TU intern - Dezember 1999 - Aktuelles

Kein Gesetz zum redaktionellen Datenschutz

"Wir werden die Sicherheit von personenbezogenen Daten und deren Verarbeitung zu unserem Thema machen, das ist eine neue Aufgabe des Presserats."

Für große Aufregung hatten Ende November die Pläne des Bundesinnenministers Otto Schily zur Reform des Datenschutzgesetzes gesorgt. In Verlagen und Redaktionen sollte ein Datenschutzbeauftragter bestellt werden, der die Einhaltung des Datenschutzes kontrollieren und sogar Recherchen und Veröffentlichungen mit personenbezogenen Daten behindern könnte. Jeder Bürger, der sich durch eine Veröffentlichung betroffen fühlte, sollte künftig Auskunft darüber verlangen können, welche Daten über ihn gespeichert sind. Der Presse drohten bei unzulässiger oder unrichtiger Recherche oder Veröffentlichung Schadensersatzklagen, die über die bereits gültigen Regelungen hinausgingen. Der Presserat sah aufgrund dieser Regelungen "die Gefahr einer Pressezensur unter dem Deckmantel einer vermeintlichen Stärkung des Datenschutzes" und schlug Alarm. Offensichtlich mit Erfolg: Der Entwurf landete nicht, wie zunächst geplant, am 1. Dezember im Bundeskabinett. Otto Schily ließ die Pläne überarbeiten und traf sich zum Gespräch mit dem Presserat. Über Schilys neue Pläne sprach TU intern mit Lutz Tillmanns, Geschäftsführer des Deutschen Presserats.

Herr Tillmanns, wie lauten die neuen Pläne des Innenministers, sind damit Ihre Bedenken bezüglich einer eingeschränkten Pressefreiheit zerstreut?

Der Gesetzentwurf enthielt diverse Regelungen, die die redaktionelle Arbeit betrafen und deutlich einschränkten. Das war Anlass zu unserer Kritik, wir haben am 2. Dezember intensiv mit dem Innenminister darüber gesprochen. Die Regelungen sind damit vom Tisch, die Verpflichtungen werden nicht eingeführt. Stattdessen werden der Innenminister und der Deutsche Presserat eine Vereinbarung abschließen. Darin wird festgelegt, dass der Presserat die Überprüfung der Datensicherheit bei der Verarbeitung personenbezogener Daten in den Redaktionen in Form einer freiwilligen Selbstregulierung übernimmt. Übrigens war auch bislang schon gesetzlich festgelegt, dass bei der redaktionellen Datenverarbeitung die Regelungen zur Datensicherheit einzuhalten sind. Allerdings gab es in diesem Bereich keine Selbstregulierung. Diese soll in Zukunft aufgebaut werden.

Wie soll das konkret aussehen, sollen die Verlage selbst Datenschutzbeauftragte benennen?

Es kann sein, dass einige Verlage eigene Redaktionsdatenschutzbeauftragte bestellen. Dies geschieht dann aber jenseits einer gesetzlichen Verpflichtung, wie sie bislang von Schily geplant war. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass der Presserat Empfehlungen ausspricht, also so etwas wie einen Datenschutzkodex herausgibt oder die bereits existierenden Regeln des Pressekodex ergänzt. Zusätzlich muß eine Regelung gefunden werden, wie man bei Verstößen gegen den Datenschutz beim Presserat Beschwerde einlegen kann. Fest steht, dass wir die Sicherheit von personenbezogenen Daten und deren Verarbeitung zu unserem Thema machen werden, das ist eine neue Aufgabe des Presserates.

Der Auslöser für die Gesetzesänderung war eine neu erlassene EU-Richtlinie, inwieweit ist diese nun erfüllt?

Die EU-Richtlinie sieht ja im wesentlichen vor, dass die datenverarbeitenden Stellen aufgefordert sind, selbst die Datensicherheit zu gewährleisten. Dazu können nach Artikel 28 auch Verhaltenskodices von den Betreibern erlassen werden. Wir sehen in dem nun vereinbarten Vorgehen eine kontinuierliche Erfüllung der EU-Richtlinie.

Im Gesetzentwurf des Innenministeriums sollten Personen, über die berichtet wurde, die Möglichkeit bekommen, Auskunft über die zu ihnen gespeicherten Daten zu verlangen. Sind diese Pläne vom Tisch?

Ja, diese Gesetzesvorlage hätte die zukünftige Berichterstattung erschwert, wenn nicht gefährdet. Inwiefern der Presserat hier weiter handeln muss, kann ich im Moment nicht absehen, ich denke aber, das ist überflüssig.

Der Presserat ist das Gremium der freiwilligen Selbstkontrolle der Medien. Er ist getragen von den Verleger- und Journalistenorganisationen. Zur Wahrung der journalistischen Berufsethik hat der Presserat den Pressekodex entwickelt. Bei Zuwiderhandlungen spricht er Hinweise, Missbilligungen oder Rügen aus. Weitere Infos: http://www.presserat.de/.


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