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Von Slaby zum Handy: 100 Jahre drahtlose Nachrichtenübertragung

Adolf Slaby (1849-1913,r.) war der erste Elektrotechnik-Professor an der TH Charlottenburg. Er erforschte auch die Nachrichtenübertragung per Funk

Wer heute sein Handy zum Telefonieren ans Ohr hält, denkt kaum daran, wie lange es die drahtlose Nachrichtenübertragung bereits gibt. Vor genau hundert Jahren, Ende Juni 1897, führte Adolf Slaby die ersten funktechnischen Versuche zur Nachrichtenübertragung in Deutschland durch. Dem Elektrotechnik-Professor an der Technischen Hochschule Charlottenburg gelang es, vom Hauptgebäude der TH - dem heutigen TU-Hauptgebäude - Funksignale bis zum einige Hundert Meter entfernten Salzufer zu übertragen.

Wenige Wochen zuvor, im Mai 1897 hatte Slaby an funktechnischen Versuchen des Italieners Guglielmo Marconi teilgenommen, dem es am Bristolkanal in England gelungen war, Nachrichten drahtlos über fünf Kilometer zu senden. Diesen Versuch baute der TH-Professor in Charlottenburg nach und verwirklichte damit die erste drahtlose Funkübertragung in Deutschland.

Die Apparatur, die Slaby nachgebaut hatte, nutzte einen senkrecht aufgehängten Antennendraht zum Senden. Mit einem sogenannten Funkeninduktor, der mit der Antenne verbunden war, baute Slaby zwischen zwei Metallkugeln eine elektrische Spannung auf, die bei ihrer Entladung einen elektrischen Funken erzeugte und damit in der Antenne eine elektromagnetische Welle hervorrief. Die elektromagnetische Welle pflanzte sich vom TH-Hauptgebäude aus fort und wurde von einer Antenne empfangen, die auf einem Wasserturm der Chemischen Fabrik A. Beringer am Salzufer angebracht war. Herzstück des dortigen Empfangsgeräts war ein kleines Glasröhrchen, das mit einer dünnen Schicht Nickelspäne gefüllt war - der sogenannte "Fritter", wie Slaby ihn taufte. Durch das Auftreffen der elektromagnetischen Wellen verringerte sich sein elektrischer Widerstand und schloß dadurch einen elektrischer Stromkreis, der per Klöppel eine Glocke anschlug. Sobald im TH-Hauptgebäude die Morsetaste am Sender gedrückt wurde, klingelte daher am Salzufer die Glocke - die Übertragung war gelungen.

Wenig Freude an den Versuchen hatten allerdings die Telefonbesitzer in Charlottenburg: Slabys Funksignale hatten nämlich auch auf die Telefon-Oberleitungen des Stadtviertels gewirkt und die Fernsprechverbindungen so gestört, als ob sich ein Gewitter über Charlottenburg entladen hätte.

Slaby, der bei seinen wissenschaftlichen Forschungen intensiv vom deutschen Kaiser Wilhelm II. unterstützt wurde, überbrückte bei folgenden Versuchen die 1,4 Kilometer Luftlinie zwischen der Heilandskirche in Sakrow und der Matrosenstation an der Glienicker Brücke. Im Oktober 1897 gelang ihm eine Nachrichtenübertragung zwischen Rangsdorf und dem 21 Kilometer entfernten Schöneberg - für kurze Zeit der Entfernungsweltrekord in der Funkübertragung!

Die von Marconi entwickelte und von Slaby später weiterentwickelte Übertragungstechnik, die mit elektrischen Funken arbeitete, wurde noch bis ins erste Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts erforscht und eingesetzt. Dann wurde sie durch andere, funkenlose Methoden zur Erzeugung elektromagnetischer Schwingungen abgelöst. Geblieben ist jedoch der Begriff "Funken" für die drahtlose Nachrichtenübertragung.

René Schönfeldt

Zur Erinnerung an die Charlottenburger Funkversuche veranstaltet das Institut für Nachrichtentechnik und Theoretische Elektrotechnik ein Kolloquium. Neben Vorträgen steht auch eine Demonstration des Slaby-Versuchs mit nachgebautem Empfänger und Sender auf dem Programm. Das Kolloquium findet am Mittwoch, dem 28. Mai, im Hörsaal FT 131, Einsteinufer 25, statt. Beginn ist 16 Uhr. Weitere Infos: Prof. Dr. Peter Noll (Tel. 314-2 33 26), Prof. Dr. Gerhard Mönich (314-2 46 68) und unter http://www-ft.ee.tu-berlin.de/index.htm


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