NACHGEFRAGT
Ist die Nachwuchsförderung am Ende?
Seit zwölf Jahren fördert das Land Berlin den wissenschaftlichen Nachwuchs im Rahmen des Nachwuchsförderungsgesetztes, kurz: Nafög. Zwischen siebzig und einhundert junge Graduierte mit einem hervorragenden Examen erhielten für ihre Promotion Monatsstipendien von 1400 DM. Nachdem die Nafög-Gelder schon während der Berliner Haushaltssperre Anfang des Jahres Einschnitte hinnehmen mußten, geht es nun weiter. Im Berliner Haushalt für das kommende Jahr wurden Nafög-Mittel erneut gekürzt, dieses Mal um 900000 DM. Damit stehen nur noch 4,2 Millionen DM zur Verfügung. TU-intern-Redakteur René Schönfeldt fragte Wissenschaftssenator Peter Radunski, was aus dem Nafög werden soll. Die Hochschuletats in Berlin haben Sie schon bis über die Schmerzgrenze zusammengestrichen. Jetzt streichen Sie weiter. Warum haben Sie jetzt die Nachwuchsförderung als Sparposten entdeckt? Durch die Hochschulverträge sind die Zuschüsse an die Universitäten und Fachhochschulen bis zum Jahre 2000 definitiv festgelegt. Hier wird es also in den nächsten Jahren keine zusätzlichen Kürzungen geben. Da das Land Berlin sich nach wie vor in einer schwierigen Haushaltslage befindet, müssen alle Senatsverwaltungen weiterhin sogenannte Konsolidierungsbeiträge erbringen. Für Wissenschaft, Forschung und Kultur zusammen sind das im Jahre 1998 Einsparungen von rund 30 Millionen DM. Da auch im Bereich der Forschung durch die Mischfinanzierung von Bund und Ländern Kürzungen vermieden werden konnten, mußten wir schweren Herzens 900000 DM bei der Nachwuchsförderung streichen. Es sind aber noch immer 4,2 Millionen DM im Nafög-Topf. Das ist mehr als in vielen anderen Bundesländern. Wieviel Stipendien werden Sie im nächsten Jahr noch vergeben können? Im nächsten Jahr werden immerhin 60 bis 70 neue Stipendien vergeben werden können. Insgesamt können mit den 4,2 Millionen DM jährlich 290 Stipendiaten unterstützt werden. Die Einschränkung der Nachwuchsförderung bedeutet, daß es erneut weniger Möglichkeiten für den sehr guten wissenschaftlichen Nachwuchs gibt, für eine Promotion in Berlin Unterstützung zu bekommen. Haben Sie nicht Angst, daß die wissenschaftlichen Stars von morgen der Hauptstadt den Rücken kehren und Berlin auf lange Sicht zur Forschungsprovinz wird? Die Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Stadt ist gegenwärtig sicherlich nicht einfach. Ich bin jedoch fest davon überzeugt, daß es keine "Abwanderungswelle" geben wird. Wir haben beispielsweise in den Hochschulverträgen bewußt das Instrument der Überbrückungsfinanzierung vorgesehen, damit bei problematischer Finanzlage ein Einstellungskorridor im wissenschaftlichen Mittelbau offen gehalten werden kann. In Berlin wird im übrigen immer wieder übersehen, daß auch andere Bundesländer im Hochschulbereich sparen müssen. Beim Nafög liegen wir hinsichtlich der Finanzausstattung auch jetzt noch im oberen Bereich der deutschen Länder. Professor Peter Steinbach, der Vorsitzender der Berliner Kommission zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, sagt: "Wenn jetzt 900000 Mark zur Streichung vorgesehen sind, muß dies langfristig zum Ende des gesamten Programms führen." Was halten Sie von dieser Einschätzung? Noch einmal: Mit 4,2 Millionen DM im Jahr werden immer noch 290 Stipendien im Jahr vergeben. Von einem "Ende" des Stipendienprogrammes kann also keine Rede sein. Was raten Sie den jungen Nachwuchswissenschaftlern und -wissenschaftlerinnen, die jetzt einen Weg suchen, um ihre Promotion zu finanzieren: Jobben, Berlin verlassen oder andere Geldquellen erschließen? Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler sollten sich wie gehabt bei der Nafög-Kommission bewerben. Gleichzeitig gibt es eine ganze Reihe von Stiftungen und Einrichtungen, die ebenfalls Stipendien vergeben. Informationen hierzu gibt es in der Pressestelle und auf der Internet-Homepage meiner Verwaltung. Besteht die Möglichkeit, daß die Einsparungen von 900000 DM noch verringert oder aufgehoben werden, oder ist die Entscheidung für 1998 endgültig? Über den 98er Haushalt wird das Abgeordnetenhaus im Dezember entscheiden. Insofern sind Änderungen an den Senatsbeschlüssen noch möglich. © 10/'97 TU-Pressestelle [ ] |