TU intern - April 1999 - Wissenschaft
Nachhaltigkeit ganz groß an der TU BerlinHalten Sie gerne ein Schwätzchen mit dem Brandenburger Bauern auf dem Wochenmarkt im Kiez? Oder ist Ihnen Einkaufen eigentlich zuwider und lange Schlangen an der Kasse für Sie ein Grund, sofort wieder umzudrehen? Ist das Gemüseabonnement für Sie die Lösung oder reizt Sie mehr das Erlebnisshopping im Bio-Delikateßladen? Solche und andere Fragen nach unterschiedlichen Konsumentenbedürfnissen und -segmenten werden in einem vom BMBF geförderten Forschungsprojekt an der TU Berlin behandelt. Im Zuge der Diskussion um nachhaltige Konsummuster soll untersucht werden, welche Beiträge verschiedene Vertriebs- und Vermarktungsformen leisten, um ökologisch produzierte Nahrungsmittel und den Gedanken der Nachhaltigkeit an den Mann bzw. an die Frau zu bringen. Die Wissenschaftler um Professor Karl Hübler vom Institut für Management in der Umweltplanung der TU Berlin und Professor Günther Schade vom Fachgebiet Agrarmarketing der HU Berlin werden das Konsumverhalten in Ökologischen Wochenmärkten, dem Shop im Shop bei Karstadt, Bio-Supermärkten und Mitgliederläden genauer unter die Lupe nehmen. Mit den dabei gewonnenen Kenntnissen möchten sie Angebot und Dienstleistungen der verschiedenen Geschäftstypen so optimieren, daß ein nachhaltiges Konsumverhalten gefördert und die Aspekte des Nachhaltigkeitskonzepts bestmöglich vermittelt werden können. Dabei arbeiten die Forscher eng mit Akteuren entlang der gesamten Produktlinie - den Erzeugerverbänden, den Vermarktern von ökologischen Produkten und den Wirtschaftsverbänden - zusammen. Das Projekt trägt den Titel "Wege zur Verbreitung ökologisch produzierter Nahrungsmittel in der Region Berlin-Brandenburg". Die Projektdurchführung ist am Zentrum Technik und Gesellschaft (ZTG) der TU Berlin bei Dr. Susanne Schön und Dr. Martina Schäfer angesiedelt. In einem zweiten Projekt, das ebenfalls vom ZTG koordiniert wird, geht es um "Die Bedeutung von Wohngruppen für die Bildung nachhaltiger Konsummuster". Hier untersuchen die Arbeitsgruppen von Professor Hans Joachim Harloff, Institut für Sozialwissenschaften, Professor Klaus Zillich und Professor Kees Wijnand Christiaanse vom Fachgebiet Hochbauten und Stadterneuerung und Dr. Gabriele Wendorf, Institut für Wirtschaftstheorie, den Zusammenhang von Wohnumgebung und Konsummustern. Man geht heute davon aus, daß es bauliche und soziale Merkmale gibt, die Gruppenbildungen in der Nachbarschaft unterstützen oder hemmen. Beispiel wären das Vorhandensein von Gemeinschaftsräumen, begrünte Innenhöfe mit Sitzgelegenheiten oder auch die sozialstrukturelle Zusammensetzung der Bewohner. Solche Gruppen wiederum haben wesentlichen Einfluß auf die Ausbildung nachhaltiger Konsumstile, da sich bei guten Nachbarschaftskontakten z. B. eher Fahrgemeinschaften bilden, bestimmte Werkzeuge oder Geräte ausgetauscht werden können etc., aber auch dadurch, daß Gruppennormen in der Nachbarschaft einen großen Einfluß auf das Verhalten der einzelnen Bewohner haben können. Die Wissenschaftler erforschen diese Wechselwirkungen zwischen Umwelt, Menschen und ihrem Verhalten. Im Anschluß daran werden sie Strategien entwickeln und erproben, die durch die Beeinflussung von Gruppenprozessen im Wohnbereich die Nachhaltigkeit des Konsums fördern. Dabei sollen sowohl architektonische, sozialpsychologische als auch ökonomische Aspekte berücksichtigt werden. Beide Projekte sind Bestandteile des Forschungsschwerpunkts "Modellprojekte für nachhaltiges Wirtschaften - Innovationen durch Umweltvorsorge" des BMBF. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hatte im Herbst 1997 beschlossen, Forschungsarbeiten zur Entwicklung von Konzepten für nachhaltiges Wirtschaften mit einer Gesamtsumme von 25 Millionen zu fördern. Der Forschungsschwerpunkt legt besonderen Wert auf Projekte mit direktem Anwendungsbezug. tui
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