TU intern - Juli 1998 - Hochschulpolitik

Auf dem Weg zur Gesamtreform an der TU Berlin

Präsidium zieht nach 15 Monate Amtszeit Bilanz

Wichtige Teilziele der Gesamtreform der TU Berlin sind erreicht. Das Präsidium, (v.l.n.r.) Vizepräsident Prof. Dr. Christian Thomsen, Kanzler Ulrich Podewils, Präsident Prof. Dr. Hans-Jürgen Ewers, Vizepräsident Dr. Harald Kolrep, Vizepräsident Prof. Dr.-Ing. Günther Seliger, stellt sie der Presse vor
Die Technische Universität Berlin ist auf dem Weg zu einer Gesamtreform. Nach 15monatiger Amtszeit berichtete das Präsidium der TU Berlin vor Journalisten über bislang Erreichtes und Planungen und Entwicklungen der nächsten Zeit. So soll die Zahl der Fachbereiche von 15 auf acht reduziert werden, die Verwaltung gestrafft, das Studium reformiert und Existenzgründungen aus der Universität heraus forciert werden. Wir publizieren nachfolgend das Statement des Präsidenten der TU Berlin, Prof. Dr. Hans-Jürgen Ewers, zur Gesamtreform. Der TU-Kanzler Ulrich Podewils berichtete für das Präsidium über den neuesten Stand der Verwaltungsreform. Über die Bereiche Forschung, Studienreform und Existenzgründungen haben wir bereits in TU intern kontinuierlich berichtet.

Nach 15 Monaten Amtszeit hat das neue Präsidium der Technischen Universität Berlin wichtige Teilziele auf dem Wege zu einer Gesamtreform der TU Berlin erreicht. Das Gesamtziel dieser Reform lautet, die TU Berlin dem vom Land Berlin innerhalb weniger Jahre dramatisch verkürzten Finanzrahmen anzupassen und innerhalb dieses Rahmens eine auf der europäischen Ebene wettbewerbsfähige, in Forschung und Lehre excellente Technische Universität Berlin zu schaffen. Die bislang auf diesem Wege erreichten Zwischenziele umfassen:

  • Beschlüsse zur Reduzierung der Zahl der Fachbereiche von heute 15 auf zukünftig acht Fakultäten. Dadurch werden leistungsfähigere Einheiten gebildet, die viele der heute auf der Gesamtuniversitätsebene wahrgenommenen Aufgaben besser übernehmen können, wodurch auch Doppelarbeit vermieden wird.
  • Beschlüsse zur Einrichtung von Interdisziplinären Forschungsschwerpunkten. Sie sollen die TU Berlin gegenüber vergleichbaren Einrichtungen profilieren und die künftigen Center of Excellence werden.
  • Pilotprojekte für eine durchgreifende Studienreform. Hier ist vor allem der systematische Versuch hervorzuheben, Unternehmen und öffentliche Arbeitgeber aktiv in die Universitätslehre einzubeziehen, sowohl durch Lehrveranstaltungen von Managern als auch durch Integration studentischer Arbeitsgruppen in den Unternehmensalltag. Ein Pilotprojekt unter dem Titel "Center für Wissens- und Wandelsmanagement" mit der Fa. Siemens läuft bereits. Gleichzeitig hat der Unternehmensverband Berlin-Brandenburg Interessenerklärungen von mehr als 100 Unternehmen für kooperative Studienprojekte vorgelegt.
  • Beschlüsse zu einer durchgreifenden Verwaltungsreform, bei der die Universitätsverwaltung auf ihre Kernkompetenzen hin gestrafft und ein erheblicher Teil der bislang zentral erledigten Verwaltungs- und Dienstleistungsaufgaben an die neuen Fakultäten delegiert wird. Dies erhöht die Dienstleistungsqualität und senkt die Kosten.

Zwei wichtige Reformpakete sollen im Verlauf des kommenden Wintersemesters zügig vorangetrieben werden, nämlich:

  • die Budgetierung der neuen Fakultäten, d.h. die Umstellung der inneruniversitären Verteilungsmechanismen auf Vertragsstrukturen zwischen zentraler Universität und den Fakultäten. Dadurch erhalten die Fakultäten die weitestgehende Freiheit bei der Verwendung ihrer Mittel, müssen aber gleichzeitig die mit dem erhaltenen Budget versprochenen Leistungen in Forschung, Lehre, Weiterbildung und bei der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses nachweisen. Damit werden die inneruniversitären Anreizstrukturen verbessert und die Leistungsorientierung verstärkt.
  • die Reform der Gremien- und Leitungsstrukturen. Hier geht es darum, die in der Experimentierklausel den Hochschulen vermittelte Chance zur Verbesserung ihrer bislang durch die Hochschulgesetze blockierten Organisationsstrukturen zu nutzen. Das Präsidium hat diesen Reformschritt bewußt an das Ende der Gesamtreform der TU Berlin gesetzt, um auch die während dieser Reform beobachtbaren Schwierigkeiten in die Reform einbeziehen zu können.

