TU intern - April 1999 - Arbeitsplatz Uni
Wohl dem Fachbereich, der genügend Tutoren hatStudentische Beschäftigte an der TU Berlin
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Studentische Beschäftigte leisten einen wichtigen Beitrag zur Lehre | |
Seit vielen Jahren gibt es an den Berliner Hochschulen studentische
Beschäftigte, die die wissenschaftlichen und künstlerischen
Dienstkräfte in Forschung und Lehre unterstützen. Je
nach Aufgabenbereich unterschiedet man zwei Gruppen. TutorInnen
betreuen Studierende in Praktika, Projekten und Übungen -
sie müssen sich im Hauptstudium befinden. Die zweite Gruppe
bilden die studentischen Beschäftigten ohne Lehraufgaben,
die beispielsweise in Bibliotheken, in der Studienberatung, in
der Forschung oder bei der Rechnerbetreuung arbeiten - sie müssen
sich mindestens im 3. Fachsemester befinden.
An der TU arbeiten zur Zeit 1455 studentische Beschäftigte (Stand 3/99) in Lehre und Forschung. Sie tragen dazu bei, daß Lehre und Studium überhaupt funktionieren - anderenfalls wären z. B. große Bereiche der Bibliotheken deutlich früher geschlossen - und bieten mit ihren Tutorien Lehr- und Lernformen, bei denen Studierende die traditionellen Strukturen einer anonymen Wissensvermittlung verlassen können. Bei Befragungen unter Studierenden werden gerade diese Veranstaltungen als die während des Grundstudiums "sinnvollsten und effizientesten" beschrieben. Hier sei insbesondere auf die selbstverwalteten Projektwerkstätten hingewiesen, in denen intensiv sogenannte Schlüsselqualifikationen wie Teamfähigkeit, Selbständigkeit, soziale Kompetenz etc. geschult werden. In Berlin sichert ein Tarifvertrag (TV Stud II) die Beschäftigungsbedingungen aller Studierenden, anders als an den Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen anderer Bundesländer. Er wurde abgeschlossen zwischen dem Verband der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes (VAdöD) und den Gewerkschaften ÖTV und GEW. Den tariflichen Rahmen bilden eine monatliche Arbeitszeit von mindestens 40 und höchstens 80 Stunden im Monat, eine Beschäftigung für i. d. R. vier Semester, die gegebenenfalls auf bis zu insgesamt vier Jahre verlängert werden kann und eine Bezahlung von zur Zeit 20,31 DM bzw. 18,57 DM. Der heutige Tarifvertrag ist das Produkt zäher Auseinandersetzungen zwischen den Gewerkschaften mit den dort organisierten Studierenden und dem Verband der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes. 1979 erstmals abgeschlossen, konnte er 1986 durch einen Streik der studentischen Beschäftigten verteidigt werden. Aufgrund der allgemeinen Haushaltskürzungen, mit denen die Hochschulen in den letzten Jahren konfrontiert wurden, sind die Stellen studentischer Beschäftigter sowohl von seiten des Wissenschaftssenats als auch von den Hochschulleitungen selbst stark unter Beschuß genommen worden. Die aktuellen Zahlen belegen einen Rückgang der Beschäftigten an der TU seit 1992 um 42 %. Außerdem ließen in den letzten beiden Jahren Wissenschaftssenator Radunski und einzelne Hochschulleitungen die Absicht verlauten, den Tarifvertrag zu kündigen, um die tariflichen Standards bezüglich Bezahlung, Beschäftigungsdauer und Arbeitszeit herunterzufahren. Gemessen an den Tätigkeiten studentischer Beschäftigten in Lehre, Forschung und Beratung erscheint die Vergütung durchaus angemessen. Um als TutorIn arbeiten zu dürfen, ist meist der Abschluß des Grundstudiums Voraussetzung. Hinzu kommt, daß die Hochschulen mit ihren Löhnen dem freien Arbeitsmarkt gegenüber oft schon nicht mehr konkurrenzfähig erscheinen. In Informatik und technisch-naturwissenschaftlichen Bereichen führt das bereits stellenweise zu Bewerbermangel. Die vertragliche Laufzeit von mindestens zwei Jahren stellt sicher, daß die studentischen Beschäftigten ihre Erfahrungen und Kompetenz über einen längeren Zeitraum erwerben und in die Tätigkeit einbringen können. Es ist zu bezweifeln, daß ein Tutorium, bei einer Vertragslaufzeit von unter einem Semester in guter Qualität vorbereitet und durchgeführt werden kann. Ebenso gewährleistet auch der monatliche Stundenumfang von 40-80 Stunden, daß den Beschäftigten genügend Zeit zur Vor- und Nachbereitung der Lehrveranstaltungen zur Verfügung steht, um so deren Qualität zu sichern. Studentische Beschäftigte stellen durch ihre umfangreichen Tätigkeiten eine tragende Säule im Lehrangebot der Technischen Universität dar. Diese Säule gilt es zu erhalten. Durch Gehaltskürzungen, kürzere Vertragslaufzeiten und kürzere Arbeitszeiten wäre die Qualität der Tutorien und anderer Dienstleistungen nicht aufrechtzuerhalten. Statt mit pauschalen Argumenten massive Kürzungen im Bereich studentischer Beschäftigter durchsetzen zu wollen, sollte über geeignete Maßnahmen zum Ausbau des Tutorensystems nachgedacht werden. Gerade die Betreuung von Erstsemestern und das gemeinsame Erlernen von Schlüsselqualifikationen kann in Tutorien optimal erprobt und geübt werden. Die Arbeit der studentischen Beschäftigten trägt wesentlich dazu bei, daß die Studierenden ihre Studienziele erreichen. Bei der künftigen Vergabe der Finanzmittel im Rahmen der Budgetierung an der TU wird u. a. die Zahl erfolgreicher AbsolventInnen innerhalb der Regelstudienzeit eine große Rolle spielen - wohl dem Fachbereich, der genügend TutorInnen hat.
Anja Schultz © 4/'99 TU-Pressestelle |