TU intern - Dezember 1998 - Studium
Eine Frage des Typs?Hochschul-Informationssystem untersucht Gründe für den Studienabbruch
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Jeder vierte Studierende bricht sein Studium ab, obwohl er eigentlich motiviert und qualifiziert ist | ||
Etwa 70000 Studierende verlassen jährlich die deutschen
Hochschulen ohne Examen. Die Abbruchquote hat sich im Vergleich
zu den siebziger Jahren etwa verdoppelt. Sie zeigt eine starke
Abhängigkeit von der Studienrichtung und liegt in den Geistes-,
Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften am höchsten.
Dort bricht rund ein Drittel eines Studienanfängerjahrgangs
das Studium vorzeitig ab. Die geringsten Abbruchraten liegen in
der Medizin bei unter einem Zehntel.
Das Hochschul-Informationssystem (HIS) hat nun nach erneuter Auswertung bereits vorliegender Daten eine Typologie der Studienabbrecher aufgestellt. Diese soll das komplexe Geschehen eines Studienabbruches überschaubarer machen und dadurch die Möglichkeit geben, Entwicklungen zu erkennen und zu beeinflussen. Nicht zuletzt kann die Studie aufzeigen, welche Maßnahmen zu einer Senkung der Abbruchsrate beitragen können und wie die Studierenden zu unterstützen sind. Das HIS unterscheidet zwischen sieben typischen" Gruppen von Studienabbrechern, die nach unterschiedlicher Studiendauer und aus unterschiedlichen Gründen ihr Studium ohne Abschluß beenden. Dazu gehören zunächst diejenigen, die die Hochschule relativ früh verlassen. Die verspäteten Fachwechsler" stellen fest, daß sie ein falsches Fach gewählt haben und streben meist ein neues Studium an. Sie tragen mit 13 Prozent zur Gesamtzahl der Studienabbrecher bei. Ebenfalls relativ früh verlassen die beruflich Neuorientierten" die Hochschulen. Ihre Erwartungen und Vorstellungen von einem Studium haben sich, auch in Bezug auf künftige berufliche Möglichkeiten, nicht erfüllt und sie entscheiden sich deshalb meist für eine Berufsausbildung. Diese Gruppe macht mit 27 Prozent fast ein Drittel der Studienabbrecher aus.
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Die Studie des Hochschul-Informationssystems unterscheidet sieben Typen von Studienabbrechern | ||
Ähnliche Motive sind bei zwei weiteren Gruppen von Studienabbrechern zu beobachten. Der Unterschied liegt darin, daß sich die Studierenden hier erst in einem mehrere Semester andauernden Prozeß von dem Hochschulstudium distanziert haben. Die spät Fachenttäuschten" kommen erst spät zu der Einsicht, daß sie im Grunde genommen das falsche Fach studieren. Aufgrund von unklaren Zielen sowie der bereits verbrauchten Lebensressourcen und - zeit beginnen sie, oft gegen ihren eigentlichen Wunsch, kein neues Studium, sondern versuchen, in einer Berufstätigkeit ihre im Studium erworbenen Fähigkeiten anzuwenden. Diese Gruppe trägt mit sieben Prozent zu den Studienabbrechern bei. Etwa 24 Prozent rechnet das HIS den spät Studiengescheiterten" zu. Hierbei handelt es sich um Studierende, welche durch Probleme mit den heutigen Studienbedingungen und den unsicheren Berufsperspektiven ein Hochschulstudium nicht weiter für sinnvoll halten. Sie entscheiden sich für eine Berufstätigkeit. Neben diesen insgesamt vier Gruppen, deren Studienabbruch letztlich auf eine falsche Studienwahl zurückzuführen ist, hat das HIS aber auch drei Gruppen von Studienabbrechern identifiziert, die sich trotz Motivation und Fähigkeit für einen vorzeitigen Studienabbruch entscheiden müssen. Dazu gehören neun Prozent familiär Verhinderte", überwiegend Frauen, die familiäre und Studienanforderungen nicht gleichzeitig und gleich gut erfüllen können. Dreizehn Prozent (Finanzschwache") scheitern daran, daß ihre Tätigkeiten, das Studium zu finanzieren, nicht mit den Studienverpflichtungen zu vereinbaren sind. Die dritte Gruppe (6 Prozent) wird von denjenigen gebildet, welche trotz großem Studieninteresse die Zwischen- oder Abschlußprüfungen nicht bestehen, die Studie spricht hier von den Prüfungsversagern". Dies ist in erster Linie allerdings nicht auf fehlende Qualifikation, sondern auf Prüfungsängste u. ä. zurückzuführen. Die HIS-Studie zeigt einmal mehr die große Bedeutung von Informationen über Studium und Fach vor Studienbeginn, die viele Studienabbrüche vermeiden könnte. Die Studie belegt aber auch, daß rund jeder vierte sich für einen Studienabbruch entscheiden muß, obwohl er eigentlich motiviert und qualifiziert ist. Das HIS betont, daß jedoch auch während des Studiums noch präventive Maßnahmen zur Vermeidung des Studienabbruchs durchgeführt werden können, sei es eine qualifizierte Beratung der Studierenden in problematischen Lebenslagen, Stärkung der Fachmotivation durch die Lehrenden und eine engere Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Arbeitsmarkt. Zu diesen präventiven Maßnahmen gehören aber auch günstige Möglichkeiten der Kinderbetreuung und bessere finanzielle Bedingungen. urs
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