TU intern - April 1998 - Studium
Gäste aus PolenSeit 1991 finden regelmäßig Begegnungen zwischen dem TU-Fachbereich Erziehungs- und Unterrichtswissenschaften sowie dem Pädagogischen Institut der Universität Stettin statt. In diesem Rahmen trafen sich im Dezember 1997 Studierende beider Universitäten beim sechsten Deutsch- Polnischen Workshop. Ziel der Veranstaltung war es, "Studentisches Leben in Berlin" zu erkunden und "Das deutsche Schulsystem" kennenzulernen. Eindrücke und Beobachtungen einer polnischen Teilnehmerin des Workshops werden hier wiedergegeben: Acht polnische Studentinnen und Studenten hatten im Dezember die Möglichkeit, eine Woche in Berlin zusammen mit den deutschen Studierenden zu verbringen. Das Studium in Deutschland ist im Vergleich mit dem polnischen weniger verschult. Es ist nicht fest vorgeschrieben, welche Kurse in welchem Semester belegt werden müssen. Wie ich einem Vorlesungsverzeichnis entnehmen konnte, haben die Seminare und Vorlesungen im Bereich der Erziehungswissenschaften andere Inhalte als in Polen und scheinen praxisbezogener zu sein. Leider hatten wir keine Möglichkeit eine Veranstaltung zu besuchen, da der Lehrbetrieb an der TU im Dezember wegen des studentischen Streiks nicht stattfinden konnte. Diese besondere Form des studentischen Protestes stellte eine für uns ungewöhnliche Erfahrung dar und gab uns die Möglichkeit, an Vollversammlungen, Demonstrationen, Straßenseminaren u. a. teilzunehmen. Der Streik war häufiges Gesprächsthema zwischen den deutschen und polnischen Studentinnen und Studenten und führte dazu, daß sich der Schwerpunkt des Workshops verlagerte. In unseren Diskussionen stellte sich die Frage, ob ein solcher Streik in seiner Breite und Vielfalt auf die bildungspolitischen Entscheidungen eines Landes Einfluß nehmen kann. Von besonderem Interesse für uns war der Paragraph 11 des Berliner Hochschulgesetzes, der Möglichkeiten eröffnet, auch ohne Abitur zum Hochschulstudium zugelassen zu werden. Voraussetzung hierfür ist eine sechsjährige Berufserfahrung im pädagogischen Bereich. Diese Bildungschance ist für uns sehr interessant; sie eröffnet einerseits den Berufstätigen die Möglichkeit, sich weiterzubilden und zu qualifizieren, andererseits stellen die praktischen Erfahrungen der Studierenden eine Bereicherung für den Fachbereich dar. Darüber hinaus richtete sich unser Augenmerk auf die Ausstattung der TU Berlin mit technischen Geräten, sozialen Einrichtungen und ihrer Bibliothek. Natürlich scheint die TU im Vergleich zu unserer Universität besser ausgestattet zu sein, insbesondere der Bücherbestand in den Fachgebietsbibliotheken. Viel besser ist auch die soziale Versorgung mit Beratungsstellen, die eine wichtige Rolle im Leben der Studierenden spielen und große Hilfen leisten. Leider gibt es solche Beratungsstellen an den polnischen Universitäten nicht, wodurch die Studierenden bei vielen Problemen auf sich selbst angewiesen sind. Angenehm aufgefallen ist uns während des Aufenthalts in Berlin das gute Verhältnis der StudentInnen und DozentInnen untereinander, die sich nach unseren Beobachtungen weniger distanziert verhalten, wodurch eine angenehmere Arbeitsatmosphäre geschaffen wird. Während der fünf in Berlin verbrachten Tage haben wir leider nicht alle Aspekte des Berliner Studentenlebens kennenlernen können. Die Vielfalt der Thematik ermöglichte uns nicht, sie im Ganzen zu behandeln. Trotzdem war der Workshop für uns polnische TeilnehmerInnen ein schönes Erlebnis. Wir haben viel Neues über unsere deutschen Nachbarn erfahren und viele Anregungen für das Studium in Polen mitgenommen. Wir danken auf diesem Wege Frau Professorin Marburger und Herrn Professor Weber sowie den TutorInnen für die herzliche Aufnahme und die gute Organisation. Wir hoffen auf eine weitere Zusammenarbeit der beiden Universitäten.
Szczecin, Dezember 1997 © 4/'98 TU-Pressestelle [ ] |