Als erschwerend für den zügigen Ablauf der Reformbemühungen hat sich das Kuratorium, immerhin das höchste Entscheidungsgremium der TU Berlin, erwiesen. Hier wurde im Zusammenhang mit der Diskussion und möglichen Verabschiedung des Strukturplans der TU Berlin versucht, die bereits im Akademischen Senat der TU Berlin verlorenen Schlachten noch einmal zu schlagen und selbst einstimmige Beschlüsse des Akademischen Senats zu kippen. Dies führte zu dem Ergebnis, daß das Kuratorium der TU Berlin den Strukturplan der TU Berlin nicht verabschiedet hat. Das Kuratorium macht die Verabschiedung abhängig von einer Begutachtung des Strukturplans durch den Wissenschaftsrat und einer neuerlichen Diskussion im Akademischen Senat über die Struktur der Fakultäten zum Wintersemester 1998/1999.

Ein aus der Sicht der TU Berlin mitunter schwieriger Reformpartner ist der Senat von Berlin.

  • Ob die den Hochschulen vom Senat versprochene Planungsbasis, das in den Hochschulverträgen für das Jahr 2000 vereinbarte Budget, Bestand hat, ist im Augenblick mehr als fraglich. Zudem erodiert diese Basis insbesondere wegen der nach dem Jahre 2000 steil ansteigenden Pensionslasten, bei denen zwar Erleichterungen angekündigt wurden, die jedoch inzwischen ebenfalls mehr als fraglich sind. Immer noch nicht aus der Welt ist der Vorwurf an die Berliner Hochschulen, Forschung und Lehre unwirtschaftlicher als andere Hochschulen zu organisieren, obwohl der auf Initiative der Senatsverwaltung und der Universitäten zusammen mit der HIS durchgeführte Kennzahlenvergleich das Gegenteil beweist.
  • Die den Hochschulen zugesagten Entlastungen über Grundstücksverkäufe sind ebenfalls fragwürdig geworden. Bislang ist keines der von den Universitäten zum Verkauf angebotenen Grundstücke von der Senatsverwaltung freigegeben. Eines der von der TU genutzten Grundstücke, das sogenannte BP-Grundstück am Reuterplatz, wurde gegen den Willen der TU Berlin und der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur von der Finanzverwaltung zu einem Teil an die BP verkauft. Vom Erlös hat die TU Berlin bis heute nicht die ihr nach den Hochschulverträgen zustehende Hälfte erhalten. Ungeklärt ist auch, warum ein Grundstück von rd. 4.000 Quadratmetern, das ungeteilt nach vorliegenden Expertenschätzungen einen Preis von rd. 8.000 DM je Quadratmeter hätte erbringen müssen, so geteilt wurde, daß für die verkauften ca. 1.100 Quadratmeter nur rd. 1,5 Millionen DM erzielt wurden. Entsprechende Anfragen der TU Berlin bei der Senatsverwaltung sind seit mehr als acht Monaten unbeantwortet geblieben.
  • Hemmend für die Reformen ist schließlich die nach wie vor bei der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur bestehende Neigung, die Universitäten bei der Art und Weise ihrer Aufgabenerledigung zu reglementieren. So möchte Senator Radunski eine ganze Reihe von Regulierungen zum Studium, deren Nutzen für den Studienerfolg höchst umstritten ist, zum Gegenstand der Verlängerung der Hochschulverträge machen. Er verstößt damit gegen seine eigene Philosophie, die Universitäten selber entscheiden zu lassen, mit welchen Mitteln sie die vereinbarte Leistung bewirken.

Besonders erfreulich ist das hohe Engagement der Gesellschaft von Freunden der TU Berlin, die sich unter ihrem neuen Vorsitzenden Dr. E.h. Heinz Dürr anschickt, den Reformprozeß durch ihre eigenen Netzwerke und die finanzielle Unterstützung richtungsweisender Projekte (z.B. Absolventenprogramm, Spin-off-Betreuung, neue Universitätsbibliothek) zu befördern.


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