TU intern - Juni 1998 - Hochschulpolitik

Ein Gewinn für die TU Berlin

Kurt Kutzler von der Gruppe der Unabhängigen Hochschullehrer zum neuen Struktur- und Ausstattungsplan

In den letzten Jahren war der Akademische Senat unserer Universität über die Folgerungen und Konsequenzen, die aus den vom Staat oktroyierten Kürzungen zu ziehen sind, aufs schwerste zerstritten. Viele Beobachter hielten eine Einigung zwischen den Fraktionen für unmöglich.

Doch die in der entscheidenden Stunde gemeinsam empfundene Verantwortung für die Zukunft der TU Berlin überbrückte die bestehenden tiefen Differenzen. Ein langes Einigungsgespräch zwischen allen AS-Mitgliedern unter Einbindung des Präsidenten führte schließlich zu dem am 26. März ohne Gegenstimme mit nur einer Enthaltung verabschiedeten Beschluß über den Struktur- und Ausstattungsplan der TU - ein Grad der Einigung, den die anderen Berliner Universitäten bei weniger weitreichenden Beschlüssen nicht zu erzielen vermochten. Damit wurde auch eine wichtige Klausel des Vertrages der Berliner Hochschulen mit dem Land Berlin zur Sicherung der TU-Finanzen erfüllt.

EIN AKZEPTABLES ERGEBNIS

Die zwischen den Fraktionen getroffenen Vereinbarungen stellen unter den gegebenen Rahmenbedingungen ein akzeptables Ergebnis dar.

Im einzelnen bestätigte der AS die im Januar beschlossene Gliederung in acht Fakultäten. Er bekannte sich gleichzeitig zu der Notwendigkeit, durch die Einrichtung multidisziplinärer, fakultätsübergreifender Forschungsschwerpunkte die wissenschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der TU im nationalen und internationalen Rahmen zu stärken. Die Fakultätsgliederung bildet die Grobstruktur für das künftige Profil unserer Hochschule.

Die TU Berlin wird auch in Zukunft zu Recht das Adjektiv ”Technisch" in ihrem Namen tragen können. Dafür garantieren die fünf, im wesentlichen ingenieurwissenschaftlich geprägten Fakultäten, die Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät und die Fakultät für Wirtschafts- und Managementwissenschaften.

BEKENNTNIS ZU DEN GEISTESWISSENSCHAFTEN

Der Fachbereich 1 Kommunikations- und Geschichtswissenschaften wird mit einer Reihe von erziehungs- und unterrichtswissenschaftlichen Fächern ebenfalls eine Fakultät bilden. Der AS bekannte sich damit zu den Geisteswissenschaften an der TU wegen ihres hohen fachlichen Ansehens und wegen der öffentlichen Forderung, künftig geisteswissenschaftliche Komponenten in die Ingenieursausbildung zu integrieren.

Die TU war sich stets einig, daß die Ausbildung von Studienräten mit einer beruflichen Fachrichtung ebenso wie der Bereich der Arbeitslehre und die fachwissenschaftliche Studienratsausbildung in den Geistes- und Naturwissenschaften erhalten bleiben sollten. Dies hatte der Akademische Senat bereits im Sommer 1997 beschlossen. Die Abwägung der Vor- und Nachteile, die entstehen, wenn die hierfür nötigen erziehungs- und unterrichtswissenschaftlichen Lehranteile als Service von anderen Universitäten abgerufen werden müssen, führte schließlich zu der Überzeugung, diesen Bereich mit einer sehr stark reduzierten Ausstattung an der TU zu erhalten. Allerdings werden der Diplom-Studiengang Erziehungswissenschaft, die Ausbildung von Biologie-Lehrern und die Lehrerbildung mit nur einem Fach (L 1) auslaufen.

Mit dem Ausstattungsplan, der gleichzeitig als erster Umsetzungsschritt der Strukturplanung beschlossen wurde, vollzog der AS gegenüber den früheren Hochschulentwicklungsplänen einen Paradigmawechsel: Endlich setzte sich die Einsicht durch, daß in einer wissenschaftlichen Hochschule Lehre und Forschung Aufgaben von gleichrangiger Wichtigkeit sind; sie sind dementsprechend bei den Ausstattungskriterien zu berücksichtigen; künftig werden nicht mehr allein Studienanfängerzahlen die Bemessungsgrundlage bilden. Neben einer wissenschaftsbereichsspezifischen Basisausstattung erhalten die Fakultäten eine personelle Grundausstattung, die sich in gleichem Maße an Leistungsparametern in Forschung und Lehre orientiert. Der AS wird im nächsten halben Jahr ein Kennziffernsystem verabschieden. Dieses soll im Rahmen der Budgetierung eine leistungsorientierte Dynamisierung der Fakultätsausstattung bewirken. Die Studienplatzzahlen der Studiengänge werden sich künftig daran orientieren.

Mit den Beschlüssen vom 26. 3. 98 ist die Strukturplanung der TU noch nicht abgeschlossen. Demnächst wird sich der AS mit dem Umfang und der Form des künftigen Studienangebotes befassen. Hierbei werden gegebenenfalls auch Fragen der Struktur oder der Ausstattung noch einmal aufgegriffen und Inkompatibiltäten korrigiert werden müssen.

Die Mehrheitsfraktion wird in der nächsten Zukunft ihre besondere Aufmerksamkeit darauf richten, daß die Friktionen, die beim Übergang in die neue Sollstruktur entstehen, durch entsprechende, flankierende Maßnahmen in erträglichem Rahmen bleiben.

Durch die drastischen Kürzungen der Staatszuwendungen hat die TU sehr viel verloren. Die AS-Beschlüsse weisen unserer Universität über die augenblicklichen, schweren Engpässe hinaus einen konstruktiven Weg in die Zukunft.


© 6/'98 TU-Pressestelle