TU intern - Juli 1998 - Mathematik
Warum gibt es keinen Nobelpreis für Mathematik?
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Die russische Mathematikerin Sonya Kovalevski lebte von 1850 bis 1891 und war eine der ersten Profesorinnen der Mathematik. Zugleich war sie politisch engagiert, aktive Frauenrechtlerin und eine erfolgreiche Schriftstellerin. Sie studierte in Heidelberg Mathematik, allerdings erst nachdem sich Professoren der Mathematik und Physik für sie eingesetzt hatten. 1870 ging sie nach Berlin und studierte bei dem bedeutendsten Mathematiker der damaligen Zeit, Karl Weierstraß. Zwischen Herbst 1873 und Frühjahr 1874 schrieb sie umfassende mathematische Arbeiten. Die wichtigste davon wird heute als erstes grundlegendes Werk zur allgemeinen Theorie partieller Differentialgleichungen angesehen. Nachdem Sonya Kovalevski für einige Zeit in St. Petersburg war und im Jahr 1878 ihrer Tochter Sophia gebar, ging sie als Privatdozentin an die Universität Stockholm. Gegen starken Widerstand setzte 1884 ihr Kollege Gösta Mittag-Leffler, der sie nach Schweden geholt hatte, für sie eine außerordentliche Professur auf fünf Jahre durch. Ende 1887 lernte sie Alfred Nobel kennen, der ihr auch den Hof machte, eine Affäre aber kam zwischen den beiden nicht zustande. Trotzdem hält sich bis heute das Gerücht, daß es keinen Nobelpreis für Mathematik gebe, weil Sonya eine Liaison mit Nobel gehabt habe und ihn wegen Mittag-Leffler verlassen habe. Der wirkliche Grund war aber wohl, daß für Nobel die Mathematik keinen "Nutzen für die Menschheit" zu haben schien. Sonya Kovalevski war als Lehrerin sehr erfolgreich und bei den Studenten beliebt. Sie war Mitherausgeberin der "Acta Mathematica". Im Kreis europäischer Mathematiker wurde sie mehr und mehr als Gleiche unter Gleichen anerkannt. Als Höhepunkt ihrer Laufbahn erhielt sie 1888 den Prix Bordin für ihre Arbeit zum "Rotationsproblem". Im Juni 1889 wurde sie zur ordentlichen Professorin in Stockholm berufen. Zwei Jahre später starb Sonya Kowalevski im Alter von 41 Jahren. Janny Glaesmer © 7/'98 TU-Pressestelle |