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Arpa kadabra - wo Zauberer wenig schlafenEs gibt den Mythos des Internet. Und es gibt so etwas wie seine Geschichte. Der Mythos lautet: Ende der 60er Jahre wurde im Auftrage des amerikanischen Verteidigungsministeriums ein Netzwerk von Computern entwickelt, das selbst im Falle eines nuklearen Angriffs und teilweiser Zerstörung noch funktionsfähig sein sollte; aus diesem Projekt namens ARPAnet entwickelte sich der weltumspannende Rechnerverbund, der heute allgemein als das Internet bekannt ist.
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"ARPA KADABRA - Die Geschichte des Internet" ist im dpunkt-Verlag, Heidelberg, erschienen, hat 330 Seiten und kostet 49 DM. ISBN 3-920993-90-X | Es ist die Geschichte eines Forschungsprojekts, das in der Tat seine Ursprünge im Pentagon hat, nämlich in der Forschungsstelle »Advanced Research Projects Agency" (ARPA). Aus der theoretischen Idee, Computer zum Zwecke der besseren Nutzung ihrer Ressourcen zu vernetzen, wurde hier ein handfestes Forschungsprojekt, das von zivilen Firmen und Wissenschaftlern durchgeführt wurde. Das Buch beschreibt die ersten vagen Vorstellungen, die theoretischen und technischen Grundlagen und die Arbeit der Menschen, die die nötigen Computer entwickelten und deren Programme schrieben. Es ist ein Buch geworden, in dem nicht nur die Technik im Vordergrund steht, sondern auch die Menschen. Etwa Bob Taylor, der das ARPAnet-Projekt initiierte und das Budget dafür besorgte, oder der auf äußerste Effizienz bedachte Larry Roberts, der die Entwicklung des Netzwerks leitete. Die Wissenschaftler, Manager, Techniker und Studenten bilden den roten Faden der Erzählung. Ihre individuellen Geschichten illustrieren das Projekt, machen es nachvollziehbar und das Buch gut lesbar; nur manchmal geht der Detailreichtum zu weit, und dann fragt man sich, warum diese oder jene persönliche Anekdote relevant sein soll. Es ist natürlich auch ein Buch über Technik geworden, das alle wichtigen Aspekte des ARPAnet-Projekts beschreibt. Zum Beispiel die »Paketvermittlung", jenes revolutionäre Konzept, Informationsströme in kleine »Pakete" zu zerteilen, sie durch ein Netz an den Empfänger zu versenden und sie dort wieder zur ursprünglichen Gesamtinformation zusammenzusetzen. Interessante, wahrhaft historische Einblicke bieten die Beschreibungen der damals eingesetzten Rechner - im Vergleich zu heutigen PCs große, langsame Ungetüme - und einige Firmen, die vor einem Vierteljahrhundert Riesen der Datenverarbeitung waren und deren Namen niemand mehr kennt. Praktizierende Internet-Nutzer/innen erfahren vom Ursprung vieler Internet-Dinge, die ihnen heute ganz alltäglich erscheinen: Woher kommen die Symbole, mit denen man im elektronischen Briefverkehr Gefühle ausdrückt, »Emoticons" wie ;-) :-( ) ? Oder: Wie entstanden die »Request for Comments" (RFCs), die elektronischen Rundbriefe, in denen sich die über das Land verstreuten Entwickler miteinander unterhielten. »ARPA KADARA" - so der Titel der deutschen Übersetzung ist ein flüssig geschriebenes Buch für alle, die das Internet nicht nur nutzen wollen, sondern auch neugierig sind, woher es kommt. Technik-Interessierte finden eine gute und verständliche Zusammenstellung der technischen Entwicklung, allgemein interessierten Leser/innen wird eine spannende Geschichte erzählt: von den ersten Ideen, über das ARPAnet-Projekt bis zu dessen Ende und dem Entstehen des heutigen Internet. So umfassend und nachvollziehbar diese Chronik geschrieben ist, sind die zeitlichen Sprünge allerdings an einigen Stellen sehr grob und hemmen dann die Lesefreude. Ein kleines Bonbon zum Buch, das in Zeiten des Internet sehr passend ist, sind die ARPA-KADABRA-Seiten im WWW. Unter http://www.dpunkt.de/arpa-kadabra gibt es eine Leseprobe, Rezensionen, einen kurzen Überblick über die Internet-Ursprünge sowie Links zum Thema, inklusive Verweise auf wichtige Veröffentlichungen über technische Internet-Grundlagen, Personen und beteiligte Firmen. rs © 1/'98 TU-Pressestelle [ ] |