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Viel Diskussion - kaum ErgebnisseNicht viel Neues vom Kongreß "Bildung und Gesellschaft" in Berlin
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Knapp 2000 Studierende aus ganz Deutschland kamen vom 8. bis 11. Januar zum Kongreß "Bildung und Gesellschaft" an die HU und die TU Berlin | |
Knapp 2000 Studierende aus 56 Städten und 86 Hochschulen
nahmen am studentischen Basiskongreß zum Thema
"Bildung
und Gesellschaft" - kurz BUG - teil. Vom 8. bis zum 11. Januar
tagten sie in der Technischen und der Humboldt-Universität.
Neben einer Reihe von Podiumsdiskussionen fanden die Debatten
in insgesamt acht Arbeitsgruppen statt. Hier wurden Themen wie
"Hochschulstruktur und Studierendenschaften", "Zugang
zur Bildung" oder "Wirtschaft und Gesellschaft"
oder auch neue Formen der Protestorganisation besprochen. Am Ende
verabschiedeten die Kongreßteilnehmer einen umfangreichen
Forderungs- und Maßnahmenkatalog.
Viel wohlwollende Zustimmung und verbale Unterstützung hatten die Studierendenproteste in der Vorweihnachtszeit aus den Reihen der Politik erhalten. Nichtsdestotrotz blieben die studentischen Streiks und Aktionen folgenlos. Ein wesentliches Ergebnis aber sollte der bundesweite Kongreß "Bildung und Gesellschaft" bringen, den Studierende der drei Berliner Universitäten organisiert hatten. Ziel des Kongresses war es, zu klären, worin die Bildungskrise besteht, wie sie zu lösen sei und wie sie mit anderen Problemen der Gesellschaft verbunden ist. Bis weit in die Nacht hinein reichten die viertägigen Debatten. Doch auf der abschließenden Pressekonferenz konnten die Organisatoren außer dem vom Abschlußplenum verabschiedeten Forderungs- und Maßnahmenkatalog kaum greifbare Ergebnisse vorstellen. Die Themen seien vielfältig diskutiert worden, meinte Jan Köstner, einer der Kongreßorganisatoren. Zum Abschluß wäre klar gewesen, "daß sich die Studies künftig den politischen Debatten der Landespolitik verweigern wollen und die weitere Durchkapitalisierung der Gesellschaft ablehnen werden". Der in den Arbeitsgruppen und Podiumsdiskussionen entwickelte Forderungs- und Maßnahmenkatalog war zuvor von den Studierenden im Abschlußplenum Punkt für Punkt diskutiert und verabschiedet worden. Die insgesamt acht Punkte zielen sowohl auf hochschulpolitische als auch auf gesamtgesellschaftliche Fragestellungen. Zum Thema "Hochschulstruktur" forderte der Kongreß "eine verfaßte Studierendenschaft mit politischem Mandat an allen bundesdeutschen Hochschulen und die Auflösung der nach Statusgruppen organisierten Personalstruktur an deutschen Hochschulen, ... die Abschaffung der Habilitation, ... paritätisch besetzte Gremien, ... die Aussetzung der HRG-Novelle und Neuverhandlungen, ein statusgruppenübergreifendes Wahlrecht und eine paritätische Besetzung der Organe der Selbstverwaltung in den drei Statusgruppen Wissenschaftliches Personal, Studierende und weitere Mitarbeiter ...". Für den Bereich der Lehre forderten die Studierenden ein projektorientiertes und interdisziplinäres Studium sowie eine veränderte Organisation des Studiums mit weniger Steuerung durch Prüfung und Benotung. KEINE STUDIENGEBÜHREN Ablehnend äußerten sich die Kongreßteilnehmer/innen zum Thema Studien- und Ausbildungsgebühren. Die Studierenden forderten ein bundesweit verbindliches Verbot von Studien- und Ausbildungsgebühren und die Zurücknahme aller bereits bestehender Gebühren dieser Art. Statt Gebühren steht die Forderung nach einer "elternunabhängigen gleichberechtigten Ausbildungsförderung" in Form eines Zuschusses in Höhe von 1200 bis 1500 Mark für jeden Studenten bar auf die Hand. Woher das Geld kommen soll, blieb allerdings offen; klar war nur, daß es nicht zu Lasten anderer sozial Schwacher gehen dürfe. Auch zur Problematik gesellschaftlicher Gruppen äußerten sich die Studierenden in ihrem Abschlußpapier. So soll beispielsweise die Feministische Wissenschaft als gleichberechtigte Wissenschaftsform anerkannt werden. Ausländischen Studierenden soll der Hochschulzugang erleichtert werden; außerdem wird die Berufung einer Ausländerbeauftragten an allen Hochschulen ähnlich einer Frauenbeauftragten gewünscht. Die meisten der Thesen, über die die etwa 800 Teilnehmer/innen im Abschlußplenum abgestimmt hatten, wurden nach Aussage der Organisatoren mit einer Zweidrittelmehrheit verabschiedet. Lediglich die beiden Thesen mit den Titeln "Vorschlag für einen neuen Bildungsbegriff" und "Demokratie, Macht, Medien" erhielten in der Einzelabstimmung am Ende mehr Gegenstimmen als Zustimmungen. Das hinderte die Organisatoren jedoch nicht, beide Thesen in den Forderungs- und Maßnahmenkatalog aufzunehmen und zu veröffentlichen. Und wie wird es mit den studentischen Protesten weitergehen? Der Boykott von Lehrveranstaltungen störe die Politiker nicht, so lautete das Fazit bei der Auswertung der studentischen Streikwochen. Deshalb, so die Organisatoren, sollten jetzt verstärkt Demonstrationen und Aktionen auf der Straße als Mittel des politischen Protestes eingesetzt werden. Aufgabe der Kongreßteilnehmer, die am 11. Januar in ihre Heimatorte zurückgefahren sind, sei es nun, so Jan Köstner, "die Proteste weiter zu tragen, wozu zunächst ein breites soziales Bündnis gegen die existierende Politik geschaffen werden muß". Das vollständige Papier ist in der Pressestelle erhältlich und im WWW unter: http://www.bug.tu-berlin.de/ergebnisse.html. Janny Glaesmer © 1/'98 TU-Pressestelle [ ] |