TU intern - Juli 1998 - Hochschulpolitik

Weg mit dem alten Verwaltungszopf

Zeitlich befristete Arbeitsverträge zwischen Hochschulen und Wissenschaftlern dürfen maximal über einen Zeitraum von fünf Jahren abgeschlossen werden, so sagt es das Hochschulrahmengesetz. Warum dieser alte ”Verwaltungszopf" nicht endlich abgeschnitten wird fragt Joachim Rübner vom Fachbereich Chemie.

Am 31. 12. 1998 kommt für eine größere Gruppe von Wissenschaftlern das endgültige AUS ihrer Berufstätigkeit an der TU Berlin. Die Rede ist von den Forschern, welche aus außeruniversitären Forschungsinstituten der ehemaligen DDR zunächst im Rahmen des Wissenschaftler-Integrations-Programms, später im Hochschulsonderprogramm III, gefördert wurden. Mit der Übernahme unentgeltlicher Lehraufträge, der Einwerbung von Drittmitteln und einer hohen Publizieraktivität trugen sie wesentlich zur Aufrechterhaltung des Lehr- und Forschungsbetriebes bei. Das sich nun eröffnende Problem betrifft jedoch nicht nur sie, sondern alle Wissenschaftler, die ihre berufliche Entwicklung im Rahmen befristeter Arbeitsverträge an Hochschulen beginnen und nach maximal fünf Jahren beenden müssen.

”5-JAHRESKLAUSEL" IN ZEITEN DER VOLLBESCHÄFTIGUNG NÜTZLICH

Diese ”5-Jahresklausel" war in Zeiten der Vollbeschäftigung nützlich, da sie die Universitäten bei der Einrichtung fester Planstellen in die Pflicht nehmen sollte. Doch unter den gegenwärtigen Umständen der Forschung ist eine Abkehr davon grundsätzlich notwendig. Wenn einerseits Fördersummen für die Forschung nicht wesentlich zunehmen und die Sparzwänge an den Hochschulen eine Schaffung von Planstellen in Lehre und Forschung verhindern und andererseits die Zahl der Bewerber um Geld und Stellen eher zunimmt, dann sollten nur wichtige Forschungsthemen und selbstredend fähige Wissenschaftler gefördert werden. Also solche, die den Nachweis ihrer Leistungsfähigkeit erbracht haben. Dieses Prinzip einer ehrlichen Forschungsförderung sollte nachvollziehbar und einsichtig sein.

Die Realität ist aber eine andere; denn die Vorschrift steht dieser Form der Forschungsförderung entgegen. Nach fünfjähriger Tätigkeit an einer Universität wird ein Wissenschaftler von einer Weiterbeschäftigung ausgeschlossen, auch dann, wenn der- oder diejenige die Mittel für seine/ihre Tätigkeit selbst aus Drittmittel- oder Industrieverträgen einbringen kann. Dem Wissenschaftler, der in der Lage ist, Personal- und Sachmittel für seine Arbeit selbst beizubringen, wird damit nur durch die Anwendung der ”5-Jahresklausel" das Recht auf Berufsausübung entzogen.

Vorschläge zur Umgehung dieser Vorschrift wie ein Universitätswechsel unter Mitnahme der Mittel, die Gründung eines Aninstituts oder gar Anrufung eines Arbeitsgerichts mit dem Hinweis auf einen wahrscheinlichen Erfolg sind unehrlich und gehen am Kern der Sache vorbei. Denn das Ausscheiden des betroffenen Wissenschaftlers betrifft diesen nicht nur persönlich. In den meisten Fällen erfährt eine ganze Gruppe oder eine gemeinsam bearbeitete Aufgabe erheblichen Schaden. Betreute Techniken und Verfahren, die der Mitarbeiter zum Nutzen des Arbeitskreises aufgebaut und betrieben hat, für die nur er die Betreibergenehmigung besitzt, die weltweit anerkannt sind, die letztlich zum guten Ruf ”seiner" Universität beigetragen haben, können nicht mehr betrieben werden.

Warum wird dieser ”Verwaltungszopf" nicht einfach abgeschnitten und durch die Empfehlung ersetzt: Solange ein Wissenschaftler in der Lage ist, Personal- und Sachmittel zur Finanzierung seiner Arbeiten einzuwerben, sollte ihm die Möglichkeit eingeräumt werden, an der Universität weiterarbeiten zu dürfen, auch über die Zeitspanne von fünf Jahren hinaus.

Den Personalverwaltern an den Universitäten ist dieses Dilemma bekannt. Bisher sind jedoch keine Aktivitäten erkennbar, aus denen ein Bemühen um eine Lösung des Problems herzuleiten wäre.

Die bereits durch massive Mittelkürzungen verursachte, merkbare Schädigung der Hochschulen in Lehre und Forschung wird durch eine buchstabentreue Anwendung der ”5-Jahresklausel" weiter beschleunigt; denn derzeit wird die Arbeit in den Fachgebieten und Instituten zum großen Teil von den auf Drittmittelbasis tätigen Mitarbeitern getragen, weil es den Mittelbau schon nicht mehr gibt. Und für jede Drittmittelstelle kommt unausweichlich nach fünf Jahren der Rausschmiß. Die eingangs erwähnten 15 Ex-DDR-Wissenschaftler an der TU werden Ende des Jahres vor die Tür gesetzt, obwohl das HSP III für vier Jahre, also bis zum 31. 12. 2000, konzipiert ist.

Bleibt die Frage: Wie lange können sich die deutschen Hochschulen solch einen Unfug noch leisten, leistungsfähige und bei der Drittmitteleinwerbung erfolgreiche Mitarbeiter dank einer ”5-Jahresklausel" vor die Tür zu setzen und damit Forschungskapazität zu vernichten?


© 7/'98 TU-Pressestelle