TU intern - April 1998 - Studium

Wider den Reformstau

Neuer Wind für Initiativen in Lehre und Studium

Studieren einmal anders: Die Projektwerkstatt "Heißwasserrakete Aquarius" macht's möglich

Frühlingsanfang - nicht nur Bäume, Sträucher und Blumen sprießen, auch das zarte Pflänzchen der Studienreform schiebt wieder einen kleinen Sproß vor. Im Dezember beschloß das Präsidium der TU, das Studienreformprogramm von 1989, das in den letzten Jahren arg ausgetrocknet worden war, trotz knapper Ressourcen wiederzubeleben, nachdem es im letzten Jahr extern positiv evaluiert worden war. Auch für das 1986 begründete Innovationstutorienprogramm wurden wieder Mittel bereitgestellt. Die TU-Öffentlichkeit erfuhr hiervon durch eine knappe Ankündigung in der Dezember-Ausgabe von TU intern.

ZWEI VERSCHIEDENE INSTRUMENTE

Im Rahmen von Studienreformprojekten werden den Fachbereichen vorübergehend zusätzliche Personal- und Sachmittel zur Verfügung gestellt, um neue Lehr- und Lernformen zu erproben, Internationalisierung, Interdisziplinarität, Teamfähigkeit, Frauenförderung sowie die Integration von Berufspraxis und Studium sowie Forschung und Studium voranzutreiben. In der Vergangenheit waren dies z.B. das Planspiel als Einführung in den Studiengang Technischer Umweltschutz und das Projektseminar im Hauptstudium Maschinenbau. Voraussetzung ist die Zusage des Fachbereichs, das Projekt im Erfolgsfall in die Regellehre zu übernehmen. Zum anderen gibt es die Projektwerkstätten oder Innovationstutorien, die Studierenden unter der Anleitung von studentischen Hilfskräften die Möglichkeit geben, eigenverantwortlich selbst gewählte, praktische und innovative Projekte zu bearbeiten. Sie orientieren sich am Leitbild einer sozial nützlichen, umweltverträglichen Wissenschaft und Technik. Häufig wird hier im Bereich regenerativer Energien gearbeitet. Die Laufzeit beträgt in der Regel zwei Jahre, sie ist aber verlängerbar.

NÄCHSTER TERMIN: 1. JUNI

Neu am Antragsverfahren sind die festen Termine (nächster Termin: 1. Juni 98), ein festes Budget und die Übertragbarkeit der Mittel, so daß verschiedene Anträge miteinander konkurrieren müssen. Alfred Heilhecker, im Planungsstab des Präsidenten für Lehre zuständig (Pl 5), berät bei der Antragstellung und nimmt die Anträge auch offiziell entgegen. Anschließend werden sie dann von der Kommission für Lehre und Studium (LSK) inhaltlich begutachtet. Die abschließende Entscheidung über die Förderung liegt bei Vizepräsident Christian Thomsen.

Zum 1. Februar gingen Anträge auf insgesamt fünf Studienreformprojekte und vier Projektwerkstätten ein. Eine Unterkommission der LSK brachte die Anträge innerhalb eines Monats durch Rücksprachen mit den Antragstellern zur Beschlußreife. Alle Anträge konnten letztlich befürwortet werden, jedoch mußten einige Projekte gekürzt werden. Zwei weitere Anträge wurden zunächst zurückgestellt, da sie zu spät eingingen und noch zu umfangreicher Klärungsbedarf bestand.. Alle Projekte laufen über zwei Jahre. Nach einem Jahr und nach Ablauf des Projekts sind Berichte vorzulegen. Vizepräsident Thomsen hat alle Beschlüsse der LSK übernommen. Für den nächsten Antragstermin am 1. Juni verbleiben noch Mittel.

