TU intern - November 1998 - Studium

Für Interessierte offen

Ein Funkhaus für das BundesHochschulRadio in Berlin

Vom Rand der Plattform aus kann man nach rechts und links auf die benachbarten Ebenen herüber blicken, die jeweils ein halbes Geschoß höher oder tiefer liegen. Dadurch ergeben sich Kontaktmöglichkeiten in vier Richtungen. An der Vorderseite der Plattform bietet sich durch eine großflächige Glasfassade Ausblick auf die Stadtbahn und an der Rückwand verbindet eine offene Treppe die verschiedenen Ebenen miteinander. Was ist das für eigenartiger, (noch) fiktiven Raum? Es sind die Redaktionsbüros eines Radiosenders, Bestandteil des BundesHochschulRadio-Funkhaus, das der Architekturstudent Paul Gronert in seiner Diplomarbeit entworfen hat.

”Ich höre was, was Du nicht siehst." Allen Unkenrufen zum Trotz hat der Rundfunk die Einführung des Fernsehens und die Ausbreitung des Internets überlebt. Die Beliebtheit des ein-sinnigen Mediums Radio ist ungebrochen. Seit 75 Jahren hört (fast) jeder zu, obwohl er oder sie nichts sieht. Visuell in Erscheinung tritt der Rundfunk nur am Ort seiner Erstellung - im Funkhaus.

Am 29. Oktober 1923 begann der tägliche Rundfunksendebetrieb in Deutschland mit einer Sendung aus dem Vox-Haus in der Potsdamer Straße in Berlin. Die zunächst nur sehr provisorisch hergerichteten Funkräume im Dachgeschoß des Geschäftshauses wurden allmählich zu ”richtigen" Studios umgebaut. Im Laufe der Zeit veränderten sich aber nicht nur die Anforderungen an Produktionsräume und die Funkhäuser, sondern auch der Rundfunk selbst.

Eine der wichtigsten rundfunkpolitischen Entwicklungen der neunziger Jahre in Deutschland war das Entstehen von Hochschul-Radios und deren Etablierung auf dem Radiomarkt. Da die über 50 Hochschul-Radiogruppen nur einzelne Stunden Sendezeit am Tag, in der Woche oder im Monat mit eigenen Sendungen bestreiten können, entstand die Idee eines bundesweiten Mantelprogramms, das die freie Sendezeit füllt und gleichzeitig institutionalisierten Programmaustausch gewährleistet.

Im Laufe der Zeit veränderten sich nicht nur die Produktionsräume sondern auch der Rundfunk selbst
Ein Gebäude für solch ein BundesHochschulRadio muß in vielen Bereichen andere Eigenschaften haben als die öffentlich-rechtlichen Funkhäuser oder die durch kommerzielle Sender genutzten Gebäude. Welche Eigenschaften das sind und wie sie sich baulich umsetzten lassen, versuchte Paul Gronert, Architekturstudent an der TU Berlin, mit seiner Diplomarbeit zu beantworten. Dabei kann er auf eigene Erfahrungen mit dem Medium Radio zurückgreifen. Zunächst arbeitete er, mehr aus Neugier und Spaß, bei Radio 100000 mit. Ein Studienreformprojekt der Kommunikationswissenschaftler der TU Berlin, welches aus den Studierendenstreiks Ende der 80er Jahre hervorgegangen war. Darüber entstand der Kontakt zu uniRadio. Er beteiligte sich aktiv an dessen Gründung und gehört zu den Urherbern der Wochenendsendung RX5. Neben seinem Architekturstudium fand er für eineinhalb Jahre auch Zeit, die Arbeit bei uniRadio als Tutor zu begleiten. Der Entwurf eines Funkhauses für das BundesHochschulRadio in Berlin verbindet nun seine Erfahrungen aus den Bereichen Radio und Medien. Darin öffnet sich das Gebäude für Interessierte, will zum Mitmachen einladen sowie die innere Organisation und die Arbeitsabläufe der Radioprogrammerstellung nach außen hin deutlich machen. Diese neue Interpretation des Typus Funkhaus führt auch zu einer veränderten Funktionszuordnung und Raumkonstellation im Inneren. Der überdachte Hof wird zur Eingangshalle, zum Café und zum Veranstaltungsort. Die Sende- und Produktionsstudios sind übereinander angeordnet und bilden einen eigenen Bauteil mit fünfeckiger Grundfläche. Die Büros für die Recherche und die Vorbereitung der Sendungen sind in einem großen, mehrgeschossigen Raum auf jeweils halbgeschossig zu einander versetzt liegenden Ebenen oder Plattformen untergebracht. Diese innovative, räumliche Anordnung soll die Kommunikation der einzelnen Redaktionen und Mitarbeiter untereinander fördern, da das Zusammenstellen eines Radioprogramms vor allem Teamarbeit ist.

Der angenommene Standort für das BundesHochschulRadio-Funkhaus ist der Hegelplatz in Berlin- Mitte. Er befindet sich einerseits in der Nähe zu Einrichtungen von Parlament und Regierung sowie zu Vertretungen vieler Interessenverbände und anderer Rundfunkanstalten. Andererseits sorgt die Nachbarschaft zur Humboldt-Universität für den nötigen Kontakt mit dem Hochschulleben und mit Studierenden.

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