CAMPUS-UMFRAGE
Wirklich die richtige Wahl?Was TU-Profs von Auswahlgesprächen halten Die deutschen Hochschulen sollen "fit werden für das 21. Jahrhundert". Das ist der Wunsch, den Bundesbildungsminister Rüttgers mit seinem Entwurf für ein neues Hochschulrahmengesetz (HRG) verbindet. Das Papier, das Ende September vom Bundeskabinett gebilligt wurde, enthält auch neue Gedanken dazu, wie Studierende und Professoren auf ihre Plätze und Posten kommen. Wer in Zukunft Professor oder Professorin werden will, soll auch entsprechende pädagogische Qualitäten vorweisen. Was die künftigen Studierenden angeht, so sollen die Hochschulen in Zukunft rund 20 Prozent der Studienplätze in zulassungsbeschränkten Studiengängen selbst auswählen können. Das betrifft derzeit zum Beispiel Betriebswirtschaftslehre, Psychologie oder Architektur. Um ihre künftigen Studierenden auszusuchen, schlägt das neue HRG den Hochschulen einige Methoden vor: Sie können die Abiturnoten der Bewerber/innen besonders gewichten oder berufliche Qualifikation als Plus werten. Und sie können Auswahlgespräche führen. Auswahlgespräche sind aber aufwendig. TU intern horchte sich bei einigen Professoren um, was sie von solchen Gesprächen halten.
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Hans-Joachim Harloff, Psychologie |
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Wolfgang Arlt, Verfahrenstechnik |
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Christof Helberger, Volkswirtschaftslehre |
Sicherlich ist ein "handverlesenes" Auswählen mit Arbeit verbunden. Dennoch befürworte ich die Auswahl der Studentinnen und Studenten durch die Universitäten. Solange die Ausbildungsplätze knapp sind - insbesondere in den begehrten Studiengängen und Studienorten -, muß es irgendein Auswahlverfahren geben. Die Auswahl durch die Universitäten ist ein Verfahren, bei dem viel Information situationsbezogen berücksichtigt werden kann. Es sollte daher effizienter sein als andere Verfahren. Außerdem erhöht es die Verantwortlichkeit auf beiden Seiten. Bei einem Auswahlgespräch kann man nicht jeder Bewerberin und jedem Bewerber dieselben Fragen stellen. Es sollte auf der Basis der Bewerbungsunterlagen ein kurzes Prüfungsgespräch geführt werden, in dem es vor allem um die Vorleistungen der Bewerberin bzw. des Bewerbers , die Lernfähigkeit und die Motivation geht.
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Raimar Seefluth,
Maschinenbau |
Grundsätzlich habe ich nichts gegen Auswahlgespräche, da ich solche Gespräche bereits seit zwölf Jahren für den Deutschen Akademischen Austauschdienst führe und gute Erfahrungen damit gemacht habe. Ein Auswahlgespräch mit Studienbewerbern hätte den Vorteil, daß man einen ersten Kontakt zwischen Studierenden und Professoren schafft. Bewerber, bei denen ich Bedenken hätte, würde ich versuchen umzustimmen. Für sehr wichtig halte ich die Frage, mit welchen Motiven sich die Studienbewerber für das Fach entschieden haben. Hierbei kann man erkennen, ob ihre Vorstellungen der Realität des Studiums und des Berufslebens entsprechen. Inhaltlich würde mich interessieren, was die jungen Leute in der Schulzeit gemacht haben und wie sie z. B. in Mathematik und Physik waren, denn das sind für den Maschinenbau wichtige Fächer.
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Bernd Mahr, Informatik |
Die Hoffnung, über Auswahlgespräche die richtigen Studenten an die Universitaet holen zu können, ist zwar gut begründbar, scheint mir aber doch nur eine Illusion zu sein. Man findet unter den Studienbewerbern nur diejenigen heraus, die das Auswahlgespräch bestehen. Ein erfolgreiches Studium zu absolvieren, verlangt etwas anderes: Selbstvergessenheit, Durchhaltevermögen und die Fähigkeit, ein intellektuelles Rückgrat zu entwickeln. Ich würde über Sprache, Mathematik, Architektur und Musik sprechen und fragen, was der Bewerber tut, wenn die Prüfungsordnung das Studium eines Faches x verlangt, x aber nicht als Lehrveranstaltung angeboten wird. Meine Auswahl würde intellektuelle Köpfe bevorzugen. Damit hätte ich aber wahrscheinlich nicht die richtige Auswahl getroffen.
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