TU intern - April 1999 - Alumni

Wo sind die Professorinnen?

Über die Förderung von weiblichen Führungskräften

Schlendert man so über den Campus der TU Berlin, trifft man ungefähr auf genauso viele Frauen wie Männer - Studentinnen und Studenten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bewegt sich der Zeigefinger jedoch über die Liste der Professorinnen und Professoren der TU Berlin, kann er sich lange bewegen, bis er mal wieder auf einen Frauennamen trifft. Überschlagen werden können auf der Suche nach Professorinnen alle Naturwissenschaften und Technikwissenschaften. Eine Ausnahme in der Universitäts-Landschaft ist die TU Berlin mit ihrem geringen Anteil an Frauen in den Führungspositionen nicht. Ein Versuch dagegen anzugehen, ist das C1/C2-Programm zur Förderung von Frauen in den Wissenschaften, das seit 1990 an der TU Berlin erfolgreich durchgeführt wird.

Grundlage für dieses Programm war die Erkenntnis, daß im Zeitraum zwischen 1996 und 2006 rund 70 Prozent aller Professuren an deutschen Universitäten und Fachhochschulen frei werden würden - für Frauen eine riesige Chance. Damit zu diesem Zeitpunkt aber auch genug qualifizierte Frauen vorhanden sind, mußte etwas zur Förderung des weiblichen Wissenschaftsnachwuchses unternommen werden. Noch vor der Wende 1989 beschloß das Abgeordnetenhaus von Berlin eben aus diesem Grund das C1/C2-Programm als Landesprogramm aufzulegen und stellte den beiden Universitäten und den Fachhochschulen im damals noch geteilten Berlin insgesamt 5 Millionen DM zur Verfügung. Für die TU Berlin hieß dies konkret, daß ihr 20 Stellen zur Verfügung gestellt wurden (C1: wissenschaftlicher/e Assistent/in, C2: Oberassistent/in bzw. Oberingenieur/in). 1996 wurde das Programm in die Regelhaushalte der Universitäten überführt, wobei die TU im Zuge der Umverteilungen zwei Stellen an die Humboldt-Universität abgeben mußte.

Hervorgehoben wurde von Beginn an ausdrücklich, daß ein Stellenprogramm und kein Stipendienprogramm aufgelegt werden sollte. "Wichtig ist hier eben die Qualifikation auf Stellen mit allen Erfahrungen in Forschung, Lehre, Verwaltungs- und Gremienarbeit" erklärt die TU-Frauenbeauftragte Heidi Degethoff de Campos ein wichtiges Anliegen des Programms. Die ersten Stellen wurden 1990/91 besetzt, wobei es große Schwierigkeiten gab, Frauen in den Ingenieurbereichen zu finden.

Ausgeschrieben werden die Stellen bundesweit, wobei sie nicht auf bestimmte Fachgebiete bezogen sind. Eine Unterkommission, die sich aus Mitgliedern der Kommission für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs (FNK) und dem Beirat der Frauenbeauftragten zusammensetzt, entscheidet über die Bewerbungen. Neben der Qualifikation müssen die Bewerberinnen mit ihrem Fachgebiet auch in die Forschungslandschaft der TU Berlin passen. "Außerdem sind wir natürlich auch ein bißchen egoistisch bei der Auswahl und schauen, ob auch die Universität Nutzen vom Arbeitsgebiet der Bewerberin hat", erklärt die Frauenbeauftragte. "Immerhin qualifizieren wir hier Wissenschaftlerinnen für andere Universitäten, denn Hausberufungen bei Frauen habe ich hier noch nie erlebt" ergänzt sie dazu. Sie sieht in der Anwesenheit von den C1- und C2-Wissenschaftlerinnen in manchen Instituten auch eine Motivation für Studentinnen, sich für das betreffende Fach zu entscheiden. "Für die TU Berlin und für die Wissenschaftlerinnen ist das Programm ein großer Erfolg", blickt Heidi Degethoff de Campos auf die letzten Jahre zurück. Von den 20 Wissenschaftlerinnen des ersten Durchgangs haben sich 19 habilitiert, viele von ihnen haben mittlerweile C4-Professuren inne. Eine von ihnen ist Dorothea Wagner (vgl. den Beitrag oben), die sich bereits mit 35 Jahren habilitiert hat und heute C4-Professerin für Informatik an der Uni Konstanz ist.

EIN PROBLEM

Ein Problem mit diesem Programm gibt es jedoch auch, und hier wünscht sich die Frauenbeauftragte mehr Engagement von der Universitätsleitung. "Es hat im Bereich der normalen C1- und C2- Stellen im Haushalt einen Verdrängungswettbewerb zuungunsten der Frauen stattgefunden. Hier ist eine gewisse Automatik eingetreten, da man für die normalen C1-Stellen nicht unbedingt nach Frauen suchen muß, dafür gibt es ja das Frauenprogramm." Die "Abschiebung" von Frauen in Sonderprogramme ist ein generelles Problem, auf das auch der Wissenschaftsrat kürzlich aufmerksam gemacht hat. "Nachzudenken wäre hier z. B. über eine Quotenregelung für die C1-Qualifikationsstellen, durch die anfangs 20 oder 30 Prozent der Stellen für die Besetzung durch Frauen zurückgehalten werden könnten" schlägt Heidi Degethoff vor und hofft hierbei auf ein erfolgreiches Ergebnis bei der Diskussion im Rahmen der neuen Hochschulverträge, bei der auch zu diesem Thema verhandelt wird.

bw


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