TU intern - Juli 1998 - Alumni

Thomas Thiessen

Der Spaß liegt im Ernstfall

Afri Cola und die Länderfusion Berlin-Brandenburg: Es gibt wohl nur wenige, die beides in einem Atemzug nennen. Zu ihnen gehört Thomas Thiessen, Absolvent des TU Studienganges Medienberatung, begeisterter Jogger, großer Berlin-Fan und: Mitbegründer der ”Melle Pufe Online Gesellschaft für Digital-Marketing". Eine Agentur, die die modernen Mittel von Multimedia nutzt, um Unternehmen im Internet und auf digitalen Datenträgern zu präsentieren.

PERMANENTE VORREITER

Eine Website für Afri Cola und eine Informationsdiskette für die Länderfusion waren die ersten Aufträge, die das vor zwei Jahren neu gegründete Unternehmen bekam. Nach einer anfänglichen Phase der ”knochenharten Akquisition von Multimediaprojekten" hat sich die Firma mittlerweile etabliert und Großunternehmen wie Schering, Bacardi und Gerling gehören zu ihren Kunden. 15 Mitarbeiter, darunter drei Absolventen des TU-Studienganges Diplom-Medienberatung, sind damit beschäftigt, multimediale Produkte zu produzieren: Das Spektrum reicht von Internet-Auftritten, CD-ROMs und elektronischen Kiosksystemen bis zu Konzepten zur Verschmelzung von TV und Internet. Thomas Thiessen kümmert sich um die Kundenberatung, das Neugeschäft, das Marketing und die strategische Entwicklung. Daneben fallen die Personalführung und das wirtschaftliche Controlling des Unternehmens in seine Zuständigkeit. ”Das Spannende an meiner Arbeit", sagt er ”ist, daß wir permanente Vorreiter sein müssen. Alles verändert sich rasant, und wir müssen dabei auf höchstem Niveau mithalten und immer noch ein Stückchen voraus sein".

Angefangen hatte alles mit einem Studium der Medienberatung. Als Thiessen im Herbst 1989 die TU als einer der ersten Diplom-Medienberater verließ, hatte er den Vertrag mit einer Werbeagentur schon in der Tasche. Anschließend machte er sich als Medienberater selbständig und arbeitete für diverse Verlage und Werbeagenturen. Bis, ja bis zu jenem abendlichen Gang in die Kneipe, vor etwa vier Jahren. Was für den einen das Bier in gemütlicher Runde bedeutet, kann für den anderen der nächste Schritt auf der Karriereleiter sein. Zufällig traf Thiessen seine ehemaligen Kollegen Hendrik Melle und Stefan Pufe und stieg in deren Werbeagentur ein. ”Dort beobachteten wir eine zunehmende Bereitschaft der Kunden, sich mit dem Thema Multimedia, auseinanderzusetzen". Grund genug, als Schwesterunternehmen der Werbeagentur eine eigenständige Multimediagesellschaft zu gründen. Werbeagentur und Multimediaagentur sollen - ”an diesem Ziel arbeiten wir energisch weiter" - zu einer nationalen Top-Adresse für integrierte Kommunikation werden. Thiessen versäumt nicht, darauf hinzuweisen, daß die Diplom-Medienberater der TU entscheidend dazu beigetragen haben, daß Berlin sich mittlerweile als Multimediastandort Nummer 1 in Europa herauskristallisiert hat. Daneben träumt er davon, zusammen mit anderen einen neuen Studiengang aufzubauen, der auf den Grundlagen der Medienberatung beruht, dabei aber wesentlich praxisorientierter ist und sowohl im Leistungsanspruch an Lehrkräfte und Studierende als auch in der technischen Ausstattung fast ein privatwirtschaftliches Unternehmen simuliert.

GROSSES GLÜCK GEHABT

In diesen Punkten sieht Thiessen erhebliche Mängel in der TU, wie in anderen Unis auch. So gaben die technische Ausstattung seines Institutes, die didaktische wie fachliche Qualifikationen einiger Lehrkräfte, aber auch frustrierende Erfahrungen mit der Verwaltung nicht immer Anlaß zur Begeisterung. Trotzdem bezeichnet Thiessen sein Studium als wesentliches Sprungbrett für seine Karriere. ”Ich habe dort viel gelernt, was ich ganz unmittelbar in die berufliche Praxis integrieren konnte, und ich habe großes Glück gehabt mit meinem Institut, mit vielen Kommilitonen und mit einigen Lehrkräften, besonders mit meinem Diplomvater Prof. Knilli." Auch wenn das Studium bei den Medienberatern deutlich näher an der Praxis war, als bei anderen Studiengängen, mit dem Arbeitsalltag ist es aus Thiessens Sicht nicht zu vergleichen. ”Die Praktikanten oder neue Mitarbeiter, die von der Uni kommen, müssen im Crashkurs lernen, was Wettbewerb, Kosteneffizienz, Bodenhaftung und Kundennähe bedeutet. Ich glaube, der brutale Druck in einem Unternehmen wie dem unsrigen wirkt auf viele akademische Gemüter schockierend. Im Laufe der Zeit kommt dann ein Identitätswandel. Der Anspruch an Professionalität und Verantwortung für Kunden, Gelder und Märkte wird vom heimlichen Gegner zum etwas unterkühlten Vertrauten. Und irgendwann setzt sich die Erkenntnis durch: Der Spaß liegt im Ernstfall."

urs


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