FORSCHUNG

"Frauen sind anders krank"

Frauen haben eine deutlich längere Lebenserwartung als Männer, aber sie fühlen sich subjektiv kränker als Männer, gehen häufiger zum Arzt, bekommen mehr Medikamente verschrieben und leiden eher unter seelischen Beschwerden. Sind sie tatsächlich kränker, oder sind sie nur "empfindsamer" als Männer und kümmern sich mehr um ihre Gesundheit, damit schwere Krankheiten gar nicht erst auftreten?

Mit dieser Frage hat sich Prof. Dr. Ulrike Maschewsky-Schneider am Institut für Gesundheitswissenschaften beschäftigt (siehe Rubrik "Neu berufen" in dieser Ausgabe). In einem soeben erschienen Buch mit dem Titel "Frauen sind anders krank. Zur gesundheitlichen Situation der Frauen in Deutschland" veröffentlicht sie die Ergebnisse ihrer Arbeit.
Der Blick auf die Datenlage zur Gesundheit der Frauen in Deutschland zeigt, wie diese scheinbar widersprüchliche Situation verstehbar wird. Im Gegensatz zu den Männern versterben deutlich weniger Frauen in jungen Jahren an Herzinfarkt und Krebs - den Haupttodesursachen überhaupt. Ihr gesundheitlicher Vorteil scheint zum einen in ihrer hormonellen Situation begründet zu sein. Frauen sind bis zur Menopause durch die körpereigenen Östrogene gegen den Herzinfarkt geschützt. Darüber hinaus leben Frauen gesünder, was sich positiv auf die Risikofaktoren auswirkt. Sie rauchen weniger als Männer (28 % Frauen gegenüber 39 % Männer) und haben weniger häufig Bluthochdruck (22 % Frauen gegenüber 25 % Männer), allerdings treiben Frauen seltener Sport als Männer: 48 % der Frauen machen keinen Sport, bei den Männern sind es nur 38 % Prozent, die sich nicht sportlich betätigen.

Jedoch verschlechterte sich im Zeitraum von 1984 bis 1991 bei den Frauen die Situation der Risikofaktoren, denn der Anteil der Frauen, die mindestens zwei der Risikofaktoren haben, nahm um 14 % zu.

Eine besonders schlechte gesundheitliche Situation haben Frauen aus unteren Bildungs- und Sozialschichten. Im Vergleich zu den besser gestellten Frauen rauchen sie häufiger (35 % gegenüber 24%), leiden häufiger unter Bluthochdruck (26 % gegenüber 12 %), haben starkes Übergewicht (29 % gegenüber 9 %) und betreiben seltener Sport (kein Sport 67 % gegenüber 34 %). 43 % der Frauen aus unteren Sozialschichten weisen mindestens zwei Risikofaktoren auf, während es bei den besser gestellten Frauen nur 20 % sind.

Deutlich wird demnach in der Studie, daß die Benachteiligung von Frauen aus unteren Bildungs- und Sozialschichten mit einer gesundheitlichen Benachteiligung einhergeht.

Das Buch ist soeben erschienen und kostet 38 DM. Ulrike Maschewsky-Schneider: "Frauen sind anders krank. Zur gesundheitlichen Situation der Frauen in Deutschland", Juventa Verlag, 212 Seiten.

bw


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