TU intern - Dezember 1998 - Vermischtes

TU intern fragt Menschen aus unserer Universität, welche Bücher sie gerne lesen. Heute: Brigitte Lengert, Studienberatung und Beratung für behinderte Studierende:

Brigitte Lengert liest meistens mehrere Bücher gleichzeitig. Etwas Kurzes, Leichtes, Spannendes und etwas Schwergewichtiges, Umfangreiches. "Im Augenblick lese ich von Robert van Gulik einen Richter-Di-Krimi. Gulik war Sprachwissenschaftler, Sinologe und lange Jahre als Diplomat im Fernen Osten. Seine Romanfigur, Richter Di, hat er alten chinesischen Originalquellen entnommen. Richter Di ist sowas wie der Sherlock Holmes im alten Reich der Mitte. Die Bücher sind so spannend, daß ich nicht aufhören kann zu lesen und sie in einem Zug bis zum Ende lesen muß. Das schaffe ich natürlich mit den "Tagebüchern" des Viktor Klemperer nicht. Die Tagebücher, insgesamt gibt es sechs Bände in der Zeit von 1918 bis 1945, sind sehr persönliche Notizen Klemperers, die er für sich festhielt. Sie waren ursprünglich nicht für die Veröffentlichung bestimmt. Ich finde, daß gerade das sie so dicht und so überzeugend macht. Klemperer überlebte den NS-Terror als Jude in Dresden. Es ist für mich als Leserin erschütternd, von seinen Alltagssorgen zu lesen - wie er und seine Frau sich zum Beispiel das wenige Fleisch, das es gab, vom Munde absparen, um den Kater zu füttern, oder seine Trauer darüber, das Tier töten lassen zu müssen, weil Juden das Halten von Haustieren verboten wurde - und dabei die ganze Zeit zu wissen, daß alles noch viel schlimmer kommen wird, daß Dresden zerbombt wird. Ein wichtiges, unvergleichbares Werk.“


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