TU intern - Februar 1998 - Studium
Kein Kaffee, kein Alkohol?!Studieren an der University of Utah in Salt Lake City | ||
Die University of Utah ist eine von drei Universitäten in Salt Lake City am Fuße der Wasatch Mountains. Neben einer guten wissenschaftlichen Reputation bietet sie blendende Freizeitmöglichkeiten | ||
Florian Solzbacher studierte in Saarbrücken und an der
TU Berlin Elektrotechnik. Im Zuge seiner Diplomarbeit verbrachte
er ein halbes Jahr an der University of Utah in Salt Lake City.
In TU intern berichtet er von seinen Erfahrungen in der Hauptstadt
des US-Staats Utah.
Salt Lake City ist den meisten Menschen als Hauptstadt der Mormonenbewegung bekannt. Freunde, die ein paar Jahre dort gelebt hatten, lagen mir vor meiner Reise mit ihren Berichten in den Ohren, daß die Mormonen sämtliche Bereiche des öffentlichen Lebens beeinflussen würden. Also: kein Alkohol, kein Kaffee und keine Geschäfte, die am Wochenende geöffnet sind. Außerdem seien fast alle Mormonen ab dem 20. Lebensjahr verheiratet. Ich sah also meiner Ankunft dort mit gemischten Gefühlen entgegen. Salt Lake City erwies sich als eine sehr saubere, ruhige Stadt, die sich durch das gesamte Salt Lake Valley erstreckt. Sie liegt am Fuße der Wasatch Mountains, deren Spitzen auch im Sommer noch schneebedeckt sind. Was mir gleich zu Anfang auffiel, war die ausgeprägte Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit der Menschen - selbst im Vergleich zu anderen Staaten in den USA. Die Stadt verfügt über ein öffentliches Verkehrssystem mit Bussen, das jedoch nur unter der Woche bis 18 Uhr und samstags vormittags in Betrieb ist. Straßenbahnen sollen bald folgen. EINE WOHLHABENDE STADT Man sieht deutlich den Wohlstand dieser Stadt und die geringe Kriminalität. Es gibt keine Slumviertel, wie in anderen großen amerikanischen Städten. Gewöhnungsbedürftig ist, daß in manchen Gegenden in der Tat kein Kaffee erhältlich ist. Auch entsteht erst langsam eine Szene kleiner Cafés und Kneipen. Viele Geschäfte sind Samstag nachmittags und sonntags geschlossen. Ab zehn Uhr abends sind die Straßen leer. Der Einfluß der Mormonen auf das öffentliche Leben läßt jedoch seit einigen Jahren nach. Die Stadt verfügt über eine Vielzahl kultureller Unterhaltungsmöglichkeiten: Oper, Utah Symphonie, etliche Theater, Kinos. Sie alle geben Studentenermäßigungen. In den USA ist das eher selten, in Salt Lake City kann man jedoch durchaus für fünf Dollar ins Theater gehen. Die Universität ist eine typische amerikanische Campusuniversität. Am Rande der Stadt an den Hängen der Wasatch Mountains gelegen hat man von ihr aus einen wunderschönen weiten Blick über den Great Salt Lake bis in den Bundesstaat Nevada. Da die Luft dort eine der saubersten der Welt ist, kann man an guten Tagen bis zu 150 Kilometer weit sehen. Der Campus ist sehr schön angelegt: Es gibt zahlreiche Wiesen und neue Gebäude, Dutzende von Sportmöglichkeiten. Die University of Utah gehört zwar nicht zu den Top-Universitäten der USA, hat jedoch trotzdem eine recht hohe akademische Anerkennung. Durch den herrschenden Wohlstand befindet sich die Uni ständig im Auf- und Umbau. Fast jedes Jahr werden neue Gebäude fertiggestellt. UNIVERSITÄT MIT FORSCHUNGSPARK Schwerpunkte der Uni sind die Werkstoffwissenschaften mit Koryphäen auf dem Gebiet der Verbundhalbleiter zur Laserherstellung sowie die Biomedizinische Technik, wo die Hochschule zu den fünf besten Schulen der USA gehört. Die Medical School mit dem angegliederten University Hospital, dessen Forschungsschwerpunkt auf dem Gebiet der Krebsforschung liegt, gilt als eine der besten Uni-Kliniken der USA und wird kontinuierlich ausgebaut. Vor einem Jahr erhielt die Klinik auch die größte Spende, die jemals an ein Universitätsinstitut vergeben wurde: 170 Millionen Dollar. Der Universität ist ein Forschungspark angegliedert, welcher eine Vielzahl kleiner und mittelständischer Unternehmen sowie Forschungsinstitute