TU intern - Oktober 1998 - Alumni

Michael Stojan

Das individuelle Gesicht der Stadt

Als er das erste Mal mit Potsdam zu tun hatte, war er Student der TU. Denkmalpflege stand Ende der siebziger Jahre auf dem Stundenplan. Im Zusatzstudium bei Prof. Mielke beschäftigten sich die angehenden Stadt- und Regionalplaner mit dem holländischen Viertel. Seit Anfang September 1998 - das holländische Viertel ist inzwischen renoviert - ist er wieder da. Michael Stojan muß sich wohl an seine Studienzeit erinnert haben, als er erfuhr, daß in Potsdam die Stelle des Baustadtrates zu besetzen sei. Er bewarb sich und wurde vor gut zwei Monaten mit der überwältigenden Mehrheit von 38 aus 41 Stimmen in das Amt des ”Beigeordneten für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen" gewählt.

In Potsdam dürfte die Denkmalpflege auch heute noch ein Thema sein. Doch zunächst will sich der 46 jährige mit Dingen beschäftigen, die er so während seines Studiums wohl kaum gelernt hat. ”Die wichtigste und allererste Aufgabe wird es sein, das Vertrauen von Politik und Bürgern in dieses Dezernat wiederherzustellen", schildert Stojan die Situation. Sein Vorgänger Detlef Kaminski war wegen Korruptionsvorwürfen abgewählt worden, seine Großprojekte, wie das 1,5 Milliarden DM teure Potsdam- Center in die Kritik geraten.

Danach stehen kreative Arbeiten auf Stojans Wunschzettel. ”Ich will nicht nur als Dezernent hier sitzen und Dinge abzeichnen und unterschreiben, sondern aktiv und kreativ Einfluß nehmen auf die Entwicklung der Stadt. Für mich ist das die reizvollste Aufgabe überhaupt, das man sich lossagt von der Einheitsarchitektur wie sie so landauf landab zu finden ist und versucht das individuelle Gesicht der Stadt weiterzuentwickeln."

Stojan ist ein Anhänger des traditionellen Städtebaus. Die Erwartungen der Menschen an ihr Wohnumfeld ändern sich nicht, argumentiert er, auch wenn das von den ”Design"-Kollegen des öfteren vergessen werde. Und so sollen Traditionen in Potsdam auch künftig eine Rolle spielen. ”Ich habe gelesen, daß man in Potsdam immer praktisch, schlicht und kostensparend gebaut hat. Das sind Kriterien, die man wieder als Qualität entdecken muß, die aber vom Trend des momentanen Zeitgeistes doch sehr entfernt sind", sagt Stojan.

Die kreative Seite und die Vielseitigkeit der Stadtplanung haben ihn schon damals gereizt, als er 1974 an der TU Berlin sein Studium der Stadt- und Regionalplanung begann. ”Das ist vielschichtig, immer wieder neu und es wird nie langweilig". Zunächst per Studienplatzvergabe der TU zugeteilt, lernte er deren vielseitiges Angebot und die vielfältigen Zugriffsmöglichkeiten zu Veranstaltungen der Architekten, Landschaftsplaner und Juristen schnell zu schätzen. ”Ich bin ganz schnell wieder zurückgekommen nach Berlin" schildert er das Ende seines ”Ausflugs" zur Uni Dortmund. Dort wollte er nach dem Vordiplom sein Studium fortsetzen. Doch das eher theoretisch orientierte und stark verschulte System sagte ihm nicht zu. In Berlin war es wichtig, schon während des Studiums eigene Schwerpunkte zu setzen. Durch das Jobben in Planungsbüros oder Verwaltungsämtern machte sich Stojan selbst ein Bild davon, was am Studium Ballast ist und wo er Schwerpunkte setzen wollte, um später in der Praxis klarzukommen. Michael Stojan entschied sich damals für Jura, Bauleitplanung und Denkmalpflege. Nach Ende des Studiums 1979 und der Referendarzeit in seiner Heimatstadt Bochum ging er als Planungsamtsleiter nach Ingolstadt. 1986 folgt ein Wechsel nach Gütersloh, wo er sich besonders durch ökologisch orientiertes Planen und Bauen einen Namen gemacht hat.

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verläßt er nun diese Stadt, denn eigentlich ist er kein Freund des Wechsels. ”Um gut arbeiten zu können, braucht man ein großes Hintergrundwissen und muß sich umfassende Infos verschaffen". Wissen, das bei einem Wechsel verfällt. Da mußte schon eine echte Herausforderung kommen, so wie Potsdam eben, als eine der ”stadtplanerisch interessantesten Aufgaben, die Deutschland zu bieten hat".

urs


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