TU intern - April 1999 - Hochschulpolitik

Erneuerung durch gute Berufungspolitik

Prof. Dr. Kurt Kutzler, 1. Vizepräsident der TU Berlin; er vertritt den Präsidenten Hans-Jürgen Ewers bei dessen Abwesenheit und ist für die Bereiche Berufungsangelegenheiten und Entwicklungsplanung zuständig.

Was wird Ihre erste Aktion im neuen Amt sein?

Es müssen die Rahmenbedingungen für die zügige Wiederbesetzung der im Strukturplan der TU vorgesehenen Fachgebiete geschaffen werden. Deswegen ist vordringlich sicherzustellen, daß auf der Grundlage des Struktur- und Ausstattungsplanes von 1998 die noch ausstehenden entwicklungsplanerischen Entscheidungen (Ausstattungsplan für das nichtwissenschaftliche Personal, C4/C3-Quotierung etc.) umgehend getroffen werden. Diese Maßnahmen sind, neben den Randbedingungen des TU-Haushaltes, die unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Erneuerung der TU durch eine gute Berufungspolitik.

Ihre Vision von der TU Berlin im Jahr 2020?

Die Technische Universität soll sich in den nächsten 21 Jahren so entwickeln, daß die besten Abiturienten des Jahrganges 2002 sich um einen Studienplatz bewerben und gleichzeitig sich die Arbeitgeber des Jahres 2020 vor der Hochschule stauen, um die Absolventen der TU des Jahrganges 1997 für ihr Unternehmen zu gewinnen. Die Forschungsleistungen unserer Institute werden international hohe Wertschätzung genießen; dementsprechend werden sie ausgestattet sein, so daß sie auch weiterhin mit wichtigen und aktuellen Forschungsprojekten zum Wohle von Mensch und Gesellschaft voll ausgelastet sind. Die TU wird ein breites Fortbildungsangebot unterbreiten, das von unseren früheren Absolventen im Sinne lebenslangen Lernens gerne nachgefragt wird, weil es eine befriedigende und erfolgreiche Berufskarriere sichert.

Das nach Ihrer Meinung wichtigste Ereignis des ausgehenden Jahrtausends?

Die Globalisierung in allen Bereichen der Gesellschaft.

Wer ist für Sie der bedeutendste (lebende) Naturwissenschaftler, Politiker, Philosoph?

Andrew Wiles, der nach 300 Jahren das Fermatsche Problem löste.

Welche CD haben Sie zuletzt gehört?

Gustav Mahler, IX. Symphonie, Pierre Boulez, Chicago Symphony Orchestra - Olivier Messiaen, Turangalila Symphonie, Simon Rattle, City of Birmingham Symphony Orchestra - Ernest Chausson, Symphonie in B, Yan Pascal Tortelier, BBC Philharmonic - Dmitri Schostakowitsch, XV. Symphonie, Sir Georg Solti, Chicago Symphony Orchestra. Werke von Hans Pfitzner und Richard Strauss, Christian Thielemann, Orchester der Deutschen Oper Berlin - Franz Schubert, Streichquartette, Melos-Quartett.

Treiben Sie Sport, wenn ja, welche Sportart?

Golf, Tennis.

Ihr Vorbild?

Helmut Schmidt.

Ihr Motto?

"Quidquid agis - prudenter agas et respice finem" und die erste Variation: "Quidquid bibis - prudenter bibas et respice felim". (Anm. d. Red: Was immer du tust, tu es klug und bedenke das Ende. - Was immer du trinkst, trinke klug und bedenke den Kater.)

Wie soll in Zukunft die Zusammenarbeit zwischen Universität und Industrie aussehen?

Die Zusammenarbeit muß zwischen diesen beiden natürlichen Partnern intensiviert werden. Die Technische Universität bildet den höchstqualifizierten Nachwuchs für die Wirtschaft aus und stellt durch ihre anwendungsnahe Forschung der Industrie ein erhebliches Innovationspotential zur Verfügung. Die Rückkopplung mit der Industrie sichert realitätsnahe Arbeit in der Lehre und der anwendungsbezogenen Forschung. Ein positives Beispiel für die Kooperation zu gegenseitigem Nutzen ist das "Zentrum für Wandel und Wissensmanagement", das von der Fa. Siemens und der TU gemeinsam betrieben werden.

Wie kann die TU Berlin ihre Unabhängigkeit bewahren, wenn sie Gelder der privaten Wirtschaft erhält (z. B. über Stiftungsprofessuren)?

Es gibt eine Reihe von ethischen Grundsätzen, die zur Tradition der TU gehören und die auch weiterhin gelten müssen. Unter diesen Randbedingungen sollen die Vereinbarungen mit einem Partner aus der Industrie sich weder direkt oder indirekt gegen konkurrierende Partner richten. Die TU soll auch weiterhin ein offener Ort sein, wo Wettbewerber am Markt miteinander kooperieren.

Angesichts der Haushaltslage: wie ist eine gute Berufungspolitik möglich?

Erstens: durch Prioritätensetzung im Haushalt der TU; nur durch die Besetzung der zahlenmäßig stark steigenden vakanten Fachgebiete wird die mittel- und langfristige Leistungsfähigkeit der Hochschule gesichert. Zweitens: durch individuelle, der Berufungssituation angemessene Maßnahmen, wie z. B. die Einwerbung externer Mittel.


© 4/'99 TU-Pressestelle