beherbergt, die auch etliche (Postdoc-) Stellen anbieten. Die Arbeitsweise und -einstellung, die mir an der University of Utah begegnete, erfordert selbst von besonders hart arbeitenden Gaststudenten eine Umstellung. Viele Studenten arbeiten Tag und Nacht. Denn der Wettbewerb ist härter als in Deutschland und die einzige Chance, aus seinem Studium etwas sinnvolles zu machen, liegt darin, sich deutlich aus der Menge hervorzuheben. Jedes zusätzliche Semester kostet schließlich Geld. Ich fand mich also in einer Umgebung wieder, in der es völlig üblich war, auch samstags und sonntags ins Labor zu gehen. Ein Vorteil dieser Arbeitsweise ist es, daß man natürlich innerhalb sehr kurzer Zeit viel erreichen kann. So konnte ich auch trotz der Umstellung innerhalb von weniger als vier Monaten meine Diplomarbeit fertigstellen. Meine Diplomarbeit habe ich als Visiting Scholar im Zug eines Forschungsprojektes an der U of U absolviert. Das Thema der Arbeit ergab sich dann durch die im Zuge der Forschungsarbeit gewonnenen Ergebnisse. Dabei führte ich Experimente durch, die helfen sollten, Phänomene bei der Herstellung von Halbleiterbauelementen - z. B. Laserdioden und Transistoren - besser zu verstehen. Hier ging es um die Abscheidung von dotierten Schichten auf Halbleitermaterial. Betreut wurde ich durch Professor Richard Cohen in Salt Lake City und Professor Ernst Obermeier von der TU Berlin, der sich auch um die administrativen Belange kümmerte. Utah bietet aber auch viele Möglichkeiten, einen Ausgleich zur Arbeit zu schaffen. Es liegt genau im Zentrum des Grand Circle, einer Ansammlung von Nationalparks und -monumenten. Man kann dort atemberaubende Landschaften finden. Deshalb empfiehlt es sich, öfters einmal während eines verlängerten Wochenendes in die Nationalparks zu fahren. Innerhalb einer Stunde kann man mit dem Auto oder dem Skibus die nahegelegenen Skigebiete erreichen, in denen auch die Winterolympiade 2002 stattfinden wird. VIELE AUSLÄNDER AUF DEM CAMPUS Meine schönsten Erfahrungen an der U of U ergaben sich durch den - im Vergleich zu deutschen Universitäten - sehr hohen Anteil internationaler Studenten. Auf dem Campus fällt beispielsweise die große Zahl südostasiatischer Studenten auf, die gerade die natur- und ingenieurwissenschaftlichen Fächer dominieren. Das amerikanische Bildungssystem lebt davon, daß immer neue Menschen aus anderen Ländern in die USA einwandern und ihren Anteil am (wissenschaftlichen) Fortschritt beitragen. Dadurch sind fast alle irgendwie Einwanderer und vielleicht deshalb Fremden gegenüber oft sehr freundlich. Ich wurde von Anfang an von Mitstudenten und Professoren zu Festen und Wochenendtrips eingeladen. Die Erfahrungen und Freunde, die ich gewonnen habe, möchte ich nicht missen. Gewöhnen muß sich man sich höchstens an die pflichtmäßige Freundlichkeit im Umgang mit allen Mitmenschen, die immer mit einer gewissen Oberflächlichkeit verbunden ist. Eine weitere wichtige Erfahrung betrifft die Durchführung des Studienaufenthaltes in den USA. Wie sich beim Durchforsten der Angebote für Auslandsaufenthalte herausgestellt hatte, war ich bei meiner Spezialisierung nämlich darauf angewiesen, selbständig Kontakte in die USA aufzubauen - ein nicht gerade einfaches Unterfangen. Professor Ernst Obermeier vom Fachbereich Elektrotechnik der TU Berlin hat mir dabei sehr geholfen. Mein Fazit: Es ist sehr schwierig, einen solchen Aufenthalt ohne persönliche Kontakte eines betreuenden Professors zu verwirklichen, da die Studenten in den USA für ihren Unterricht bezahlen und die Professoren für die Nutzung der Labore durch ihre Studenten aufkommen müssen. Nicht immer findet sich jemand, der bereit ist, diese Kosten zu tragen. Falls man bereits ein Stipendium erhält oder selbst die Kosten trägt, sind natürlich viele bereit, einen kostenlosen Mitarbeiter einzustellen. Florian Solzbacher
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