TU intern - Juli 1998 - Hochschulpolitik
Kuratorium hat mehrheitlich gezeigt, daß es entbehrlich ist
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Erich Fritz Reuter: Gegensätzliche Strukturen | |
Am 12. 6. 98 verweigerte eine Mehrheit von 10 Kuratoren unter
der Führung von Christian Gaebler, SPD-Abgeordneter und ehemaliger
Hochschulreferent des AStAs,
dem Struktur- und Ausstattungsplan die Zustimmung, den der Akademische Senat (AS)
Ende März mit nur einer Enthaltung ohne Gegenstimme beschlossen
hatte. Herr Gaebler und seine Gefolgschaft ignorierten damit die
einmütige, dringende Bitte des AS vom 10. Juni 98 um grundsätzlichen
Beschluß des Strukturplanes.
Dem war vorausgegangen, daß der Akademische Senat der Universität zum 31. März 98 - gezwungen durch die Hochschulverträge des Jahres 1997 - einen Strukturplan vorlegen mußte, in dem die Ausstattung in dramatischem Umfang zu reduzieren und dennoch die Arbeitsfähigkeit der Hochschule im Jahre 2000 und in den Folgejahren zu sichern war. Nach einem zweitägigen Sitzungsmarathon fanden damals die Mitglieder des Akademischen Senates in einem enormen Kraftakt einen Kompromiß, der die kontroversen Präferenzen ausglich und sicherstellte, daß die Hochschule sich auch weiterhin zu einer klar profilierten, modernen Technischen Universität entwickeln kann. Der bislang umstrittene Erhalt von Lehrerbildung und Erziehungswissenschaften wurde in einem für die Universität und das Land vertretbaren Umfang garantiert; die Interessen der Studierenden wurden durch die Zusage zur Fortführung der Studienbüros miteinbezogen. Diese neu gewonnene, hochschulpolitische Kompromißbereitschaft ist eine wichtige Grundlage für konstruktive Lösungen bei der noch ausstehenden Reform der Studiengänge, der Verwaltungsreform und der Ausstattung der Fakultäten mit einem Globalbudget. Deshalb bat der Akademische Senat am 10. 6. 98 das Kuratorium, ihn nicht durch eine Beschlußverweigerung seiner Handlungsbasis zu berauben. Universitäre Kuratoriumsmitglieder stellten auch noch während der Sitzung in Aussicht, dieses Anliegen zu stützen. Dennoch stimmten sie dem Antrag von Herrn Gaebler zu, um durch Verschiebung der Beschlußfassung auf unbestimmte Zeit geschlossene Vereinbarungen zu umgehen und sich neue Verhandlungsspielräume zu erschließen. Mißtrauen über die Aufrichtigkeit der Reformfraktion, die im Akademischen Senat Vergleiche schließt und im Kuratorium wieder auflöst, vergiftet die Atmosphäre. Die Frage liegt auf der Hand, ob die Reformfraktion noch fähig zu hochschulpolitischem Handeln ist. Mit der Diskussion und mit dem Abstimmungsergebnis hat das Kuratorium in der TU auch die bisher kaum geführte Auseinandersetzung über seine eigene Zukunft entfacht. In der Debatte haben auch die Repräsentanten von Umwelt- und Unternehmerinstitutionen eindrücklich gezeigt, daß sie sich vorrangig als Sachwalter sehr einseitiger Interessen verstehen. Sie haben gezeigt, daß ihnen als Kuratoren ( curare, lat. = sorgen um) das Gesamtwohl der Universität fremd ist. Die Brückenfunktionen zwischen Staat und Universität werden wohl noch am ehesten von einem paritätisch mit Mitgliedern des Senates von Berlin, dem Präsidenten und einigen Dekanen besetzten Gremium wahrgenommen werden, zumal dann, wenn es durch einen Beirat von erfahrenen, hochrangigen Wissenschaftlern begleitet wird. Auf seiner letzten Sitzung hat dieses Kuratorium mehrheitlich gezeigt, daß es entbehrlich ist - und die TU wird gerne darauf verzichten.
Kurt Kutzler, © 7/'98 TU-Pressestelle |