TU intern - Mai 1998 - Hochschulpolitik

Wozu noch Studienbüros?

Die Technische Universität Berlin wird in den nächsten Monaten darüber entscheiden, ob sie weiterhin Studienbüros haben will, die die Bemühungen um eine Qualitätssicherung in Lehre und Studium koordinieren helfen. Der Akademische Senat hat die Fortführung der Studienbüros von deren positiven Begutachtung abhängig gemacht. Im nachfolgenden einige Thesen zur Begründung der Studienbüros.

KONTINUITÄT UND AUSTAUSCH INNERHALB DER FACHBEREICHE

Zuständig für die Organisation der Lehre an der Universität sind die Fachbereiche. Innerhalb dieser nehmen die Fachgebiete als Teile der Institute diese Aufgabe wahr. Gremien und Kommissionen übernehmen dabei besondere Funktionen wie Koordination, Erneuerung, Überwachung der Prozeßabläufe und Ergebnisse. Sie sind in ihrer Arbeit stark vom Wechsel der Personen beeinflußt, so daß das Wissen über Lehre und Studium bruchstückhaft bleibt. Einmal erreichte Erfolge und Einsichten gehen regelmäßig verloren, wenn Hochschulschullehrer wechseln, akademische Mitarbeiter und Studierende kommen und gehen. Unter den Hochschullehrern eines Fachbereiches besteht die Neigung, sich in die Fachgebiete der Kollegen nicht "einzumischen" und dies umgekehrt auch nicht zu dulden. Ein Austausch wird als "Belehren" erfahren und vermieden. Als Folge davon ist ein Fachbereich - als Gesamtheit von Fachgebieten, Instituten und Gremien - oft nicht in der Lage, zu Lehre und Studium wirklich kompetent Auskunft über sich selbst zu geben. Dazu braucht er eine interne Zuarbeitungsinstanz, wie es ein Studienbüro ist.

KOORDINATION UND ZUARBEIT

Die Bemühungen eines Fachbereiches um ein klareres Bild seiner Aufgaben, Stärken und Probleme in Lehre und Studium und um eine kontinuierliche Qualitätssicherung in diesem Bereich müssen von einer Stelle koordiniert werden. Dies darf nicht im Sinne eines Substitutionsprinzips geschehen, nach dem bereits die Einrichtung einer solchen Stelle die Qualitätssicherung selbst darstellt! Vielmehr muß eine solche Stelle zur Koordination von Studienfragen eine Instanz sein, die den Hochschullehrern, Instituten und dem Fachbereich als Ganzem zuarbeitet. Sie scheitert als Instanz unwiderruflich, wenn die Fachgebiete nicht mit- und zusammenarbeiten.

ABSTIMMUNG VON STUDIUM UND LEHRE

Studium und Lehre sind zwei grundverschiedene Größen, deren Abstimmung aufeinander bewußt organisiert werden muß. Die Lehre neigt dazu, sich ausschließlich am eigenen Fach zu orientieren. Das Studium aber fragt nicht nur nach dem Fach, sondern auch nach der Ganzheit des Studiums, nach der außeruniversitären Entwicklung, nach den Lebensbedingungen und Selbstverwirklichungsvorstellungen der Studierenden. Um beide aufeinander abzustimmen, ist ein dauerhafter und simultaner Arbeitsprozeß am Fachbereich notwendig, in dem die Lehre systematisch modernisiert, die Lebenswirklichkeit der Studierenden erkundet und das erforderliche Wissen über die Ergebnisse des Lehrens und Lernens gesammelt und ausgewertet wird.

ELEMENT EINES MODERNEN FACHBEREICHSMANAGEMENTS

Das Studienbüro muß eine neutrale, nur der "Sache" verpflichtete Position einnehmen. Bei aller Eigenständigkeit und Autonomie, die die Ausführung einer solchen Arbeit erfordert, ist es selbstverständlich, daß der Fachbereichsrat einer solchen Instanz gegenüber weisungsbefugt ist. Wächst am Fachbereich das Verständnis für das Potential eines Studienbüros, kann es helfen, die Disfunktionalität bisheriger Arbeitsprozesse am Fachbereich aufzuspüren, Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten und zum Teil selbst umzusetzen. Es kann zielgerichtet Informationen über Studium und Lehre beschaffen und aufbereiten, so daß der Fachbereich den Ist-Zustand auf diesen Gebieten erkennt und Zielvereinbarungen herbeiführen kann.

EINRICHTUNG UND FINANZIERUNGEINER "KOORDINIERUNGSSTELLE FÜR STUDIENFRAGEN" AM FACHBEREICH

Im Rahmen der stärkeren Eigenverantwortlichkeit der Fachbereiche sollte die Technische Universität den Fachbereichen Mittel für ein oder zwei Stellen zur Verfügung stellen, die die oben beschriebenen Tätigkeiten auf der Ebene von Lehre und Studium zu verantworten haben. Es wäre verfehlt, solche Stellen aus dem Budget für die Lehre zu bezahlen. Die zu verrichtenden Tätigkeiten implizieren keine Lehre. Sie sind eher mit der Arbeit der Planer in der Zentralen Universitätsverwaltung vergleichbar, allerdings auf dezentraler Ebene. In einem Betrieb wären die Stellen einem Bereich für Planung und Organisationsentwicklung zuzuordnen.

Ein Verzicht auf Studienbüros würde die gerade sichtbar werdenden Erfolge zerstören. Eine Entscheidung dafür wäre eine Entscheidung für eine Veränderung der Organisationsstrukturen und Arbeitsprinzipien am Fachbereich, die dringend ansteht.

Wim Görts, Studienbüro des FB 10

Dieser Artikel gibt die persönliche Meinung des Autors wieder. Eine ausführlichere Ausarbeitung der vertretenen Thesen ist bei der Redaktion oder beim Autor erhältlich. Tel: 314-7 94 81. E-Mail: goer0620@mailszrz.zrz.tu-berlin.de


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