TU intern - Oktober 1998 - Wissenschaft
Viel Geld für junge ForscherVolkswagen-Stiftung finanziert eigene Arbeitsgruppen für junge Wissenschaftler
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Das Verhalten technischer Systeme kann heute mit hoher Genauigkeit simuliert werden, aber welchen Einfluß hat der Mensch? | |
Die TU Berlin kann sich mit ihrer Nachwuchsarbeit sehen lassen:
Von den sechs Arbeitsgruppen, die in diesem Jahr für das
Programm Nachwuchsgruppen an Universitäten"
der Volkswagen-Stiftung
ausgewählt wurden, kommen zwei von der TU Berlin. Die Gruppe
Bedienermodelle in dynamischen Mensch-Maschine-Systemen"
erhält für die kommenden fünf Jahre 1,94 Millionen
DM Forschungsgelder, die Gruppe Geschlecht, Ressourcen und
Gesundheit in der Erwerbs- und Familienarbeit" 1,58 Millionen
DM. Bereits im vergangenen Jahr wurde mit der Arbeitsgruppe für
Mathematische Musiktheorie: Computergestützte Repräsentation,
Analyse und Vermittlung musikalischer und musiktheoretischer Strukturen"
(1,5 Millionen DM Förderung) eine TU-Gruppe in das Programm
aufgenommen. Keine andere Universität stellt damit so viele
Nachwuchsgruppen wie die TU Berlin.
Mit dem Verhalten von Menschen in Notfallsituationen beschäftigt sich die Nachwuchsgruppe Bedienermodelle in dynamischen Mensch-Maschine-Systemen". Dank der fortgeschrittenen Rechnertechnik kann heute das Verhalten technischer Systeme schon in der Entwurfsphase mit hoher Genauigkeit vorhergesagt werden. Die Modellierung hilft die Entwicklungszeiten und -kosten drastisch zu reduzieren und macht viele Entwicklungen überhaupt erst möglich. Beispielsweise werden Verkehrsflugzeuge heute fast ausschließlich im Rechner entwickelt und ihr Flugverhalten mit Hilfe der Simulation vorhergesagt. Indessen gibt es bislang kaum Modelle, die auch den Einfluß des Menschen in dynamischen Mensch-Maschine-Umgebungen bei komplexen Aufgaben ausreichend genau vorausbestimmen können. WAS TUT DER MENSCH IM NOTFALL? Insbesondere für Notfallsituationen ist deshalb eine Vorhersage des Gesamtsystemverhaltens noch nicht möglich. Die Nachwuchsgruppe am Zentrum Mensch-Maschine-Systeme (ZMMS) der TU Berlin wird sich mit der Modellbildung und Simulation menschlichen Verhaltens in dynamischen Mensch-Maschine-Umgebungen beschäftigen. Schon seit mehreren Jahren sind an der TU Berlin Arbeitsgruppen in der Kognitionspsychologie, der Flugführung, der Fahrzeugtechnik, der Künstlichen Intelligenz und der Anlagentechnik mit der Nachbildung von Bedienerverhalten befaßt. In Zusammenarbeit mit diesen Gruppen wird die Nachwuchsgruppe entsprechend der Ausrichtung der beteiligten Fachgebiete die Modellierung des Verhaltens von Fluglotsen, Piloten, Kraftfahrzeugführern und Operateuren chemischer Anlagen aus übergeordneter Sicht untersuchen. Mit einem ganz anderen Thema befaßt sich die Nachwuchsgruppe Geschlecht, Ressourcen und Gesundheit in der Erwerbs- und Familienarbeit", die Fragen der geschlechtsspezifischen Gesundheitsforschung nachgehen will. Noch vor wenigen Jahren stand in der Gesundheitswissenschaft das Risikofaktorenkonzept im Vordergrund: Anhand sogenannter Einflußfaktoren wurde versucht herauszufinden, wie hoch das Risiko ist, an einer bestimmten Krankheit zu leiden. Heute fragt man nach der ganzen Lebensweise eines Menschen, wenn man seine gesundheitliche Lage herausfinden will. Neben Faktoren wie Entstehung oder Verhütung einer Krankheit sollen auch soziale und psychische Bedingungen einbezogen werden. Eine entscheidende Rolle bei diesem Konzept spielen die gesundheitsbezogenen Ressourcen. Darunter verstehen die Forscher die Gesamtheit der Wahl- und Handlungsmöglichkeiten, die eine Person hat, um ihre Gesundheit zu erhalten. GESUNDHEITSFORSCHUNG Die Nachwuchsgruppe will sich in diesem Zusammenhang mit dem Themenkomplex Arbeit in Beruf und Familie" beschäftigen, unter der Berücksichtigung sozialer, (arbeits-) prozeßbezogener und technologischer Aspekte von Frauenarbeit. Frauen haben eine deutlich höhere Lebenserwartung als Männer, fühlen sich jedoch häufiger gesundheitlich beeinträchtigt und nehmen mehr und häufiger gesundheitliche Versorgungsleistungen in Anspruch. Die Nachwuchsgruppe will einen Forschungsbereich zum Thema Geschlecht, Ressourcen und Gesundheit in der Erwerbs- und Familienarbeit" aufbauen und damit die wissenschaftliche Etablierung der geschlechtsspezifischen Gesundheitsforschung in Deutschland voranzutreiben. Gleichzeitig sollen die für die Public Health-Wissenschaften notwendigen interdisziplinären Arbeitszusammenhänge intensiviert werden. Dadurch wird ein die Fachgrenzen überschreitendes, geschlechtsspezifisches Modell des Zusammenhangs von Gesundheit und Ressourcen angestrebt. Auf diese Weise möchte die Nachwuchsgruppe neue Impulse für eine Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung bieten. Beteiligt sind das Institut für Gesundheitswissenschaften, das Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung und das Institut für Angewandte Informatik. Christian Hohlfeld © 10/'98 TU-Pressestelle |