TU intern - Februar 1998 - Vermischtes
Wasser in Istanbul und BerlinEin Symposium an der TU Istanbul
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Der Magùlova-Aquädukt: Ein eindrucksvolles Beispiel für die jahrhundertealte Tradition der Wasserversorgung in Istanbul und Umgebung | |
Berlin und Istanbul sind zwei denkbar unterschiedliche Städte. Das zeigt sich auch, wenn man die Versorgung mit Wasser und die Entsorgung von Abwasser betrachtet. Ein Vergleich dieser Thematik lohnt jedoch, wie ein Symposium zeigte, das im Dezember an der TU Istanbul stattfand. Sein Titel: Probleme und Lösungskonzepte der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung in Istanbul und Berlin im 20. Jahrhundert". Worum es ging, beschreibt Shahrooz Mohajeri vom Zentrum Technik und Gesellschaft der TU Berlin, das die Veranstaltung gemeinsam mit der TU Istanbul, dem Goethe-Institut und dem TU-Absolventenverein in Istanbul organisierte. Seit seiner Entstehung ist Istanbul wegen der wenigen Quellen in seiner Umgebung und dem geringen Grundwasservorkommen auf eine Versorgung aus umliegenden Wasserressourcen angewiesen - ganz im Gegensatz zu Berlin, das seinen Trinkwasserbedarf überwiegend aus eigenen Ressourcen - meistens Brunnen in Flußnähe - deckt. Aus diesem Grund kann Istanbul auf eine jahrhundertealte Tradition der Wasserversorgung mit historisch bedeutenden Bauten zurückblicken. Zu diesen Anlagen zählen z. B. der Valens-Aquädukt aus dem vierten Jahrhundert, byzantinische Zisternen sowie eine Vielzahl von Aquädukten aus osmanischer Zeit; sie zeugen davon, daß die Wasserversorgung Istanbuls zu allen Zeiten eines erheblichen Aufwands bedurfte. Im 17. Jahrhundert wurden außerdem Staudämme angelegt, die wie verschiedene andere Teile der alten Wasserversorgungssysteme bis heute genutzt werden. Mitte des 20. Jahrhunderts nahmen die Probleme in Istanbul dramatisch zu. Neben der natürlichen Wasserknappheit ist die schnell steigende Einwohnerzahl der Hauptgrund; die illegale Bebauung der Wasserschutzgebiete bewirkt heute eine zunehmende Verunreinigung der wenigen Wasserressourcen. Anders das Bild in Berlin: Erst Mitte des 19. Jahrhunderts mußte sich Berlin aufgrund der starken Bevölkerungszunahme und der raschen baulichen Entwicklung vom historisch gewachsenen, dezentralen System der Wasserversorgung trennen. Die stadthygienischen Probleme und Krankheiten wie z. B. Cholera und Typhus führten 1856 zur Einrichtung zentraler Wasserwerke und zum allmählichen Anschluß der Grundstücke an ein zentrales Netz, das heute noch in Betrieb ist. Während die Versorgung mit Wasser naturgemäß früh entwickelt wurde, entwickelte sich die Entsorgung des Abwassers über eine Kanalisation später und langsamer. 1873 begann in Berlin der Ausbau der Abwasserkanalisation und die Einrichtung von Abwasserpumpwerken. Da sich die Einleitung der Abwässer in die nur langsam fließenden Gewässer wie Spree und Havel als problematisch erwies, ging man später zur Berieselung von großen landwirtschaftlich genutzten Flächen im Umland über. Später ergänzten und ersetzten mechanisch-chemisch-biologische Kläranlagen das System der Rieselfelder. Der Blick nach Istanbul offenbart wieder die Unterschiede: Abwasserreinigungsanlagen wurde dort nur wenig Beachtung geschenkt. Das Goldene Horn und der Bosporus, der das Schwarze Meer mit dem Marmarameer verbindet, dienen aufgrund ihrer Größe und günstigen hydrodynamischen Eigenschaften als sogenannte Vorfluter" der Stadt Istanbul, d. h. die Abwässer werden dort hineingeleitet. In der osmanischen Zeit wurden in einigen Fällen die Abwässer von Senkgruben direkt zu den Oberflächengewässern geführt. Wegen der damals erheblich geringeren Einwohnerzahl rief dies keine nennenswerten Probleme hervor. Die schlechten hygienischen Zustände nach der Jahrhundertwende sorgten dann für neue Planungen im Bereich der Abwasserkanalisation und -reinigung; sie wurden bisher jedoch noch nicht verwirklicht. Neben dem historischen Überblick, den sich die türkischen und deutschen Wissenschaftler auf dem Istanbuler Symposium verschafften, diskutierten sie außerdem die unterschiedlichen Konzepte und Betriebsweisen der heutigen Wasserver- und Abwasserentsorgungssysteme. Im kommenden Sommer ist das nächste Treffen in Berlin vorgesehen. Dann sollen wieder Ingenieure und Historiker sowie Kulturwissenschaftler zusammenkommen, um zu diskutieren, wie die Zukunft der beiden Städte und ihrer Wassersysteme aussehen kann. Shahrooz Mohajeri © 2-3/'98 TU-Pressestelle [ ] |