Das Studienreformprojekt "Computerübungen in der Theoretischen Physik" wird mit drei studentischen Hilfskräften à 40 Stunden ausgestattet, so daß ein begleitender Computereinsatz in dieser Lehrveranstaltung erprobt werden kann, z. B. zur Visualisierung und für Simulationen komplexer Sachverhalte (Prof. Eckehard Schöll). Am Fachbereich Umwelt und Gesellschaft werden ein/e wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in und eine studentische Hilfskraft (60 Stunden) die Lehrveranstaltungsform "Politikwerkstatt" erproben, um Defizite bei Praxisnähe, handlungsorientiertem und fachübergreifendem, sozialem Lernen im Lehramtsteilstudiengang Sozialkunde zu beheben (Prof. Steffen Harbordt).

NEUE REFONMPROJEKTE

Die Erfahrungen aus der Projektwerkstatt "Heißwasserrakete Aquarius" sollen im Rahmen eines bei Prof. Roger Lo angesiedelten Studienreformprojekts in die Lehre umgesetzt werden, um in einer projektorientierten Veranstaltung Teamfähigkeit und die Berufsnähe von Studierenden des Verkehrswesens zu fördern. Das Studienreformprojekt "Innovationslernen" (Prof. Heinz Erbe, Erziehungswissenschaften und Prof. Dietrich Naunin, Elektrotechnik) soll Möglichkeiten aufzeigen, wie Studierende der Elektrotechnik und angehende Berufsschullehrer unterschiedliche Herangehensweisen an komplexe technische Projekte lernen können. Schließlich soll im Projekt "Geschichte als Zugang zur Informatik" eine alternative, fachübergreifende und überwiegend nichttechnische Einführung in das Studium der Informatik erprobt werden (Prof. Dirk Siefkes).

Die bewilligten Projektwerkstätten werden Studierenden die Möglichkeit eröffnen, sich mit der Wechselwirkung zwischen Natur und Technik aus der Sichtweise von Studenten/innen sowie Jugendlichen in Zusammenarbeit mit einem Stralauer SchülerInnenclub (Betreuung Prof. Regine Reichwein, Fachbereich Erziehungswissenschaften); regenerativen Meeresenergien, d.h. Wellenenergie und Osmose (Prof. Dieter Ziessow, Chemie);

Nachhaltigkeitsprüfung - Ökologische Gemeinschaftsprojekte in den neuen Bundesländern als Modell für eine nachhaltige Entwicklung im Sinne der Agenda 21 (Prof. Karl-Hermann Hübler, Umwelt und Gesellschaft); Ökologie und Internet - Konzept für eine effiziente Internetnutzung durch Umweltakteure (Prof. Erhard Konrad, Informatik) zu beschäftigen. Genaueres kann man im Alternativen Vorlesungsverzeichnis sowie bei Karl Birkhölzer (Tel. 314-7 33 94) erfahren. Alle Projektwerkstätten wurden mit zwei studentischen Beschäftigten à 40 Stunden sowie für 1998 mit zunächst insgesamt 10000 DM Sachmitteln ausgestattet. Auch wenn in der vorstehenden Aufzählung Professorinnen und Professoren der TU als Verantwortliche genannt sind, so geht doch die Initiative für Studienreformprojekte und insbesondere Projektwerkstätten in vielen Fällen von Studierenden oder akademischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus.

MEHR TRANSPARENZ

In der Vergangenheit war der LSK häufig nicht genau bekannt, welche Mittel tatsächlich zur Verfügung standen. Dies hat sich nun geändert, so daß mehr Transparenz sowohl bei den Antragstellern als auch bei den Gutachtern herrscht. Abschließend bleibt zu hoffen, daß das Studienreform- und das Innovationstutorienprogramm wieder mit mehr Mitteln ausgestattet werden kann, um viele Ideen und Ansätze in der TU trotz des knappen Haushalts zu erproben und so zu einem profilbildenden Markenzeichen dieser Universität zu machen.

Mario Müller (LSK)


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