TU intern - Juli 1998 - Frauen
Ingenieurinnen: Ein unverzichtbares Potential für die GesellschaftAn der TU Berlin studieren etwa 6,7 Prozent Frauen Elektrotechnik, 8 Prozent Maschinenbau und 13 Prozent Informatik. Eine Professorin lehrt an keinem dieser Fachbereiche. Auch Bundesweit hat sich in den letzten Jahrzehnten der Frauenanteil in den Ingenieurwissenschaften nicht nennenswert erhöht. Projekte, die mehr Frauen für ein Ingenieurstudium motivieren sollten, konnten keine Trendwende herbeiführen. Erfolgversprechender erscheinen da Konzepte, die auf den Abbau geschlechtsspezifischer Barrieren innerhalb der Studiengänge zielen. Diese liegen nicht in den Leistungsanforderungen: Studentinnen haben keine fachlichen oder praktischen Defizite hinsichtlich der Studienanforderungen, wie u.a. Modellversuche in Paderborn belegen. Es besteht jedoch eine soziale Ungleichheit zwischen Männern und Frauen in den Ingenieurwissenschaften. Das nach wie vor präsente Bild von Technik als einer männlichen Beschäftigung und die extreme Minderheitensituation führen zu einer zusätzlichen sozialen Belastung der Studentinnen. Männliche Studierende sind häufig unsicher im gleichberechtigten fachlichen Umgang mit Frauen, was den Studentinnen die Zusammenarbeit erschwert. Für eine wirksame Verbesserung der Studiensituation von Frauen müssen deshalb die sozialen Aspekte der Lernprozesse in den Ingenieurwissenschaften stärker als bisher berücksichtigt werden. Besonders wichtig sind dabei Angeboten zur didaktischen Reflexion seitens der Lehrkräfte. Positive Erfahrungen brachten in Paderborn studentinnenspezifische Lehrangebote, die auch konkrete Veränderungsperspektiven für die koedukativen Lehrveranstaltungen lieferten. Dort wurde das erste Jahr im Informatikstudiengang so umgestaltet, daß die Programmierausbilung als eigenständige Lehraufgabe mit Praktikumscharakter behandelt wird. Neben der zeitweisen Aufhebung der Koedukation wird dabei auch auf eine gezielte Anleitung der Studierenden zu kooperativer, sachbezogener Arbeit Wert gelegt. Studenten und Studentinnen unterscheiden sich deutlich in ihrer schulischen und beruflichen Vorbildung und in ihren Interessen. Curricula, die nur eindimensional technische Interessen behandeln, sind für Frauen mit ihrem im Vergleich zu männlichen Ingenieurstudenten umfassenderen Interessenspektrum wenig attraktiv. Eine ganzheitliche Ausbildung, die Kreativität und Innovation fördert und Flexibilität ermöglicht, trägt erheblich dazu bei, Frauen für ein Ingenieurstudium zu motivieren. Dies zeigt der im US-amerikanischen Vergleich hohe Frauenanteil in den Ingenieurwissenschaften an der Stanford University. Julia Kuark, die in Stanford Maschinenbau studiert hat, betont auch die Vorbildfunktion von Professorinnen und anderen weiblichen Lehrkräften, von denen sie dort unterrichtet wurde. Diese und weitere Konzepte zur Erhöhung des Anteils von Frauen in den Ingenieurwissenschaften werden im Band 3 der Reihe Wissenschaftlerinnen-Forum dargestellt. Das Buch enthält u.a. fast alle Beiträge des Symposiums 50 Jahre TU - und wo bleiben die Frauen". Buch und Symposium stellen den Schlußpunkt eines Studienreformprojektes dar, welches von 1993 bis 1996 am Institut für Medienpädagogik und Hochschuldidaktik der TU Berlin durchgeführt wurde. Kathrin Buchholz
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