TU intern - April 1999 - Vermischtes

Zugbrücke außer Betrieb

Für die Gruppe hochkarätiger internationaler Mathematiker, die sich im August 1998 an der TU Berlin zum fünzigsten Internationalen Mathematiker-Kongreß versammelt hatten, war es eine willkommene Überraschung, von einem angesehenen Vertreter der anderen Kultur eine passionierte und wohldurchdachte Analyse zur gegenwärtigen Situation der Mathematik zu hören. Hans Magnus Enzensberger, einer der renommiertesten Schriftsteller der deutschen Nachkriegsliteratur, hielt anläßlich des Kongresses eine Rede mit dem Titel: "Zugbrücke außer Betrieb. Mathematik im Jenseits der Kultur - Eine Außenansicht". Amüsant und unterhaltsam beschrieb Enzensberger, in welchem Vakuum professionelle Mathematiker leben, da der Großteil der Bevölkerung ihre Forschung als abschreckend empfindet und viele sogar mit einer Art Stolz erklären, sie seien mathematische Analphabeten. Die Schuld für diese "Mathematikphobie" sieht Enzensberger in "unserer intellektuellen Sozialisation". Der "Sündenbock", so der Schriftsteller, sei die Schule, die ein rein instrumentelles Verhältnis zur Mathematik vermittele, aber keine Faszination für ihre bedeutenden Probleme. Um diese Kluft zwischen der Mathematik und dem Durchschnittsbürger zu überwinden, plädiert Enzensberger für eine mathematische Alphabetisierung und intelligente Integration mathematischer Ausbildung in unserer Kultur. Dieses sei, so Enzensberger, "ein langwieriges, aber vielversprechendes Projekt, das im zarten Alter zu beginnen hätte und unseren viel zu trägen Gehirnen ein gewisses Fitness-Training und ganz ungewohnte Lustgefühle verschaffen könnte."

Soeben ist der Vortrag "Zugbrücke außer Betrieb. Mathematik im Jenseits der Kultur - Eine Außenansicht" von Hans Magnus Enzensberger in einer deutsch/englischen Ausgabe im Verlag A K Peters, Ltd. erschienen. Ergänzt wird der Text durch ein Vorwort des Präsidenten der "International Mathematical Union", David Mumford, sowie Illustrationen von Karl Heinrich Hoffmann. Durch eine möglichst weite Verbreitung soll die Broschüre unter Lehrern aber auch anderen kulturell Interessierten Vorurteile ausräumen, die Zugbrücke zwischen den Kulturen herunterlassen und die wechselseitige Kommunikation zwischen Mathematik und Kultur ermöglichen.

Die Broschüre kann gegen 4.00 $ Versandkosten per E-Mail: service@akpeters.com, oder Fax: (001) 508/ 655-56 47, direkt beim Verlag A K Peters bestellt werden, oder auch bei Plymbridge Distributors, Ltd., Estover Rd., Plymouth PL6 7PZ, Tel.: (0044) 1752/ 20 23-00, Fax: (0044) 17 52/20 23-30, WWW: http://www.plymbridge.com, E-Mail: cservs@plymbridge.com. Hier kostet die Broschüre 4.00 $. Darüber hinaus ist sie im lokalen Buchhandel erhältlich, wobei manchmal ein Hinweis auf die Auslieferung durch Plymbridge helfen kann.

Mirjam Schmidt


© 4/'99 TU-Pressestelle