine fundierte Ingenieurausbildung." Viel zu wenig Aufmerksamkeit werde aber dem Thema "Verkaufen" gewidmet. "Das hat bei Ingenieuren immer noch ein schlechtes Image", so Kabelitz. Und das obwohl die meisten Absolventen später gar nicht in der Entwicklung, sondern eher im Verkauf und Marketing arbeiteten. Da seien entsprechende Seminare für Gesprächsführung, Verhandlungstechnik und Präsentation gefordert.

rs


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