TU intern - November 1998 - Menschen

Medizintechniker sind Spitze

TU-Studierende gewinnen fünf von neun Preisen bei einem Wettbewerb

v. l. n. r.: Sven Bock, Monika Hampke, Stephan Schrader, Martti Naunin, Zongwen Wendt
Bei den Olympischen Spielen wäre es mit drei Gold-, einer Silber und einer Bronzemedaille bei drei Disziplinen unangefochten Platz 1 in der Nationenwertung. Solch eine erfolgreiche Bilanz erreichten fünf Medizintechnikstudierende von Professor Dr.-Ing. Ulrich Boenick aus dem Institut für Mikrotechnik und Medizintechnik der TU Berlin beim Studentenwettbewerb der Deutschen Gesellschaft für Biomedizinische Technik (DGBMT).

Dieser Wettbewerb wird alljährlich im Rahmen der Jahrestagung der DGBMT durchgeführt. In der Kategorie ”Technik in Diagnostik und Therapie" holten Sven Bock den 1. Preis und Zongwen Wendt den 3. Preis. Monika Hampke landete

in der Kategorie ”Bildgebende Verfahren und Bildbearbeitung" auf Platz 1. Stephan Schrader gewann die Konkurrenz in der ”Herz- und Kreislauftechnik" vor dem Zweitplazierten Martti Naunin. Für jeden 1. Preis gab es jeweils 1000,- DM, für den zweiten 600,- DM und für den dritten 400,- DM Preisgeld.

Neben der eingereichten Arbeit und dem Vortrag bewertete die Jury auch die Zeitdisziplin des Vortragenden und dessen Kompetenz in der Diskussion.

KNOCHENBRÜCHE

Sven Bock beschäftigte sich in seiner Studienarbeit mit Schädigungen von Marknägeln. Marknagelungen werden zur Behandlung von Knochenbrüchen vorgenommen. Dabei dienen geschraubte oder genagelte Implantate zur Fixerung der Knochenbruchstücke. Während des operativen Eingriffs kann es zu Beschädigungen der Marknägel kommen. Sven Bock hat festgestellt, daß diese Beschädigungen die Dauerfestigkeit der Marknägel erheblich beeinträchtigen und damit das Implantat versagen kann. Seine Arbeit entstand in Zusammenarbeit mit dem Biomechanischen Institut des Hennipin County Medical Center der Universität von Minnesota in Minneapolis.

Ausgangspunkt für Monika Hampkes Arbeit, die in Zusammenarbeit mit der Firma Mediport Consult und den University Hospitals of Cleveland/Ohio entstand, waren Methoden der künstlichen Erwärmung (Hyperthermie) von Körperpartien. Dadurch soll die Durchblutung gesteigert werden, was zum Beispiel bei nicht operablen Tumoren die Lebensqualität des Patienten deutlich verbessern kann.

HYPERTHERMIE

Bekannte Methoden sind die Anwendung von Ultraschall und von Lasergeräten, wobei der Erwärmungseffekt in der Tiefe des Gewebes über die Kernspintomographie überwacht wird. Diese Überwachungsmethode hatte bisher den Nachteil, daß nur eine qualitative Temperaturveränderung zu erkennen war. Das besondere an Monika Hampkes Arbeit ist, daß die Kernspintomographie nun erstmals für eine genaue Ermittlung der Temperaturverteilung genutzt wird. Aus den Bilddaten errechnet die TU-Studierende die Temperaturwerte im Gewebe. Eine Messung durch andere, nur oberflächlich wirkende Geräte entfällt.

Herzinfarkte entstehen durch die Verengung von Herzkranzgefäßen. Als Gegenmaßnahme werden entweder Medikamente verordnet, dem Patienten ein Bypass angelegt oder die Gefäße mit Hilfe eines Ballonkatheters erweitert. Bei der Behandlung mit einem Katheter kommt es jedoch in 30 Prozent der Fälle an der gleichen Stelle wieder zu einer Verengung.

HILFE FÜRS HERZ

Abhilfe versprechen sogenannte Endoprothesen, diese röhrenförmigen Drahtgestelle werden auch als Stents bezeichnet. Diese Stents verbleiben dauerhaft in den Gefäßen und reduzieren so die Gefahr einer neuerlichen Verengung. Stephan Schrader hat in Zusammenarbeit mit dem Heart System Research Center des Technion Haifa (Israel) verschiedene Stent-Modelle hinsichtlich ihrer mechanischen Eigenschaften untersucht, unter anderem wie sie auf Druckerhöhung im Blutgefäß reagieren.

Martti Naunin hat sich in Zusammenarbeit mit der Bioengineering Unit der University of Strathclyde (UK) mit der Herstellung von künstlichen Herzklappen aus biologischen Materialien beschäftigt. In der Vergangenheit hat sich Perikard (Gewebe des Herzbeutels) als ein geeignetes Material erwiesen. Bevorzugt wurde bisher Rinderperikard. Seit dem Auftreten von BSE in britischem Vieh wird jedoch nach einem Ersatz gesucht. Die Aufmerksamkeit richtet sich nun auf humanes Gewebe und Schweineperikard. Martti Naunin hält aufgrund seiner Untersuchungen beides für einen möglichen Ersatzstoff, doch müßten die abweichenden mechanischen Eigenschaften in der Klappenkonstruktion berücksichtigt werden.

BLUTDRUCK

Um die invasive Blutdruckmessung - hier wird der Blutdruck direkt in der Arterie gemessen, eine gegenüber der äußeren Bludruckmesung mit Druckluftmanschetten wesentlich genauere Methode - ging es in der Arbeit von Frau Zongwen Wendt. Mit sogenannten externen Einwegtransducern wird bei dieser Methode der Druck über eine Flüssigkeitssäule im Katheter gemessen. Diese Blutdruckmeßtechnik spielt insbesondere bei der Narkose und in der Intensivmedizin eine wichtige Rolle. Jedoch wird die Qualität und die Aussagefähigkeit des Signals, das bei der Druckmessung ermittelt wird, vom Übertragungsverhalten des Meßsystems beeinflußt. Frau Wendt hat nun ein analytisches Modell entwickelt, mit dem das Übertragungsverhalten berechnet werden kann. Die in der Entwicklung neuer Systeme notwendige und aufwendige Messung des Einflusses zusätzlicher Systemkomponenten entfallen. Die Arbeit entstand in Zusammenarbeit mit einer Berliner Medizintechnik-Firma.

cho


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